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08 - Der zeitlose Raum

08 - Der zeitlose Raum

Titel: 08 - Der zeitlose Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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als sei es tatsächlich ein Ganzes.
    »Was ist das?«, wunderte sich Maria Luisa. In ihrer Stimme hielten sich inzwischen die Sorge um ihren Bruder und die Neugier die Waage.
    »Sieht aus wie ein langgezogenes Dreieck«, meinte Abby.
    Tom nickte. Die Spitze des Dreiecks wies über Jandros Handrücken hinweg. »Oder wie ein Pfeil«, sagte er endlich. »Und was machen Pfeile?«
    »Ah, Professor Ericson macht’s wieder spannend!«, spöttelte Abby.
    Alejandro beantwortete Toms Frage: »Cowboys vom Pferd schießen.«
    Tom grinste. »Ja, das auch. Aber was noch?«
    »Sie zeigen eine Richtung an«, sagte Maria Luisa.
    Tom nickte. »Genauso ist es, mi amor .«
    ***
    Ein kalter Wind pfiff und fauchte über die offene Plattform des Wehrturms, der wuchtig aus der Mauer um Oake Dún in die Höhe ragte. Auch heute wirbelten dicke Schneeflocken durch die Luft.
    Tom schien die Kälte nicht zu spüren. Abby sah, dass sein Gesicht glühte, wie immer, wenn er sich auf einer heißen Spur wähnte – die sich dann, wie sie einräumen musste, meistens auch als solche erwies.
    Für sie reichte Toms inneres Feuer jedoch leider ebenso wenig wie für Maria Luisa oder ihren Bruder, den armen Alejandro, den Tom immer wieder aufforderte, seinen Arm, den er flach auf eine der Zinnen legen musste, »ganz ruhig zu halten«.
    »… damit die Pfeilspitze bestehen bleibt und die Ringe sich nicht wieder drehen, verstehst du?«, sagte Tom, während er mit einem Feldstecher angestrengt in die Richtung schaute, in die der Pfeil auf dem Armreif wies. Das Fernglas hatte er ebenso wie alles andere, was er für eine Peilung benötigte, im Bunker gefunden.
    »Ah, okay.« Tom setzte den Feldstecher ab und studierte wieder die detailreiche Karte der näheren Umgebung. »Der Pfeil zeigt eindeutig auf den Turm dort drüben.«
    »Ich kann nichts sehen«, maulte Maria Luisa, die zitternd neben Abby stand. »Ich kann nur sehen, dass wir uns hier oben noch den Tod holen werden.«
    Einmal mehr wurde Abby an ihre Zeit mit Tom erinnert. Sie fühlte nicht nur mit Maria Luisa, sie hatte damals bestimmt auch selbst ein-, zweimal genau denselben Satz gesagt, an einem anderen Ort zwar, aber in ähnlicher Situation.
    »Wollen wir runtergehen, ins Warme?«, fragte sie das Mädchen und wies auf die offene Luke, unterhalb derer die Treppe in die Burg hinabführte.
    Maria Luisa schüttelte entschieden den Kopf. »Ich kann meinen Bruder nicht allein mit Tom hier oben lassen.«
    Abby nickte. Sie erwog kurz, Maria Luisa vorzuwarnen, ließ es aber bleiben. Zum einen wollte sie sich nicht wie deren Mutter aufführen, und zum anderen wollte sie ihr keine falschen Ideen suggerieren – wie zum Beispiel die, dass sie Tom ihr gegenüber schlecht machen wollte …
    Tom Ericson spähte derweil wieder durch das Fernglas in die Pfeilrichtung und suchte jenseits des erwähnten Turms, der sich als Ruine in einiger Entfernung erhob, nach einem weiteren markanten Punkt. Auf diese Weise, das hatte Abby verstanden, wollte er die Richtungslinie, die ihren Anfang an der Pfeilspitze auf dem Armreif nahm, immer weiter ziehen. Der hohe Wehrturm bot dafür relativ gute Voraussetzungen – sah man vom Wetter ab …
    Irgendwie hatte Tom eine Verbindung zwischen zwei Begriffen, die er aus den Aufzeichnungen Diego de Landas kannte, und diesem Armreif hergestellt. Die Begriffe waren »sicherster Ort der Welt« und »Schlüssel«. Bei diesem Schlüssel handelte es sich laut de Landa um den Armreif aus Ts’onots Grab, und der sicherste Ort der Welt war eine geheime, mysteriöse Kammer auf der Spitze einer Pyramide in Yucatán. Toms Schlussfolgerung bestand nun darin, dass der »Schlüssel« zu jenem Ort hinzeigen musste – von der Nordküste Schottlands aus also in zumindest grob südwestliche Richtung.
    Aber das tat die Pfeilspitze auf dem Armreif offenbar nicht.
    »Verdammt«, fluchte Tom, jetzt mit einem Kompass in der Hand. Er maß die Himmelsrichtung, in die der Pfeil wies, noch einmal.
    »Der Pfeil zeigt nach Süden«, konstatierte Abby, die einen Blick über seine Schulter auf den Kompass warf.
    »Ja«, knirschte er. »Südsüdost. Aber das kann nicht sein.«
    »Ist aber so. Passt nur nicht zu deiner Theorie.«
    »Eine andere hab ich leider nicht.«
    Abby zuckte die Schultern. »Zieh die Linie doch einfach mal weiter. Vielleicht ergibt sich daraus ja eine neue Erkenntnis, auf die du im Moment noch gar nicht kommen kannst.«
    »Bleibt mir wohl nichts anderes übrig«, brummte Tom. »Komm, Jandro,

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