Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0781 - Die Hexe von Hilversum

0781 - Die Hexe von Hilversum

Titel: 0781 - Die Hexe von Hilversum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
ihre Wange. Da er einen Ring trug, riss die Haut. Blut quoll hervor.
    Linda schrie nicht. Der Schmerz war erträglich, zudem hatten die Treffer Lindas Welt wieder durcheinander geschüttelt, denn die Gestalt vor ihr löste sich in einzelne zuckende Bilder auf, die sich dann wieder zu de Rijbers Gesicht zusammenfügten.
    Er blies ihr seinen warmen Atem ins Gesicht. Sie nahm den Geruch von Pfefferminz wahr. Die Lippen de Rijbers veränderten sich.
    Sie glichen jetzt hässlichen, dünnen Narben, als er sie mit einer heimtückisch klingenden Stimme fragte: »Weißt du, was wir mit dir anstellen werden, kleine Hexe?«
    »Nein!« Linda gab sich Mühe, die Antwort so rasch wie möglich zu sprechen, denn der Zuhälter hatte schon ausgeholt.
    »Dann werde ich es dir sagen.« Er bewegte seinen Kopf, um an ihr vorbei mit einem Nicken in die Tiefe zu weisen. »Wir stehen hier auf einer Plattform. Sie gehört zu einem Kran. Fünfzig Meter und mehr hoch, verstehst du nun…?«
    »Noch nicht.«
    »Springen, Hexe, du wirst springen! Hast du schon etwas von den Bungee-Springern gehört?«
    »Ja.«
    »Wie schön, dann kannst du dir ja vorstellen, was dich erwartet.«
    Er schnippte mit den Fingern der rechten Hand. »Eines allerdings wird sich von einem normalen Bungee-Sprung unterscheiden. Wir haben ein besonderes Seil genommen, es wird sich auf etwas mehr als fünfzig Meter ausdehnen, Süße. Muss ich dir noch sagen, was das bedeutet?«
    Schleim füllte ihre Kehle. Linda räusperte sich frei, um sprechen zu können. »Nein, ich…«
    »Nicht?« Er wollte es kaum glauben. Staunende Augen starrten sie an. »Ich will es dir sagen, Süße. Das Seil ist zu lang. Du wirst auf den harten Boden krachen, und zwar mit dem Kopf zuerst.« Er lächelte breit und widerlich. »Kannst du dir vorstellen, was dann von dir übrig bleibt?«
    Linda Vermool schwieg. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte.
    Es war einfach zu schlimm, zu unglaublich, welche Rache sich dieser Mann ausgedacht hatte.
    Sie schüttelte den Kopf und stellte zu ihrer Verwunderung fest, dass die Schmerzen verschwunden waren. Der Wind schien ihr Hirn frei geblasen zu haben. »Warum?«, hauchte sie. »Warum soll ich springen? Was ist der Grund? Was habe ich dir getan?«
    »Mir nichts. Aber meinem Bruder Piet. Er ist verdammt schlimm gestorben. Man hat ihn regelrecht zerfetzt. Der Arzt sprach von Tieren. Ich glaube ihm. Aber Tiere müssen geleitet werden, und da habe ich dich im Verdacht. Du bist eine Hexe, Linda. Eine verdammte Hexe, die mit bösen Mächten in Verbindung steht. Hast du das gehört? Mit bösen Mächten.«
    »Wer hat dir das gesagt?«
    »Piet.«
    Sie brachte ein Lachen zustande und wunderte sich über sich selbst, wie gelassen sie blieb. »Was soll er schon gesagt haben können? Er hatte doch keine Ahnung. Zudem ist er tot.«
    »Stimmt, doch vorher konnte er mit mir reden. Du warst ja bei ihm. Er hat mir erzählt, dass er sich gefürchtet hat vor dir. Das passierte ihm sonst nicht.« De Rijber trat noch einen Schritt näher an die Frau heran. »Du hast ihm Angst eingejagt, du verfluchte Hexe. Und du hast dich an ihm gerächt.«
    »Was du nicht beweisen kannst.«
    »Mir reicht, dass ich daran glaube.« De Rijber drehte seinen Kopf erst nach rechts, anschließend in die andere Richtung. »Wir haben uns einen sehr guten Platz ausgesucht. Du wirst in der unmittelbaren Nähe deines Arbeitsplatzes sterben. Auf dem Studio-Gelände. Ist das nicht wunderbar? Man kann sogar deine Reste auf dem Bildschirm zeigen.« Er lachte, und seine Pupillen sahen dabei aus, als wären sie mit einer dünnen Eisschicht überzogen. »Niemand wird uns hier stören. Wir alle freuen uns auf den Bungee-Sprung der Hexe.«
    Linda schaute sich um.
    De Rijber hatte noch zwei Männer mitgebracht. Es waren die beiden Typen vom Friedhof. Männer ohne Gnade. Es schien ihnen keine Gewissensbisse zu bereiten, Linda in die Tiefe zu stürzen.
    Jan de Rijber nickte. »Willst du noch etwas sagen?«
    Sie hob die Schultern. »Was denn?«
    »Die Wahrheit!«, zischte er sie an. »Ich will die reine Wahrheit wissen. Ich will erfahren, was du mit meinem Bruder gemacht hast und wie du ihn töten konntest!«
    Plötzlich lächelte sie. »Weißt du was, Jan de Rijber? Dein Bruder war ein Schwein, ein menschliches Schwein. Er war es nicht wert, am Leben zu bleiben, um noch mehr Frauen zu quälen. Ich bin froh, dass er tot ist, sehr froh sogar…«
    Der Gangster stieß einen Schrei aus.
    Er zerplatzte fast vor irrer Wut.

Weitere Kostenlose Bücher