08 - Ehrenschuld
später ging einem einfach der Platz zum Manövrieren aus. Nun konnte er sie vertreiben und seinem Land erlauben, seinen ersten imperialen Schritt zu tun. Einen kleinen Schritt, fast unbedeutend in dem großen Spiel, aber dennoch eine würdige Eröffnung, weil die Amerikaner durch ihren Rückzug seinem Land freie Hand geben würden, ebenso wie Japan. Bis Amerika seine Stärke wieder zurückgewonnen hätte, würde es zu spät sein, um die Dinge ändern zu können. Eigentlich hatte es nur mit Zeit und Raum zu tun. Beide arbeiteten gegen ein von inneren Schwierigkeiten gelähmtes und darum seiner Willenskraft beraubtes Land. Wie schlau von den Japanern, das zu begreifen.
»Es lief besser, als ich erwartet habe«, sagte Durling. Er war zu einer
Plauderei in Ryans Amtszimmer gekommen, etwas Neues für sie beide. »Meinen Sie wirklich?« fragte Jack überrascht.
»Denken Sie daran, ich habe den Großteil des Kabinetts von Bob
geerbt.« Der Präsident setzte sich. »Sie sind auf die Innenpolitik konzentriert. Das war schon die ganze Zeit mein Problem.«
»Sie brauchen einen neuen Verteidigungsminister und einen neuen
Generalsstabschef«, bemerkte der Nationale Sicherheitsberater kühl. »Ich weiß, aber der Zeitpunkt ist schlecht dafür.« Durling lächelte.
»Dadurch ist ihr Zuständigkeitsbereich etwas größer geworden, Jack. Aber
zuerst habe ich eine Frage an Sie.«
»Ich weiß nicht, ob wir es schaffen können.« Ryan kritzelte auf seinem
Schreibblock.
»Wir müssen zuerst die Raketen außer Gefecht setzen.«
»Ja, Sir, das weiß ich. Wir werden sie finden. Wenigstens erwarte ich,
daß wir sie auf die eine oder andere Art finden. Die anderen Unbekannten in
der Rechnung sind die Geiseln und unsere Fähigkeit, die Inseln anzugreifen.
Dieser Krieg, wenn es einer ist, hat neue Regeln. Ich weiß noch nicht, wie
sie aussehen.« Ryan arbeitete immer noch am öffentlichen Aspekt des
Problems. Wie würde das amerikanische Volk reagieren? Wie die Japaner? »Wollen Sie einen Tip von Ihrem Oberkommandierenden?« fragte
Roger Durling.
Das war gut genug, um ein weiteres Lächeln hervorzurufen.
»Allerdings.«
»Ich habe in einem Krieg gekämpft, in dem die andere Seite die Regeln
bestimmte«, bemerkte Durling. »Es ist schiefgegangen.«
»Das bringt mich auf eine Frage«, sagte Jack.
»Fragen Sie.«
»Wie weit können wir gehen?«
Der Präsident dachte nach. »Das ist zu allgemein.«
»Das feindliche Hauptquartier ist üblicherweise ein legitimes
Angriffsziel, aber bisher waren diese Leute in Uniform.«
»Sie meinen, die zaibatsu aufs Korn nehmen?«
»Ja, Sir. Nach unseren Informationen sind sie es, die die Befehle geben.
Aber es sind Zivilisten, und sie direkt aufs Korn zu nehmen könnte wie
Mord aussehen.«
»Das entscheiden wir, wenn es akut wird, Jack.« Da er gesagt hatte, was
er sagen wollte, stand der Präsident auf, um zu gehen.
»In Ordnung.« Eine etwas größere Zuständigkeit. Das konnte vieles
bedeuten. Vor allem bedeutete es, daß er die Möglichkeit hatte, mit dem
Ball zu laufen, aber allein, ungeschützt. Na ja, dachte Jack, es ist ja nicht
das erste Mal, nicht wahr?
»Was haben wir getan?« fragte Koga. »Was haben wir ihnen zu tun erlaubt?«
»Es ist so einfach für sie«, antwortete ein langjähriger Mitarbeiter. Er brauchte nicht zu sagen, wer sie waren. »Wir können unseren Einfluß nicht geltend machen, und da wir gespalten sind, ist es einfach für sie, uns in ihre Richtung zu schieben ... Und mit der Zeit ...« Der Mann zuckte die Achseln.
»Und mit der Zeit ist die Politik unseres Landes von zwanzig oder dreißig Männern entschieden worden, die von niemandem gewählt worden sind, außer von ihren Vorständen. Aber so weit?« fragte Koga. »So we it?«
»Wir stehen, wo wir stehen. Sollen wir es leugnen?« fragte der Mann.
»Und wer schützt jetzt das Volk?« fragte der frühere - wirklich ein bitteres Wort - Ministerpräsident und stieß das Kinn vor.
»Goto natürlich.«
»Das können wir nicht zulassen. Sie wissen, wem er folgt.« Kogas Berater nickte und hätte gelächelt, wenn der Augenblick nicht so ernst gewesen wäre. »Sagen Sie mir, was ist Ehre?« fragte Mogataru Koga. »Was schreibt sie uns in diesem Augenblick vor?«
»Unsere Pflicht, Herr Ministerpräsident, besteht gegenüber dem Volk«, antwortete ein Mann, dessen Freundschaft mit dem Politiker bis zum Studium in Tokio zurückreichte. Dann fiel ihm ein westliches Zitat ein Cicero, dachte er. »Das Wohl des Volkes ist das höchste
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