08 - Old Surehand II
Die Flüchtlinge staken im Gebüsch versteckt. Jetzt war es Zeit für sie.
„Wohin zielen wir?“ fragte der Majordomo.
„Auf die ersten im Wasser. Die beiden, die bereits hüben halten, sind uns sicher!“
„Nur nicht zwei auf einen Mann schießen!“ warnte der Apache. „Zählt allemal acht ab. Wir schießen so auf sie in der Reihe, wie wir hier in der Reihe stehen.“
„Gut, vortrefflich!“ sagte Helmers. „Fertig?“
„Ja“, flüsterte es siebenfach die Antwort.
„So, Feuer!“
Die acht wohlgezielten Schüsse krachten in einem und demselben Augenbück; ein einziger Kanonenschlag, und die acht vordersten Komantschen versanken im Wasser. Der Deutsche und der Apache hatten Doppelbüchsen; sie drückten ihre zweiten Läufe ab und ließen noch zwei Feinde versinken.
„Schnell wieder laden!“ rief Helmers.
Es war wunderbar, ja fast lächerlich anzusehen, welche Wirkung die Salve auf die Überlebenden hervorbrachte. Die Komantschen rissen ihre Pferde herum und schwammen wieder dem entgegengesetzten Ufer zu. Viele glitten vorsichtig von den Tieren herab und schwammen neben denselben, um sich durch sie decken zu lassen. Die zwei aber, die bereits am diesseitigen Ufer waren, zeigten sich als die besorgtesten, aber auch – unvorsichtigsten. Sie rissen ihre Büchsen herab und kamen im Galopp herbeigesprengt. Sofort zog der Deutsche den Revolver und schlich ihnen hinterm Buschwerk entgegen. Sie sahen ihn nicht, und eben, als sie an der Stelle, wo er sich befand, vorüber wollten, drückte er zweimal ab. Sie stürzten tot vom Pferd.
„Holla, noch zwei geladene Gewehre!“ rief Helmers.
„Die sind für uns!“ antwortete Emma Arbellez.
„Können Sie schießen?“
„Alle beide.“
„Dann schnell!“
Er sprang dahin zurück, wo er seine Doppelbüchse weggelegt hatte, und die beiden Damen ergriffen die Gewehre der zwei Komantschen. Das alles war so schnell gegangen, daß seit der ersten Salve bis jetzt kaum eine Minute vergangen war. Man hatte wieder geladen.
„Feuer!“ ertönte der Kommandoruf.
Die Feinde hatten das jenseitige Ufer noch nicht wieder erreicht; sie erhielten jetzt eine Salve aus den einfachen und zwei Doppelgewehren, welche fast alle gut gezielt waren. Mehrere Verwundete waren vom Fluß abwärts getrieben, und mehrere Unverletzte, stellten sich tot, um die tapferen Verteidiger zu täuschen, indem auch sie sich abwärts treiben ließen, um so den Kugeln zu entgehen.
„Laßt euch nicht betrügen!“ rief Helmers. „Schnell laden, und diesen Schuften längs des Ufers nach! Wer nicht untergeht, der hat noch Leben!“
Man gehorchte seinen Worten. Bald hatten die Komantschen weit über zwanzig Tote. Sie staken nun drüben im Gebüsch und getrauten sich nicht wieder hervor.
„Jetzt mag es genug sein!“ sagte der Deutsche.
„Sie werden uns nicht weiter verfolgen“, meinte der Apache. „Diese Hunde von Komantschen haben kein Hirn in ihren Schädeln!“
„Ich danke Ihnen für den Beistand, den Sie uns geleistet haben, Señoritas“, sagte Helmers. „Ich hatte keine Ahnung davon, daß Sie schießen wie ein Westmann.“
„Man ist in unseren einsamen Gegenden gezwungen, diese Fertigkeit sich anzueignen“, sagte Emma. „Denken Sie wirklich, daß wir jetzt nun unbelästigt bleiben?“
„Ich hoffe es!“
„So wollen wir aufbrechen. Dieser Ort, der so viel Leben gekostet hat, ist mir schauerlich, obgleich ich selbst auch zur Waffe gegriffen habe.“
„Dort sind die Pferde der beiden letzten Indianer; nehmen wir sie mit?“ fragte Helmers.
„Versteht sich!“ antwortete der Majordomo. „Ein indianisch zugerittenes Pferd hat stets einen guten Wert. Meine Vaqueros werden sie am Zügel nehmen.“
Nach nur kurzem Verweilen stieg man wieder auf und ritt nun wirklich in die Prärie hinein, in die man sich bisher nur zum Scheine vertieft hatte. So oft und so scharf die Truppe auch den hinter ihr liegenden Horizont musterte, es zeigte sich keine Spur von Verfolgung mehr. So vergingen einige Stunden, und man erlaubte den Pferden, einen langsameren Schritt zu gehen, was auch die Unterhaltung erleichterte.
‚Bärenherz‘ ritt, wie bereits vorher, so auch jetzt wieder an der Seite der Mixtekas-Indianerin, während sich der Deutsche zu der Mexikanerin hielt.
„Wir sind nun fast einen Tag beisammen, ohne uns nur im geringsten kennengelernt zu haben“, sagte dieser letztere zu seiner Dame. „Legen Sie das nicht auf Rechnung meiner Unhöflichkeit, sondern auf Rechnung der
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