0788 - Schreckensnacht der weißen Nonne
Anina selbst trat in das Dunkel zurück, um mir das Feld zu überlassen. Den Grund wusste ich nicht, wahrscheinlich wollte sie mich testen.
Larissa und Monica, so hießen die beiden Schwestern, die der Äbtissin stets zur Seite gestanden hatten, und ich war gespannt, wie sie aussahen, ob sie auch geschwärzte oder verbrannte Körper hatten, jedenfalls rechnete ich mit allem.
Sie standen da wie eingefrorene Schatten. Ich konnte in der Dunkelheit von ihnen kaum etwas sehen, was sich änderte, als ich meinen Arm bewegte und der Lichtstrahl sein neues Ziel fand.
Ich sah die Gesichter deshalb, weil die beiden ziemlich nah zusammenstanden. Der helle Lichtkegel wischte über sie hinweg, die nichts von irgendwelchen Verbrennungen aufwiesen. Ich konnte sie auch nicht als normal ansehen, dafür waren sie zu verzerrt und bleich. Sie trugen beide Schwesterntracht, hatten aber auf die Hauben verzichtet. Eine hatte blonde, die andere braune Haare, beide sehr kurz geschnitten, so dass sie wie Kappen auf ihren Köpfen lagen.
Sie atmeten. Erst holten sie Luft, dann stießen sie diese wieder aus, und dabei entstanden die röchelnden Geräusche, die Anina und mich irritiert hatten.
Um ihre Nonnenschwester kümmerte sie sich nicht, einzig und allein auf mich konzentrierte sie sich. Wenn ich den Ausdruck in ihren Augen richtig deutete, dann waren sie durchaus bereit, mich ins Jenseits zu schicken, denn in ihren Pupillen strahlte so etwas wie ein funkelnder Hass.
Ich wartete auf einen Angriff. Die beiden taten kaum etwas. Sie bewegten nur ihre Köpfe und schauten sich um. Sie wirkten wie zwei Fremde in dieser Kapelle. Mir war klar, dass ich keine dämonischen Wesen vor mir hatte. Diese beiden waren nur verändert, von den bösen Taten der Äbtissin beeinflusst worden, und die Frau mit den braunen Haaren übernahm als erste das Wort.
»Diese Kapelle gehört uns!« Sie hatte es so gesagt, als sollte ich verschwinden, woran ich natürlich nicht dachte, dafür eine Frage stellte. »Nicht der Äbtissin?«
»Ihr auch!«
»Dann habt ihr sie zerstört!«
»Nein, haben wir nicht«, sagte die Blonde. »Wir haben sie nur verändert.«
»Entweiht!«
»Sie gehört dem Bösen!«, kreischte die Blonde wieder. »Alles andere ist Schund, das muss ausgemerzt werden, und wir haben damit begonnen. Wir werden alles zerstören, was an früher erinnerte. Und niemand kann uns dabei aufhalten, auch du nicht.«
»Und wo ist Virginia?«, fragte ich.
»Unterwegs, aber sie hat gespürt, dass ihr gekommen seid. Sehr bald schon wird sie hier sein und sich mit euch beschäftigen, falls noch etwas übrig ist von dir und dieser verfluchten Verräterin Anina.«
»Den Verrat habt ihr begangen!«, klang die Frauenstimme aus dem Dunkel. »Nicht ich. Das solltest du dir merken, Monica.«
Die Blonde zuckte zusammen. »Halte deinen Mund, Verfluchte. Halte dich nur zurück. Wir hassen dich!«
»Das ist mir egal. Jedenfalls wollen wir wissen, was hier gespielt wurde. Ihr werdet es mir sicherlich sagen können – oder?«
»Es gehört uns«. sagte Larissa, die Nonne mit den schwarzen Haaren.
»Nicht dem Teufel?«
»Auch!«
»Und was hat Virginia mit dem Satan zu tun?«, fragte ich.
»Sie will seine Braut werden.«
»Aha. Dabei dachte ich, dass sie es schon ist.«
»Noch nicht«, flüsterte Monica. »Sie will es werden, und sie wird es werden. Hier in dieser ehemaligen Kapelle wird sie ihm zu Willen sein, es müssen nur noch einige Vorbereitungen getroffen werden, denn der Höllenherrscher braucht Beweise, dass ihn seine Braut nicht verraten will. Sie wird alles zerstören, was ihm nicht gefällt. Hier hat sie begonnen. Jetzt ist die Kapelle ein Hort des Teufels, und alle aus dem Kloster werden bald die satanischen Feste feiern und als Raum diesen Ort hier benutzen. Dann wird sich die Hölle freuen, denn abermals hat sie einen Platz gefunden, wo man sie willkommen heißt. Es hat lange genug gedauert, es hat große Mühen gekostet, die Kapelle zu verändern, schließlich ist es ihr gelungen.«
»Sie ist kein Mensch mehr«, sagte ich.
»Warum?«
»Ihr Körper ist verbrannt, geschwärzt.«
Beide Nonnen kicherten. Es hörte sich anders an als bei albernen Teenagern. »Geschwärzt, sagst du?«, flüsterte Larissa. »Nein, sie ist nicht geschwärzt worden, sie hat sich selbst gereinigt. Sie hat den Teufel gebeten, das Feuer zu schicken, und er hat ihrem Wunsch entsprochen. Virginia ist durch das Höllenfeuer geschritten. Es hat ihren Körper verändert, das
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