Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
zweideutige Lächeln in den Zügen des anderen nicht sehen und stieg eine Treppe tiefer, wo er ein kleines Zimmer betrat und Licht machte. Der kleine Raum bildete augenscheinlich Wohn- und Schlafzimmer mit alles in allem.
    „So, setzt Euch nieder, oder, um das Vergangene festzuhalten, setz' dich nieder! Wie ist es in Norfolk gegangen, nachdem ich fort war? Ich hatte einen kleinen Zwist mit dem Prinzipal, weshalb ich im Ärger ohne Kündigung und Abschied fortging. Ich hoffe, es geht dem alten Master Cleveland gut!“
    „Gut? Es hat überhaupt bei ihm aufgehört, zu gehen. Als du fort warst, hatte sich unbegreiflicherweise auch die Kasse samt sämtlichen Wertpapieren, die in besonderer Verwahrung lagen, entfernt. Der Mann war dadurch ruiniert und hat sich nicht darüber wegsetzen können. Er ist tot.“
    „Ist's möglich! Was du sagst! Hm, der Alte hat niemals so recht fest gestanden und niemand in seine Verhältnisse blicken lassen. Ich glaube daher sehr, daß die Entfernung der Kasse nur ein leichtes Arrangement von ihm selbst gewesen ist. Daß ich hier als Arzt etabliert bin, darf dich nicht wundern. Es fragt kein Mensch nach dem Diplom, und die Sache ernährt ihren Mann. Also du kommst nach der Stelle?“
    „Ja; aber sagt mir, Walker, wie du zu den Mitteln kamst, ein solches Etablissement zu gründen, und warum du nicht deinen richtigen Namen beibehälst!“
    „Hm, die Mittel habe ich mir droben in den Minen geholt, und der Name wurde umgeändert, weil White gelehriger klingt als Walker. Aber um wieder auf die Stelle zu kommen, so sollst du sie haben, vorausgesetzt, daß du mir keine Veranlassung zur Klage gibst. Arbeitest du dich gut ein, so ist es sogar möglich, daß ich dich mir assistiere und vielleicht gar dir die Campagnie antrage.“
    „Hast du Wohnung für mich?“
    „Es wird sich wohl ein Rat schaffen lassen. Also, schlägst du ein?“
    „Natürlich; topp!“
    „Topp!“
    „Sollst dich nicht über mich zu beklagen haben. Bin auch genügsam herumgeworfen worden, so daß mir nicht viel daran liegt, an die Vergangenheit zu denken.“
    Gromann wurde angestellt und nach und nach in die verschiedenen Geheimnisse der Hospitalverwaltung eingeweiht. Der Doktor war gezwungen gewesen, ihn zu engagieren, beruhigte sich aber bei der Beobachtung, daß sein Assistent selbst solche Vorkommnisse ganz an ihrem Platz fand, die der Öffentlichkeit vorsichtig entzogen werden mußten.
    White hatte jetzt mehr Muße, und benutzte dieselbe zu häufigen Besuchen bei Señor Carlos, in dessen Vertrauen er sich mit schlauer Berechnung einzuarbeiten wußte. Der Vater berücksichtigte auch nicht im mindesten, daß der Arzt viel, viel älter war als seine Tochter, und ein Wesen und Auftreten besaß, welches jedermann abstoßen mußte.
    Endlich waren die sechs Monate vergangen, ohne daß Eduard sich sehen ließ. Daß weder eine briefliche Nachricht noch sonst ein Lebenszeichen von ihm gekommen war, hatte Anitta wenig beunruhigt; sie wußte, daß die Postverbindung mit den Minen eine äußerst unvollkommene war und fast in Privathänden ruhte, so daß man auf den richtigen Empfang eines Briefes nie rechnen konnte. Es kam sogar häufig vor, daß Leute, welche die Besorgung von Briefen und Geldsendungen übernommen hatten, entweder unterwegs überfallen, beraubt und totgeschlagen wurden oder auch selber mit den ihnen anvertrauten Geldern ein Schiff suchten und durchgingen.
    Heut aber war der letzte Abend, und Eduard kam noch immer nicht. Das Mädchen wurde von einer fürchterlichen Unruhe hin und her getrieben. Auch dem Doktor ging es so. Bis jetzt noch hatte er alle Chancen für sich, aber sein Nebenbuhler konnte jeden Augenblick noch kommen, und das – das mußte verhütet werden. Er übergab die Patienten dem Assistenten und verließ die Mission.
    Die Kranken konnten mit der Anstellung Gromanns sehr zufrieden sein, der den Hilflosen als ein rettender Engel erschienen war. Dem Doktor gegenüber sich vollständig gehorsam und willenlos zeigend, handelte er hinter dem Rücken desselben ganz nach eigenem Ermessen und hatte die Überzeugung, daß ihm mancher Patient, der von White dem Tod geweiht war, das Leben und Eigentum zu verdanken haben werde. – –
    Wieder machte der Erzähler eine Pause und sah seine Zuhörer rundum an. Wahrscheinlich erwartete er, ein Lob zu hören, doch blieb dies aus, weil seine Erzählung bisher nicht genug interessant und spannend gewesen war. Da tat er einige lange Züge aus seiner Zigarre und

Weitere Kostenlose Bücher