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0786 - Angst vor der Hexe

0786 - Angst vor der Hexe

Titel: 0786 - Angst vor der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und er strahlte überhaupt nichts Bedrohliches ab, denn die helle Schicht auf dem Boden und auch auf den Ästen und Zweigen ließ ihn wie verzaubert wirken, so dass beiden der Begriff Märchenwald eingefallen war. Wenn die Sonnenstrahlen in einem günstigen Winkel fielen und den Schnee berührten, dann schimmerte er an vielen Stellen auf wie ein funkelndes Diamantenfeld, das einfach nicht aufhören wollte zu blinken und zu blitzen.
    Manchmal leuchteten sogar schwache Farben auf der Oberfläche, und an einigen Stellen im Wald sah die Schneematte aus wie eine große, erstarrte Welle oder wie ein nie enden wollendes in weiten Falten liegendes Totenhemd.
    Die Welt war für die beiden Kinder einfach anders geworden. Das nicht nur, weil sie sich im Wald befanden, nein, sie hatten auch etwas getan, was zwar nicht sehr gefährlich war, wovon aber immer wieder abgeraten wurde. Sie hatten die Loipe verlassen. Wenn es Wege gab, dann waren sie sehr schmal, und ein Langläufer musste sich mehr vorkämpfen, als dass er lief.
    Eine dichte, winterliche Stille lag über diesem Gebiet. Die Stimmen der normalen Langläufer waren zwar auch zu hören, sie aber klangen sehr weit entfernt, als wären es verlorengegangene Seelen, die sich irgendwo in der Luft vereinigt hatten.
    Amy war dicht bei ihrem Bruder stehen geblieben. Sie stützte sich auf die beiden Stöcke, die mit ihren Unterteilen im tiefen Schnee versunken waren. Sie schüttelte den Kopf und atmete heftig. Ihr heller Schneeanzug hob sich kaum von der Oberfläche des weißen Untergrunds ab, im Gegensatz zu Davys Kleidung, denn er trug einen dunkelblauen Schneeanzug. Auf ihm klebte die weiße Pappe an verschiedenen Stellen, und auch Eispusteln hingen an ihm.
    Amy hatte ihre Brille hochgeschoben. Mit der Frage wartete sie, bis sie zu Atem gekommen war. »Sag mal, Davy, wo befinden wir uns hier eigentlich?«
    »Weiß ich auch nicht.«
    »Das ist blöd.«
    »Wenn ich es doch nicht weiß!«
    Sie nickte. »Aber die anderen laufen woanders. Wenn das Daddy und Mum erfahren, ist was los.«
    »Wir dürfen ihnen eben nichts sagen«, murmelte der Junge, hob dabei die Schultern und starrte auf seine Bretter. Er wusste auch, dass sie einen Fehler begangen hatten. Sie waren in einem Teil des großen Waldes gelandet, in den sie eigentlich gar nicht hatten fahren wollen. Amy hatte ihren Bruder auf diesen Gedanken gebracht, und er dachte jetzt darüber nach, wie es dazu gekommen war.
    »Sag doch was!«
    »Nein!«
    Amy duckte sich, stützte sich dabei auf ihre Stöcke und schaute sich ängstlich um. »Das… das ist hier alles so komisch.«
    »Was denn?«
    »Der Wald und so.«
    »Hör auf!«
    »Lass uns zurückfahren.«
    Davy nickte, allerdings so langsam, dass es Amy auffiel und sie misstrauisch wurde. »Was hast du denn?«
    »Ich weiß auch nicht. Da ist etwas.«
    »Wo?«
    Davy deutete auf seinen Kopf. »Hier im Gehirn.«
    Amy wollte lächeln, das schaffte sie nicht, denn sie erkannte am Gesicht ihres Bruders, dass er ebenfalls Furcht hatte. »Was hast du denn da im Kopf?«
    Er hob die Schultern. »Ich kann es auch nicht sagen. Da ist was Fremdes.«
    »Sag doch…«
    »Mist, ich kann nicht. Als könnte ich nicht mehr denken. Ich weiß gar nicht mehr, wo wir sind. Das Komische hier im Kopf hat mich hergeführt. Ich… ich bin nicht von allein hergefahren. Ich bin einer Stimme gefolgt.«
    »Quatsch mit Soße.«
    »Nein, kein Quatsch. Schau dich doch um. Wir sind hier. Wir sind hier im Wald und…«
    Amy nickte. Sie biss sich auf die kalten und leicht aufgesprungenen Lippen. Ihre Befürchtungen waren durch Davys Worte bestätigt worden. Das Mädchen wollte das nicht aussprechen, was es schon jetzt dachte.
    Wir haben uns verlaufen! Zwei Kinder im Schnee, zwei Kinder im Wald, das hatte es schon einmal gegeben. Das Märchen von Hänsel und Gretel fiel ihr ein, und noch mehr, denn die nächtlichen Vorgänge und auch die auf der Rückfahrt vom Weihnachtsmarkt erschienen wieder vor ihrem Auge, und plötzlich kriegte sie Magenschmerzen. Sie hatte auch das Gefühl, weinen zu müssen, nur mühsam unterdrückte sie die Tränen. Als sie in das Gesicht ihres Bruders schaute, erkannte sie, dass es ihm kaum anders erging. Auch seine Lippen zuckten, und die Augen sahen aus, als wären sie mit roter Farbe ummalt worden.
    »Wo geht es denn hin, Davy?«
    »Ich… ich weiß es doch nicht.«
    »Die… die Stimmen der anderen?«
    »Hörst du sie?«
    Amy starrte ihren Bruder an, dann schüttelte sie den Kopf. Keine

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