0782 - Zamorra - Fürst der Finsternis
wie Hannibal Lecter.
»Du kannst es offenbar gar nicht abwarten, deinem Schöpfer gegenüberzutreten, Priester.« Zamorra legte alle Verachtung, zu der er fähig war, in das Wort. »Ich gewähre euch noch eine Galgenfrist, denn ihr werdet, in meiner Arena sterben, vor Zuschauern, dir das Schauspiel, das ich ihnen biete, zu würdigen wissen. Außerdem wird es meine Position festigen, solch mächtige Feinde wie euch besiegt zu haben und vor den Augen der zuschauenden Erzdämonen niedermetzeln zu lassen. Was glaubt ihr wohl, wer es danach noch wagt, mich herauszufordern?«
Aurelian sah ihn regungslos an. Hochmut kömmt vor dem Fall, dachte er.
Zamorra wollte sich auf ein Blickduell mit ihm nicht einlassen. »Nehmt ihnen ihre Waffen ab!«, trieb er seine hörigen Scharen an.
Die Ritter leisteten keinen Widerstand, als Zamorras Schergen die magischen Artefakte einsammelten. Auch Aurelian trennte sich, wenn auch schweren Herzens, von seinem Brustschild von Saro-esh-dhyn.
Dann wurden die Ritter der Tafelrunde in ihre Zellen getrieben.
***
Die Tafelrunde in der Falle
Julian Peters hockte in einer düsteren Einzelzelle. Sein Kopf schmerzte von dem Schlag, mit dem die drachenähnliche Kreatur ihn niedergestreckt hatte. Ihm war klar, dass die Aussichten, aus den düsteren Verliesen der Hölle zu entkommen, minimal waren. Trotzdem dachte er nicht daran, aufzugeben.
Der Träumer, der auf Umwegen mit Merlin und Asmodis verwandt war, hatte schon früh gelernt, dass es so lange eine Chance gab, wie man an sich glaubte. Erst wenn man aufgab, war man unwiderruflich verloren. Schließlich war er selbst einmal für kurze Zeit der Fürst der Finsternis gewesen, bis er diese Position aus reiner Langeweile wieder aufgegeben hatte. Besiegt hatte ihn niemand, auch nicht Stygia, die nach ihm die Macht ergriffen hatte.
Fröstelnd sah er sich um. Sein Verlies war völlig leer, nicht mal eine Sitzgelegenheit gab es. Eine unheimliche Kälte ging von den tristen grauen Wänden aus, die aus gewachsenem Gestein bestanden.
Es gab keine Fenster, lediglich eine rostige Metalltür, die mit einem durchdringenden Quietschen und Knarren hinter ihm ins Schloss gefallen war.
Er fragte sich, ob es sich um eine Täuschung handelte, entschied aber, dass der kleine Raum tatsächlich aus dem Gestein der unübersichtlichen Höllenklüfte gebrochen worden war.
Ob seine Gefährten ebenfalls in solch elenden Löchern steckten?
Wenn Zamorras Worte stimmten, dann war es so, und er hatte keinen Grund gehabt zu lügen.
Julian durchmaß die Zelle mit Schritten. Sie war nicht größer als drei mal drei Meter. Er ging alle vier Wände ab und untersuchte sie. An manchen Stellen klopfte er dagegen, aber sie waren massiv.
Dahinter schienen keine Hohlräume zu existieren, also auch keine anderen Zellen. Das konnte bedeuten, dass seine Freunde ganz woanders eingesperrt waren. Vielleicht handelte es sich aber auch um eine Täuschung und sie hielten sich ganz in seiner Nähe auf.
Julian kannte die Gegebenheiten in den Höllenklüften. Sie waren ständigen. Veränderungen unterworfen, sodass man niemals sicher sein konnte, sich wirklich in ihnen auszukennen. Dieser Irrtum war schon manch einem zum Verhängnis geworden.
Wo gestern noch sicherer Untergrund war, konnten heute schon verschlingende Schwefelsümpfe auf einen warten. Wo heute lohende Lavaströme flossen, wuchsen morgen vielleicht bizarre Felsformationen in schwindelerregende Höhen.
Er verharrte und versuchte eine Traumwelt zu erschaffen, eine in der es offene Zellentüren gab, durch die sie alle ins Freie marschieren und ihren Kampf fortsetzen konnten. Diesmal hatte er die Ruhe, sich zu konzentrieren.
Seine Gedanken griffen nach der Umgebung, um sie - scheinbar nur -in seinem Sinne umzugestalten. Er erfasste jede Einzelheit und baute sie in seine Vision ein.
Ganz langsam begann sie Gestalt anzunehmen. Julian spürte, dass eine Änderung eintrat, und vor seinem geistigen Auge sah er das Endstadium, das sie erreichen würde.
Realität und Traumwelt begannen sich zu überlagern. Sie vermischten sich und wurden eins, so als würden zwei Filme gleichzeitig ablaufen. Doch sie wurden nicht zu der Traumwelt, die ihm vorschwebte. Was für wenige Momente lebendig war, verlor seine Kraft und erstarrte.
Es entglitt Julians Geist. Mit einem Aufstöhnen versuchte der Träumer das Bild festzuhalten, es zu konservieren und ihm weiteres Leben einzuhauchen.
Vergeblich!
Der Prozess des Zerfalls ließ sich nicht
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