08 - Old Surehand II
Schwester?“
„Zu dem Volke der Mixtekas“, antwortete sie.
„Das war einst eine große Nation und ist noch jetzt durch die Schönheit seiner Frauen berühmt. Ist meine junge Schwester eine Squaw oder ein Mädchen?“
„Ich habe keinen Mann.“
„Ist ihr Herz noch ihr Eigentum?“
Bei dieser direkten Frage, welche ein Weißer sicherlich nicht ausgesprochen hätte, rötete sich ihr dunkles Gesicht, aber sie antwortete mit fester Stimme:
„Nein.“
Sie wußte, daß es hier besser sei, die Wahrheit zu sagen, denn sie kannte die Apachen. Es veränderte sich kein Zug seines eisernen Gesichtes, und er fragte weiter:
„Ist es ein Mann ihres Volkes, der ihr Herz besitzt?“
„Nein.“
„Ein Weißer?“
„Ja.“
„‚Bärenherz‘ beklagt seine Schwester. Sie mag es ihm sagen, wenn der Weiße sie betrügt.“
„Er wird mich nicht betrügen!“ antwortete sie stolz und zurückweisend.
Ein leises Lächeln zuckte um seine Lippen; er schüttelte den Kopf, entgegnete:
„Die weiße Farbe ist falsch und wird leicht schmutzig. Meine Schwester mag vorsichtig sein!“
Dies war das ganze Gespräch zwischen den beiden, aber es war wenigstens ebenso folgewichtig, wie die Unterredung zwischen dem Deutschen und der Mexikanerin.
Im Verlaufe des Weiterrittes erfuhr Helmers, daß die beiden Frauen oben am Rio Pecos gewesen waren, um eine Tante der Mexikanerin zu besuchen, welche schwer krank darniederlag. Diese Verwandte war die Schwester von Emmas Mutter, also die Schwägerin des alten Petro Arbellez, welcher der Verwalter des Grafen Ferdinando de Rodriganda gewesen war, jetzt aber als Pächter des Grafen auf der Hacienda del Erina lebte. Die Pflege der beiden Frauen hatte den Tod der Tante nicht zu hindern, sondern nur zu verzögern vermocht. Später hatte Arbellez den Majordomo mit den Vaqueros geschickt, um die Tochter abholen zu lassen. Auf dem Rückweg waren sie von den Komantschen überfallen worden und wären ohne die Dazwischenkunft des Deutschen und des Apachenhäuptlings ganz sicher verloren gewesen.
Man ritt immer gen Süden. Der Tag neigte sich zu Ende; sie hatten noch eine Stunde bis zum Hereinbruch des Abends und befanden sich am Rande einer weiten Ebene, die nun hinter ihnen lag, als der Apache sein Pferd anhielt und hinter sich zeigte:
„Uff!“ rief er.
Die anderen drehten sich um, die Ebene zu durchmustern.
„Ich sehe nichts“, sagte der Majordomo.
„Wir auch nicht“, erklärten die Vaqueros, trotzdem sie Augen besaßen, welche gewohnt waren, in weite Fernen zu spähen.
„Was gibt es?“ fragte Emma.
„Auch Sie sehen nichts?“ antwortete Helmers.
„Nein. Siehst du etwas, Karja?“
„Nicht das mindeste“, erklärte die Indianerin.
„Der Häuptling der Apachen kann doch nicht den Trupp wilder Pferde meinen, den man dort erblickt?“ fragte der Majordomo.
„Uff!“ sagte der Apache mit geringschätziger Miene.
„Gerade den meint er“, sprach der Deutsche.
„Was gehen uns die Mustangs an?“
„Sind sie wirklich so gleichgültig, Señor Majordomo?“
„Ja. Wir sind ja mit Pferden versehen!“
„Seht sie Euch genauer an!“
Ungefähr zwei englische Meilen hinter ihnen galoppierte eine Herde Pferde mit erhobenen Schwänzen und wehenden Mähnen. Sie kam immer näher. Kein Reiter, kein Sattel oder Bügel, kein Zügel, nicht die dünnste Schnur ließ sich sehen.
„Es sind Mustangs!“ sagte der Majordomo nochmals.
„Uff!“ rief der Apache zum zweitenmal, jetzt aber wirklich verächtlich.
Er lenkte sein Pferd wieder herum und ritt im Galopp vorwärts. Die anderen mußten folgen. Emma drängte ihr Pferd wieder zu Helmers heran und fragte:
„Was hat der Apache?“
„Er ärgert sich.“
„Worüber?“
„Über die Dummheit des Majordomo.“
„Dummheit? Señor Helmers, unser Majordomo ist ein sehr erfahrener Mann!“
„In zahmen Angelegenheiten vielleicht.“
„O nein. Er ist ein tüchtiger Reiter und Schütze, ein Pfadfinder, der seinesgleichen sucht; man kann sich in jeder Beziehung auf ihn verlassen.“
„Ein Pfadfinder? Hm!“ Jetzt blickte der Deutsche verächtlich drein. „Ja, ein Pfadfinder in den Straßen einer Stadt oder auf den Gassen eines Dorfes. Zu einem Rastreador, zu einem wirklichen, tüchtigen Pfadfinder gehört mehr. Sie sagen, daß man sich in jeder Beziehung auf ihn verlassen könne, und doch wären Sie verloren, wenn Sie jetzt nur allein auf seine Erfahrung und seinen Scharfsinn angewiesen wären.“
„Ah! Wieso?“
„Weil
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