0793 - Die Bruderschaft des Teufels
den »Film« einige Minuten zurücklaufen. Maloy war vor einer Stunde nach Hause gekommen, hatte der Nachbar gesagt. Das würde seine Kräfte nicht über Gebühr strapazieren.
Er »spulte« weiter und stoppte erst wieder, als das Bett leer vor ihm lag. Die Decke war immer noch zerknüllt, anscheinend hatte Maloy sie am Morgen so hinterlassen. Dann flimmerte die Luft, und Maloys Überreste erschienen auf dem Bett - in genau dem Zustand, in dem Zamorra sie in der Gegenwart vor sich sah. Sofort breitete sich das Blut auf dem Laken aus.
Zamorra ließ die Szene mehrmals vor und zurück laufen, aber er konnte nicht erkennen, auf welche Weise die Leiche auf das Bett gekommen war. Sie erschien aus dem Nichts… von einer Sekunde zur anderen. Er wollte die Zeitschau schon abbrechen, da richtete sich sein Blick auf ein Detail, das er bisher übersehen hatte. Kurz nachdem die Leiche auftauchte, bewegte sich das Handy auf dem Nachtisch. Die Veränderung war scheinbar unbedeutend, aber nicht zu übersehen, wenn man darauf achtete.
Einer Ahnung folgend, brach Zamorra die Zeitschau ab, zog ein Tuch aus der Tasche und fasste vorsichtig nach dem Handy. Das Hörer-Zeichen auf dem Display blinkte kaum sichtbar.
Es bestand eine Verbindung.
***
Der Morgen graute über der Alster, als Kommissar Helmut Werner seinen rostigen Passat in die Hamburger Straße lenkte. Noch waren die Straßen frei, die Rush Hour würde erst in etwa einer Stunde beginnen.
In einer schmalen Seitengasse fand er einen Parkplatz. Er wuchtete seinen schwergewichtigen Körper aus dem Wagen und genoss die wenigen Meter frische Luft auf dem Weg zu der Adresse, die sein Assistent Peter Hölzl ihm genannt hatte.
Im Erdgeschoss begegnete er einem Uniformierten, der die Zeugenbefragungen durchführte. Er sprach mit einer älteren Dame in einem Seidenkostüm, die gestikulierend auf ihn einredete.
»Guten Tag, Herr Werner«, sagte der Uniformierte. »Herr Hölzl ist oben. Auch die Spurensicherung ist bereits da.«
Werner kämpfte sich die Treppe hinauf, wobei er nicht wusste, ob es die schmierigmorschen Holzstufen waren, die knirschten, oder seine Gelenke. Ich muss unbedingt mehr Sport treiben. Er redete sich seit fünfundzwanzig Jahren ein, dass er keine Zeit dafür hatte.
Die Wohnungstür im ersten Stock stand offen. Dr. Maloy, las er auf dem angelaufenen Klingelschild. Nanu, ein Amerikaner? Davon hatte Hölzl gar nichts gesagt.
Der Assistent begrüßte ihn im Flur und deutete auf eine halb geöffnete Tür, die zum Schlafzimmer führte. »Morgen, Helmut. Das solltest du dir nicht unbedingt vor dem Frühstück ansehen. Mit einer Mahlzeit im Bauch fällt dir das Kotzen leichter.«
Hölzl war umgesiedelter Bayer und sprach in einem Dialekt, der einem Norddeutschen normalerweise die Tränen in die Augen trieb. Aber heute Morgen war Werner nicht nach Lachen zumute.
»Wer ist der Tote?«, fragte er, während er die Plastikhandschuhe überstülpte.
»Vermutlich der Mieter. Josef Maloy. Zweiundvierzig Jahre alt, allein lebend. Rechtsverdreher.«
»Zeugen?«
»Bisher nicht. Jensen befragt die Dame im Erdgeschoss, die so etwas wie die gute Seele des Hauses ist. Sie sieht alles, hört alles…«
Werner grinste. »Der Alptraum eines jeden Nachbarn.«
Hölzl zuckte die Achseln. »Wenn’s einen brauchbaren Hinweis bringt…«
»Was ist mit der Wohnung gegenüber?«
»Die steht seit drei Monaten leer.«
Werner machte sich auf, den Tatort zu besichtigen.
Hölzl hielt ihn zurück. »Ich hab’s durchaus ernst gemeint. Sieht verdammt übel aus da drin.«
»Ich hab sowieso keinen Appetit.« Er drückte die Schlafzimmertür auf und hielt sich den Ärmel vor den Mund. Das Blut auf dem Laken war inzwischen eingetrocknet. Trotzdem war der Gestank nur durch das geöffnete Fenster zu ertragen. Zwei Männer in dunkelblauen Anzügen knieten vor dem Bett. Sie führten Probenröhrchen mit sich und stäubten den Nachttisch ab, um nach Fingerabdrücken zu suchen.
»Schon was gefunden?«
»Schuhabdrücke, Hautreste und so weiter. Nichts, was sich sofort auswerten lässt.«
Werner nickte. Wahrscheinlich war der Tote tatsächlich Maloy, aber in diesem Zustand hätte ihn seine eigene Mutter nicht erkannt. Hier gab es für ihn im Moment nichts zu tun.
Als er in den Flur zurückkehrte, blaffte Hölzl gerade etwas in sein Mobilfunkgerät. Er beendete die Verbindung und starrte Werner kopfschüttelnd an. »Sie haben die Fingerabdrücke des Toten ausgewertet. Es handelt sich zu
Weitere Kostenlose Bücher