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078 - Das Drachennest

078 - Das Drachennest

Titel: 078 - Das Drachennest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Rast ein. Dabei ließen wir aber nicht unsere Pferde aus den Augen. Ein Großteil der Gäste sah wenig vertrauenerweckend aus. Ich hätte um vieles gewettet, daß sich mindestens ein Dutzend Straßenräuber unter ihnen befand, die sich die Reisenden genau ansahen. Viele der Reisenden wurden überfallen. Die meisten konnten sich glücklich schätzen, wenn die Banditen ihnen wenigstens das Leben ließen. Es waren unruhige Zeiten. Um Überfällen zu entgehen, verkündeten oft Kaufleute lautstark, welche Reiseroute sie wählen würden, um so die Räuber zu täuschen. Dann schlugen sie einen anderen Weg ein.
    Das Essen war einfach. Es gab kalten Braten, ein gebratenes Hähnchen, das so klein wie eine Taube war, sauren Fisch und ein mit Honig gesüßtes Brot; dazu tranken wir sauren Landwein, der muffig schmeckte.
    Ich beteiligte mich nicht an der Unterhaltung, hörte jedoch aufmerksam zu. In Livorno wütete tatsächlich die Pest. Franca blickte mich fragend an, als er das hörte.
    „Wir reiten trotzdem hin", sagte ich leise. „Aber wenn es dir zu riskant ist, kannst du gern zurückbleiben."
    Der Ausdruck seiner Augen veränderte sich. Sie blitzten auf. Begütigend legte ich eine Hand auf seine rechte Schulter, und sein Zorn verrauchte.
    Franca war ein seltsamer Mensch. Ich konnte mich nicht mehr genau erinnern, wann er in meine Dienste getreten war. Es war in Paris gewesen. Er war damals ein heruntergekommener, armseliger Taschendieb, den ich aus einer lebensgefährlichen Situation gerettet hatte. Seither begleitete er mich überallhin, auf meinen Reisen. Er war ein schweigsamer Mann, von dem ich nur wenig wußte. Franca war in Rom aufgewachsen, hatte es dort aber nicht ausgehalten und war so wie ich auf Reisen gegangen. Ich wußte nicht einmal, wie alt er war. Er konnte dreißig, aber auch schon vierzig sein. Ein Mann, auf den ich mich hundertprozentig verlassen konnte. Zu Beginn unserer Bekanntschaft hatte ich ihm immer wieder gesagt, daß er mich nicht „Herr" nennen sollte, doch er war dabei geblieben.
    Plötzlich sprang Franca auf. Wie von einer Hornisse gestochen, rannte er zu unseren Pferden und packte einen halbwüchsigen Burschen an den Ohren, der sich an meiner Satteltasche zu schaffen gemacht hatte. Er gab ihm eine kräftige Ohrfeige und ließ ihn laufen.
    Ich zahlte und ging zu meinem Pferd. Schweigend setzten wir unsere Reise fort.
    Es dämmerte, als wir Livorno erreichten. Die Hafenstadt war im Wachsen begriffen; dafür hatte Cosimo I. gesorgt. Viele neue Häuser waren gebaut worden. Fortezza Vecchia, die starke Festung, beherrschte die Stadt; Sie war vor weniger als vierzig Jahren vom berühmten Festungsbauer Sangallo errichtet worden und von einem Kanal umgeben.
    Erst als ich sagte, daß ich Arzt sei, wurden wir in die Stadt gelassen.
    In einer schäbigen Herberge bezogen wir Quartier. Wir bekamen zwei Zimmer im ersten Stockwerk zugewiesen, die alles andere als einladend waren.
    Franca kümmerte sich um das Abendessen; und er sorgte auch dafür, daß ich ein Bad nehmen konnte; etwas, was für damalige Zeiten ziemlich ungewöhnlich war.
    Als ich gebadet hatte, ging ich zusammen mit Franca in die Wirtsstube. Neben der Tür lag eine tote Ratte.
    Ich bückte mich und betrachtete das Tier genau, vermied es aber, es zu berühren. Die Schnauzhaare waren gesträubt. Etwas Blut klebte auf der Schnauze. Der Körper war aufgedunsen.
    Ich stieß die Ratte mit dem Fuß zur Seite und setzte mich an einen Tisch.
    Der Wirt, ein unwahrscheinlich dicker Mann, scharwenzelte dienerisch um uns herum. Das Essen, das er uns servierte, war eine angenehme Überraschung. Auf eine dicke Gemüsesuppe folgte gebratenes Kitzchen; danach gab es herrlichen Schinken und verschiedene Käsesorten. Der Rotwein war leicht und wohlschmeckend.
    Zufrieden lehnte ich mich zurück. Einige der Gäste warfen uns neugierige Blicke zu und tuschelten aufgeregt miteinander. Schließlich faßte ein älterer Mann Mut. Er stand auf, kam scheu auf unseren Tisch, blieb stehen und verbeugte sich.
    „Entschuldigt die Störung, Herr", sagte er.
    Ich nickte ihm freundlich zu. „Ihr seid Arzt?"
    Wieder nickte ich. Das stimmte zwar nicht, aber ich hatte mich schon oft für jemand ausgegeben, der ich nicht war.
    „Ihr wißt, daß der schwarze Tod in Livorno haust?"
    „Ich weiß es", antwortete ich. „Setzt euch!"
    Er nahm Platz, und der Wirt servierte ihm ein Glas Wein.
    „Unser Arzt starb heute an der Pest." Er nippte an seinem Glas. „Gestattet, daß

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