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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Sie kam auch zu mir, als ich mich gesetzt hatte, und fragte nach meinem Wunsch.
    „Kann ich ein Glas Bier bekommen, Mutter Thick?“ fragte ich.
    „Yes“, nickte sie, „sehr gutes sogar. Habe es gern, wenn meine Gäste Bier trinken; ist besser und gesünder und auch anständiger als Brandy, der oft tolle Köpfe macht. Seid wahrscheinlich ein Deutscher, Sir?“
    „Yes.“
    „Dachte es mir, weil Ihr Bier verlangt. Die Deutschen trinken immer Bier, und sie sind klug, daß sie es tun. Ihr wart noch nicht bei mir?“
    „Nein, ich möchte aber heut Eure Gastfreundlichkeit in Anspruch nehmen. Habt Ihr ein gutes Bett?“
    „Meine Betten sind alle gut!“
    Sie musterte mich mit prüfendem Blick. Mein Gesicht schien ihr besser zu gefallen als mein sonstiges Äußeres, denn sie fügte hinzu:
    „Scheint lange keine Wäsche gewechselt zu haben; aber Eure Augen sind gut. Wollt Ihr billig boarden?“
    Billig boarden heißt, das Bett mit noch andern teilen.
    „Nein“, antwortete ich. „Es würde mir sogar lieb sein, wenn ich nicht im gemeinschaftlichen Saal schlafen müßte, sondern ein separates Zimmer haben könnte. Zahlungsfähig bin ich trotz meines schlimmen Anzuges.“
    „Glaube das, Sir. Sollt ein Zimmer haben. Und wenn Euch hungern sollte, da ist der Speisezettel.“
    Sie gab mir das Papier und ging fort, um das Bier zu holen. Die gute Dame machte ganz den Eindruck einer sehr verständigen, freundlichen und besorgten Hausmutter, deren Glück es ist, Zufriedenheit um sich zu sehen. Auch die Einrichtung des Lokals heimelte mich an; sie war mehr deutsch als amerikanisch zu nennen.
    Ich hatte an einem leeren Tisch Platz genommen, welcher in der Nähe einer langen Tafel stand, die von Gästen vollständig besetzt war. Es gab da einige Herren, die man mit dem ersten Blick als wirkliche Gentlemen erkannte, wahrscheinlich Einwohner der Stadt und Stammgäste der Mutter Thick, daneben aber auch Gestalten von der Art, wie ich sie soeben beschrieben habe. Diese Leute hatten, als ich eintrat und mich unfern von ihnen niedersetzte, eine sehr animierte Unterhaltung unterbrochen, um ihre Aufmerksamkeit auf mich zu richten; das dauerte aber nur so lange, als Mutter Thick mit mir sprach; dann schienen sie einzusehen, daß ich kein würdiger Gegenstand ihres ferneren Interesses sei, und derjenige von ihnen, welcher zuletzt gesprochen hatte, nahm seine unterbrochene Rede wieder auf:
    „Ja, es ist so, wie ich sage: Es hat in den Vereinigten Staaten niemals einen größeren Schurken gegeben wie den Kanada-Bill. Wer das nicht glaubt, dem will ich es gern und sogleich mit einigen Zoll kalten Eisens in den Leib beweisen. Wünscht einer von euch diesen Beweis, Mesch'schurs?“
    „Nein; wir glauben es gern; wir wissen es ja“, antwortete einer von den erwähnten Gentlemen.
    „Besser wie ich könnt Ihr es nicht wissen, Sir!“
    „Ihr habt wohl eine Rechnung mit ihm gehabt?“
    „Eine Rechnung? Pshaw! Ein ganzes, großes, vollgeschriebenes Schuldbuch, muß ich sagen. Er war so berüchtigt, daß man sogar drüben im alten Land in den Zeitungen über ihn geschrieben hat, wie ich erfahren habe. Keinem aber hat er in der Weise mitgespielt als wie mir.“
    Er schien, wie ich, zum ersten Mal hier zu sein, denn als er diese Worte sagte, betrachteten ihn die Anwesenden mit besonderen Blicken. Er war ein langer, sehr hagerer Mann und trug einen Büffellederrock, der so viele Dienste geleistet hatte, daß er nur noch aus Flicken und Flecken bestand. Die Leggins waren ihm viel zu kurz; sie reichten lange nicht hinab bis zu den Mokassins, die mit vielen Kreuz- und Querstichen von Hirschsehne ausgebessert waren, und auf dem Kopf trug er eine Mütze, die früher einmal eine Pelzmütze gewesen war, jetzt aber alle Haare verloren hatte und ihm wie ein umgestülpter Bärenmagen auf dem Haupt saß. Im Gürtel, der mit allen möglichen Requisiten behangen war, steckten Bowiekneif, Revolver und Tomahawk; den Lasso hatte er sich in Schlingen unter dem linken Arm bis über die rechte Schulter geworfen, und neben ihm lehnte eine alte Büchse, welche vom Kolben bis zum Laufteil mit zahlreichen Einschnitten, Kerben und sonstigen für Fremde rätselhaften Charakteren versehen war.
    „Ihr macht uns neugierig, Sir“, sagte der Gentleman. „Dürfen wir vielleicht erfahren, in welcher Weise er Euch mitgespielt hat?“
    „Hm! Man läßt am liebsten so blutige Sachen ruhen; aber da wir hier an diesem Tisch einmal beim Erzählen sind, so will ich Euch den Willen

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