0799 - Zum Nachtisch kam der Teufel
freiließ, was er an Beute bekam.
Die vier Männer traten einen kleinen Schritt zurück, blieben aber stehen, um zu sehen, was sich nun in der Grube abspielte.
Auch sie taten ihren Teil dazu bei, denn aus ihren Mündern hervor strömten die uralten Gesänge, die seit Jahrhunderten überliefert worden waren und die vom Voodoo-Papst Ce’le’stine stammten.
Es war sein Gesang, durch ihn sollte er angelockt werden, um das Opfer anzunehmen.
In der Grube tat sich einiges. Plötzlich warf die dicke Flüssigkeit Blasen, sie erhitzte sich, sie fing an zu kochen, brodelte auf, erste Dämpfe entstanden, die wie träge Nebelschwaden über den Ausschnitt der Grube hinwegflossen.
Nicht nur die Flüssigkeit bewegte sich, auch die in ihr steckende Leiche wurde zu einem Spielball dieser Kräfte. Sie drückte sich von einer Seite zur anderen, sie kippte mal mit dem Kopf nach unten, wurde wieder gedreht und stieg in die Höhe, sodass für einen Moment ein bleiches Gesicht auf der Oberfläche schwamm, das aber sehr schnell wieder wegtauchte und in der Tiefe verschwand.
Die vier Voodoo-Priester rührten sich nicht. Sie sangen weiter, was Ce’le’stine gelehrt hatte. Er war ihr Herr und Meister, seine Religion hatte sich mit dem alten Kult vermischt, und es war etwas Furchtbares dabei herausgekommen.
Niemand sah den großen Voodoo-Papst, aber jeder wusste, dass sein Geist über allem schwebte und er sicherlich auch bereit war, das neue Opfer anzunehmen. Wenn er das tat, dann gab es für den Neuling nur ihn, dann musste er nach seinen Regeln leben, und die waren so furchtbar, dass sie schon an das Unbegreifliche heranreichten und irgendwo mit der Zombiewelt und deren Ernährung zusammenstieß.
Ramini erschien wieder. Etwas drückte ihn an die Oberfläche. Er war senkrecht in die Höhe gestiegen, und sein Kopf stieß aus dem Schleim hervor.
Er blieb auf der Oberfläche.
Sein Mund klaffte auf, der Tote bewegte sich zuckend, und da war klar, dass Ramini wieder ins Leben zurückgekehrt war, um die folgenden Jahre nur in seinem Sinne zu verbringen.
Für ihn gab es nur einen Gott – Ce’le’stine.
Er warf die Arme hoch. Spritzer wirbelten über den Rand der Grube hinweg und klatschten gegen die vier Voodoo-Priester, die keinerlei Anstalten trafen, dem Neuen zu helfen. Wenn er aus der Grube heraussteigen wollte, dann aus eigener Kraft.
Er tat es auch. Wie Stahlkrallen umklammerten die Hände den Rand der Grube. Dann brauchte er nur noch einen Ruck, um sich in die Höhe zu stemmen. Diese Kraft hatte er inzwischen gesammelt.
Er kam zurück.
Er war tot, aber er lebte. Sein Gesicht glich einer schmierigen Maske, der Mund stand offen, die Augen sahen aus wie fahle Laternen.
Die vier Voodoo-Priester schafften ihm den nötigen Platz. Er konnte sich jetzt bewegen, ging auf die Hütten zu, drehte sich aber vor ihnen wieder um und glotzte seine vier Helfer an.
Sie nickten.
Er nickte.
Der Bund war geschlossen.
Dann stieg Rico Ramini in seinen Jeep und fuhr den Weg zurück, als wäre nichts geschehen.
Er freute sich auf die Zukunft. Er freute sich darauf, Ce’le’stine dienen zu können.
Er freute sich auf das Kochen.
Und er freute sich auf die besonderen Mahlzeiten…
***
Wir waren nervös, kein Wunder, denn seit dem Zwischenfall waren schon beinahe zwei Stunden vergangen. Suko und Linda waren noch nicht eingetroffen. Ich hatte versucht, sie über das Autotelefon zu erreichen, war aber nicht durchgekommen.
Jane hielt es nicht mehr aus. »John, es gibt nur einen Weg, den sie nehmen können. Wir werden hinausgehen, uns in den Wagen setzen und ihnen entgegenfahren.«
Ich überlegte und nickte dann. »Einigen wir uns darauf. Wenn sie in einer Viertelstunde nicht hier sind, versuchen wir es.«
Jane brummte zwar, war aber einverstanden. Sie konnte es im Hotel nicht mehr aushalten, deshalb verließ sie die Halle und wartete vor dem Eingang auf die beiden.
Ich wunderte mich schon, dass dieses einsam gelegene Haus so gut besucht war. Im Laufe der Zeit waren immer mehr Gäste von ihren Spaziergängen zurückgekehrt, und auch Jane Collins kam zurück. Ihrem Gesicht sah ich an, dass sie eine positive Nachricht hatte.
»Sie sind da, John.«
»Unverletzt?«
»Bestimmt.«
»Na bitte.«
Sie tippte mich an. »Noch haben wir es nicht überstanden, mein Lieber. Und auch den Killer haben wir nicht zu Gesicht bekommen. Deshalb können wir uns nicht als Sieger fühlen.«
Im Prinzip hatte sie Recht. Auch mir wäre es lieber gewesen,
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