08 - Ehrenschuld
leisten
konnte.
»Wie können wir es machen, Jack?« fragte Roger Durling. »Mr. President, ich weiß es noch nicht. Bevor wir es versuchen, müssen
wir entscheiden, ob wir es wollen oder nicht, und das ist Ihre Aufgabe, Sir.« Durling wog Ryans Worte ab und fragte sich, ob es wünschenswert sei, das Kabinett nach seiner Meinung zu befragen, aber ihre Gesichter drückten etwas aus, das ihm nicht gefiel. Er erinnerte sich an seine Zeit in Vietnam, wo er seinen Soldaten gesagt hatte, ja, es sei wichtig, obwohl er gewußt hatte, daß es eine Lüge war. Er hatte den Ausdruck auf ihren Gesichtern nie vergessen, und obwohl es nur wenige wußten, ging er ungefähr einmal im Monat nachts zum Vietnam-Denkmal, wo er den genauen Ort jedes Namens von jedem Soldaten kannte, der unter seinem Kommando gestorben war, und er besuchte diese Namen einen nach dem anderen, um ihnen zu sagen, doch, es sei wirklich auf irgendeine Art wichtig gewesen und daß ihr Tod im großen Plan der Dinge zu etwas beigetragen hatte und daß die Veränderung der Welt zum Besseren zu spät für sie gekommen sei, aber nicht für ihre Mitbürger. Präsident Durling dachte noch an etwas anderes: Niemand hatte Amerika je Land weggenommen. Vielleicht war das der
entscheidende Punkt.
»Brett, Sie beginnen sofort mit den Verhandlungen. Machen Sie ihnen
klar, daß die derzeitige Situation im Westpazifik für die US-Regierung
völlig unannehmbar ist. Wir werden nichts akzeptieren als die vollständige
Wiederherstellung des Status quo auf den Marianen. Nichts sonst«,
wiederholte Durling.
»Jawohl, Mr. President.«
»Ich will Pläne und Optionen für die Entfernung der japanischen
Truppen von diesen Inseln, falls die Verhandlungen scheitern«, sagte er
zum Verteidigungsminister. Letzterer nickte, aber sein Gesicht sprach
Bände. Der Minister hielt es nicht für möglich.
Admiral Chandraskatta war der Meinung, es habe lange genug gedauert, aber er hatte Geduld und wußte, daß er sie sich leisten konnte. Was wird jetzt passieren! fragte er sich.
Es hätte schneller gehen können. Er war in seinen Plänen und Absichten etwas langsam gewesen, da er versucht hatte, die Denkweise seines Gegners, Konteradmirals Michael Dubro, zu erforschen. Er war ein schlauer Feind, geschickt im Manövrieren, und weil er schlau war, hatte er zu schnell gemeint, sein eigener Gegner sei dumm. Es war eine Woche lang offensichtlich gewesen, daß der amerikanische Verband im Südwesten lag, und indem er Kurs nach Süden genommen hatte, hatte er Dubro dazu verleitet, zuerst nach Norden zu fahren, dann nach Osten. Wäre seine EinSchätzung falsch gewesen, hätte der amerikanische Verband trotzdem dieselbe Stelle, östlich von Dondra Head, ansteuern und die Tankschiffe zum Kurswechsel zwingen müssen. Früher oder später würden diese unter die Augen seiner Luftaufklärung kommen, und schließlich war der Fall auch eingetreten. Jetzt brauchte er ihnen nur noch zu folgen, und Dubro konnte sie nicht umleiten, es sei denn nach Osten. Und das würde bedeuten, seine ganze Flotte nach Osten umzuleiten, fort von Sri Lanka, was der indischen Landungsflotte den Weg öffnen würde, ihre Soldaten und gepanzerten Fahrzeugen anzulanden. Die einzige Alternative für die Amerikaner lag darin, sich seiner Flotte zu stellen und zu kämpfen.
Aber das würden sie nicht tun, oder? Nein. Das einzig Vernünftige für Amerika war, Dubro und seine zwei Flugzeugträger nach Pearl Harbor zurückzurufen und dort die politische Entscheidung abzuwarten, ob man gegen Japan kämpfen solle oder nicht. Sie hatten ihre Flotte geteilt, entgegen der Maxime von Alfred Thayer Mahan, die Chandraskatta vor nicht allzu vielen Jahren auf der Marineakademie in Newport, Rhode Island, gelernt hatte, gemeinsam mit seinem Klassenkameraden Yusuo Sato. Er erinnerte sich an die theoretischen Diskussionen, die er mit ihm auf den Spaziergängen entlang der Kaimauer geführt hatte, wo sie die Yachten beobachtet und darüber nachgedacht hatten, wie eine kleine Kriegsmarine eine große besiegen könne.
In Pearl Harbor würde Dubro mit den Aufklärungs- und Einsatzstäben des Flottenkommandos Pazifik konferieren, sie würden ihre Berechnungen machen und dann sehen, daß es vermutlich unmöglich war. Wie wütend und frustriert sie sein würden, dachte der indische Admiral.
Aber erst würde er ihm eine Lektion erteilen. Jetzt jagte er sie. Trotz all ihrer Geschwindigkeit und Schlauheit waren sie an einen festen Punkt gebunden, und früher oder
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