0792 - Hilfe aus Zeit und Raum
Falk noch mehr von seinen Fähigkeiten zu überzeugen, nahm er den letzten Rest seiner mühsam gespeicherten Energie und ließ für wenige Sekunden das Bild der Farm auf seiner glatten Kugelfläche erscheinen. Aus den Fenstern des Hauptgebäudes fiel Licht, und Falk glaubte, hinter den Gardinen Kara erkennen zu können. Sie schien nach ihm auszuschauen.
„Sie wird sich Sorgen um mich mache", flüsterte er benommen.
Das Unwetter läßt in der Nacht nach. Morgen früh kannst du aufbrechen.
„Wie soll ich dich tragen? Du bist zu groß."
Ich werde sehr klein sein - nicht größer als deine Faust. Und nun ruhe dich aus. Auch ich muß mich schonen und darf keine Energien mehr verschwenden. Schlafe, es wird in dieser Nacht nichts geschehen.
Nach dieser beruhigenden Erklärung erlosch das matte Leuchten auf der schwarzen Kugeloberfläche -und es kamen auch keine Gedankenimpulse mehr.
Falk lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Erst jetzt bemerkte er wieder die Feuchtigkeit und Kälte und begann zu frieren.
Aber er konnte auch aus anderen Gründen nicht schlafen.
Er mußte das Erlebnis der vergangenen Stunde erst einmal verdauen.
*
Wie Harno vorausgesagt hatte, geschah in dieser Nacht nichts, und am nächsten Morgen schien wieder die Sonne. Das Wasser begann abzulaufen. In ein oder zwei Tagen konnte der Dammdurchbruch fertiggestellt werden.
An der alten Stelle konnte er den Bach nicht überqueren, der noch immer über die Ufer getreten war. Die Reste des Baumstamms waren längst fortgeschwemmt worden. Er mußte also am diesseitigen Ufer nach Norden marschieren, bis er eine bessere Gelegenheit zur Überbrückung des Hindernisses fand.
Die Kugel Harno lag, nicht größer als eine Männerfaust, auf dem abgeflachten Steinsockel. Nachdem Falk sich draußen umgesehen hatte und in die Höhle zurückgekehrt war, empfing er wieder Harnos Gedankenimpulse: Wir können nun aufbrechen. Du hast recht, du mußt flußaufwärts gehen. Etwa zwei Meilen nördlich von hier hat die Strömung einige Felsbrocken verkeilt und so eine natürliche Brücke gebildet.
Dort kannst du den Bach ohne Gefahr überqueren.
„Das kannst du von hier aus sehen?" wunderte sich Falk.
Besäße ich genügend Energie, könnte ich noch viel mehr sehen.
Falk stellte keine weiteren Fragen mehr. Er sicherte das Messer in der Gürtelhalterung, nahm die Kugel vorsichtig auf und schob sie in die Brusttasche. Mit dem Gewehr in der Rechten machte er sich auf den Weg.
Die Sonne hatte die Felsen getrocknet, aber der feuchte Waldboden dampfte noch und ließ dichte Nebelschwaden aufsteigen. Das Netz zum Schutz gegen die Flugschlangen hatte er in der Höhle zurückgelassen.
Beim Sturz von der Baumbrücke gestern war es gerissen und würde jetzt nur hinderlich sein. Obwohl das seltsame Wesen in seiner Tasche ihm nicht helfen konnte, weil es selbst Hilfe benötigte, gab es ihm eine gehörige Portion Selbstvertrauen und Sicherheit. Er war sogar davon überzeugt, daß es ihn vor jeder drohenden Gefahr aus dem Wald rechtzeitig warnen konnte.
Der Felsgrat senkte sich allmählich und verschwand dann unter der Erde. Der Waldboden wurde wieder sumpfiger und das Vorankommen schwieriger. Falk war sicher, daß Kara und sein Vater auf der anderen Seite des Baches nach ihm suchen würden. Hoffentlich hatte das Unwetter die Ernte und die neu bestellten Felder nicht vernichtet. Die Arbeit von Monaten wäre umsonst gewesen.
Endlich begann sich der Wald zu lichten. Der Bach bildete die Grenze zu dem Gebiet, das Falks Vater einst in Besitz genommen hatte. In einigen Jahren würde es vollständig erschlossen sein. Jetzt aber bestand es zum größten Teil noch aus Steppe und sumpfigen Senken.
Von weitem schon hörte er das Rauschen eines Wasserfalls, der früher nicht vorhanden gewesen war. Das mußte die Stelle sein, die Harno gemeint hatte, als er von der neu entstandenen Felsenbrücke sprach. Hoffentlich war sie passierbar.
Zehn Minuten später erblickte Falk die Felsbarriere. An dieser Stelle war der Bach etwas schmaler und tiefer. Die großen Steine, die von der Strömung mitgerissen worden waren, hatten sich ineinander verkeilt und ein natürliches Wehr gebildet, durch dessen Lücken das nachdrängende Wasser in gewaltigen Fontänen schoß und sich mit dem weitereilenden Bach wiedervereinigte.
Falk hängte sich das Gewehr vor die Brust, um beide Hände freizuhaben. Die Steine waren naß und glitschig. Auf allen vieren kroch er voran, links einen kleinen See,
Weitere Kostenlose Bücher