Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0797 - Tränenjäger

0797 - Tränenjäger

Titel: 0797 - Tränenjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
Vom Netzwerk:
eingeschlafen.
    Mit den Blutproben in der Hand verließ Laertes leise das Zimmer. Die Tür ließ er halb geöffnet. Er wollte hören, wenn Khira aufwachte. Hier, im ehemaligen Wohngebäude des Fjällis-Hofs, befand sich das Labor, in dem Escalus seit mehr als sieben Jahren seine groß angelegte Versuchsreihe durchführte. Laertes musste eingestehen, dass Escalus ein Genie auf seinem Gebiet war. Er selbst konnte dem alten Vampir nicht annähernd das Wasser reichen.
    Dalius fürchtete sich vor Escalus. Er war ein hoher Günstling Sarkanas, dessen Position unantastbar schien. Laertes wusste keinen anderen, dem der Vampirdämon eine auch nur annähernd große Unterstützung zukommen ließ.
    In den vergangenen Jahren hatte Laertes den schweigsamen Escalus einige Male zum Sprechen bringen können. Viel hatte er über Escalus’ Vergangenheit nicht in Erfahrung gebracht, doch eine Sache war deutlich geworden: Sarkana stand in Escalus’ Schuld.
    Es passte nicht zum gesamten Charakterbild des Dämons, dass er diese Schuld auch anerkannte. Hier schien es jedoch so zu sein. Und das, obwohl Sarkana keinerlei Interesse an Escalus’ großem Traum zu haben schien.
    Escalus bemerkte Laertes erst, als dieser sich in den zerschlissenen Ohrensessel fallen ließ, der hier in der kalten Atmosphäre des Laborraums wie ein Anachronismus wirkte. Laertes’ dürrer Körper sah in dem Sitzmöbel lächerlich verloren aus.
    Escalus lächelte nichts sagend. »Du verhätschelst das Kind viel zu sehr, ist dir das klar? Sie ist nichts anderes als all die anderen - ein Versuchstier, mehr nicht. Wenn Cranmer sie einmal ein wenig hart anfasst, dann wird er seine Gründe haben.«
    Bei den Menschen wäre Escalus mit seinem Erscheinungsbild sicherlich als sympathisch und liebenswert durchgegangen. Er war nicht sehr groß, wirkte mit seiner Leibesfülle ein wenig wie eine Tonne auf zwei Beinen. Seine grau melierten Haare gaben ihm einen Großvaterbonus. Die kleinen Augen lachten verschmitzt hinter der randlosen Brille, die natürlich vollkommen sinnlos war. Damit mochte er Menschen täuschen können, Laertes ganz sicher nicht, denn diesem war klar, dass ein Vampir keine Sehhilfe benötigte. Escalus spielte perfekt auf der Klaviatur der Täuschung.
    Dalius ging auf Escalus’ tadelnde Worte nicht ein.
    Auf dem Metalltisch in der Raummitte lag ein toter Mensch. Escalus hatte den Körper geöffnet und die Organe entnommen. Nur ein weiteres Opfer…
    »Wie ist der Stand deiner Forschung? Ewig können wir nicht hier bleiben. Und Sarkana hält ganz sicher auch nicht unbegrenzt seinen Schutz aufrecht.« Dalius wusste, dass er Escalus mit solchen Fragen wütend machte. Doch es war ihm nur Recht, wenn er den alten Vampir damit von Khira ablenken konnte.
    »Was machst du dir Sorgen um meine Forschung? Du verstehst doch nur einen Bruchteil von dem, was ich hier tue.« Die Gereiztheit in Escalus Stimme war nicht zu überhören. Er wusste genau, dass Laertes Intellekt dem seinen beinahe ebenbürtig war. Umso notwendiger war es, sich ständig möglichst weit über Dalius stellen, denn er glaubte seine Position gegen ihn verteidigen zu müssen.
    »Genug, um zu verstehen, dass es Sarkana völlig gleichgültig ist, ob du Erfolg hast oder nicht. Der Dämon kennt keinen Nahrungsmangel, er muss sich nicht ständig fürchten, bei der Jagd nach Blut in eine Falle zu laufen. Er ist viel zu stark und zu mächtig, um sich die Sorgen seines Volkes wirklich vorstellen zu können.«
    Laertes’ Worte waren gewagt, denn Escalus war dem Dämon vollkommen ergeben. Andererseits wusste Dalius, dass der Wissenschaftler ganz ähnlich dachte. Er sprach es nur niemals so deutlich aus, wie sein Gegenüber es nun tat.
    »Sarkana hätte dich für diese Rede zerfleischt.« Escalus warf die Leber des toten Menschen in eine Tonne aus Aluminium. »Aber so ganz daneben liegst du ja nicht, Dalius. Sarkana wird wieder der Herr über alle Vampire werden. Er wird sein Volk - uns - dorthin bringen, wo wir immer hingehört haben: an die erste Stelle in der Höllenhierarchie! Doch einen solchen Spitzenplatz muss man schließlich nicht nur erringen, man muss ihn dann auch verteidigen.«
    »Zunächst muss man erst einmal dorthin kommen. Und selbst Sarkana wird das nicht alleine schaffen. Aber alles, was wir hier bereden, ist dir und mir ja bekannt.« Dalius wollte verhindern, dass Escalus ihn wieder mit Propagandareden langweilte. »Wie weit bist du also? Unsere Brüder und Schwestern der Nacht brauchen

Weitere Kostenlose Bücher