0792 - Gruß aus der Gruft
drückte mit seinem Körper zwei der vier auf Rollen laufenden Drehstühle zurück.
Diondra Mayne ließ sich nicht beirren. Sie ging weiter. Schritt für Schritt. Dieses Haus gehörte ihr, die große Gruft, in der sie die Toten aufbewahrte. Sie hatte beschützt werden sollen, dabei müssten die Beschützer vor ihr in Sicherheit gebracht werden, und Rutger glaubte auch nicht mehr daran, dass seine anderen drei Kollegen noch lebten. Nein, es hatte sie erwischt, sie mussten tot sein.
Und auch er würde sterben.
Diondra hatte mittlerweile den ersten Monitor erreicht. Sie blieb dort stehen und löste ihre Hand vom Gelenk des dunkelhaarigen Mannes. Der Arm fiel nach unten. Er landete mit einem klatschenden Geräusch am Boden, wo er ebenso starr liegen blieb wie der gesamte Körper.
Rutger warf einen raschen Blick auf den Leblosen. Der überzeugte ihn davon, dass sein Kollege tot war.
Diondra hob den Kopf. Sie richtete sich gegen ihn. Sie schaute ihn aus den schwarz umränderten Augen mit den rötlichen Pupillen an, und sie verzog ihre blutigen Lippen noch stärker in die Breite. Es war klar, dass er das letzte Opfer sein sollte, und Rutger dachte daran, dass das hier alles nicht wahr sein konnte. So etwas gab es doch nicht, das war nur ein böser, furchtbarer Albtraum, aus dem er irgendwann erwachte und froh darüber war, es nicht in Wirklichkeit erlebt zu haben.
Diondra hob den Arm. Aus ihrer Kehle drang ein Knurren. Es hatte etwas Tierisches an sich, und es passte zu ihr, denn diese Person war für Rutger kein Mensch mehr.
Sie war ein Tier, ein Teufel, ein Dämon!
Er bewegte seinen Mund, ohne zu sprechen. Die Augen waren ihm aus den Höhlen gequollen, er atmete laut und keuchend, und er brachte seine Luger in die richtige Höhe. Bisher hatte er noch kein Wort hervorgebracht, aber diese Barriere wollte er überschreiten und wunderte sich über sich selbst, dass er plötzlich reden konnte.
»Was hast du mit ihm gemacht… du … du Bestie?«
Diondra gab keine Antwort.
»Rede!«
Sie schwieg auch weiterhin. Nur ihre hohe Stirn bewegte sich. Da legten sich Falten auf die Haut, als wollte sie erst einmal über eine Antwort nachdenken.
»Wo sind die anderen? Cusor und Lennox?«
Diondra grinste.
Da wusste Rutger Bescheid. Sie brauchte ihm nichts mehr zu sagen. Wahrscheinlich waren sie denselben Weg gegangen wie Zingara, und der stand ihm auch bevor. Aber sie hatte sich geirrt. Er würde sich nicht so leicht fertig machen lassen. Okay, auch wenn drei seiner Kollegen nicht mehr lebten, er hatte die Waffe.
Und er schoss!
Der Knall ließ ihn zusammenzucken. Er peitschte in seinen Ohren, und Rutger schaute zu, wie die Kugel in den Körper hineintrieb. Er hatte auf die Brust gezielt und sie trotz seiner Erregung getroffen, und er wartete darauf, dass Diondra umfiel.
Sie blieb auf der Stelle stehen!
Nur kurz war sie zusammengezuckt, aber sie hatte den Fleck nicht verlassen.
Rutger stöhnte. Wieder stand eine Welt dicht vor dem Zusammenbruch. Ein Wesen, das eine Kugel einfach schluckte, das konnte es doch nicht geben. Und außerdem lächelte sie noch.
Das dumpfe Geräusch drang tief aus seiner Kehle und wurde von den beiden nächsten Schüssen übertönt. Wieder hatte er ihr zwei Kugeln zu schlucken gegeben, und diese Person hatte das Blei auch geschluckt, aber es tat ihr nichts.
Diondra schüttelte nur unwillig den Kopf, als wäre sie es jetzt endgültig leid.
Plötzlich bohrte sich ihr Blick in seine Augen. Rutger empfand ihn als bösartig, als stechend und gleichzeitig so, als wäre bei Diondra eine Entscheidung gefallen.
Über seinem Kopf hörte er wieder die Flüsterstimmen. Sie waren so nah und trotzdem weit entfernt. Wie eine akustische Haube umschwebten sie ihn, und der Mann schaffte es nicht, sich gegen sie zu wehren. Er war einfach zu schwach, die Stimmen umtanzten ihn, sie wollten ihm Böses, er drehte sich, ohne sie zu entdecken, und als er sich wieder umwandte, da entdeckte er zum ersten Mal das Blut.
Er schmeckte es in seinem Mund!
Rutger rührte sich nicht. Täuschte er sich, oder…?
Nein, das war Blut, und es war nicht nur ein Tropfen. Es sammelte sich auf der Zunge, im Rachen, es füllte den Mund aus, er spürte auch einen Druck in der Nase.
Rutger schluckte.
Gleichzeitig bemerkte er, dass aus den Nasenlöchern zwei warme Streifen in Richtung Oberlippe rannen. Als er darüber hinwegwischte, waren seine Finger rot.
Diondra aber lächelte…
»Nein, nein – nicht…« Rutger fiel auf die
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