08 - Old Surehand II
außerordentlichen Umstände!“
„O, ich meine doch, daß wir uns gerade im Gegenteil recht gut kennen!“ meinte sie lächelnd.
„Inwiefern?“
„Ich weiß von Ihnen, daß Sie für andere Ihr Leben wagen, ein kühner, umsichtiger Jäger sind, und Sie wissen von mir, daß – daß ich auch schießen kann.“
„Das ist allerdings etwas, aber nicht viel. Lassen Sie mich wenigstens meinerseits das Notwendigste nachholen!“
„Ich werde Ihnen sehr dankbar sein, Señor!“
„Mein Name ist Anton Helmers; ich bin der jüngere von zwei Brüdern. Wir wollten studieren, da aber die Mittel nicht ausreichten und der Vater starb, so ging mein Bruder zur See und ich nach Amerika, wo ich nach vielen Irrfahrten mich schließlich in der Prärie als Waldläufer etablierte.“
„Also Anton heißen Sie? Da darf ich Sie wohl Señor Antonio nennen?“
„Wenn es Ihnen so beliebt, ja.“
„Aber wie kommen Sie so weit herab nach dem Rio Grande?“
„Hm, das ist eine Sache, von der ich eigentlich nicht sprechen sollte!“
„Also ein Geheimnis?“
„Vielleicht ein Geheimnis, vielleicht auch nur eine recht sehr große Kinderei.“
„Sie machen mich neugierig!“
„Nun, so will ich Sie nicht auf die Folter spannen“, sagte er lachend. „Es handelt sich um nichts mehr und nichts weniger als die Hebung eines sehr reichen Schatzes.“
„Was für eines Schatzes?“
„Eines wirklichen, aus kostbaren Steinen und edlen Metallen bestehenden Schatzes.“
„Und wo soll derselbe liegen?“
„Das weiß ich noch nicht.“
„Ah, das ist unangenehm! Aber wo haben Sie denn von dem Vorhandensein dieses Schatzes gehört?“
„Hoch droben im Norden. Ich hatte das Glück, einem alten, kranken Indianer einige nicht ganz wertlose Dienste zu leisten, und als er starb, vertraute er mir zum Dank dafür das Geheimnis von dem Schatz an.“
„Aber er sagte Ihnen die Hauptsache nicht, nämlich wo er liegt?“
„Er sagte mir, daß ich ihn in Mexiko zu suchen habe, und gab mir eine Karte mit, bei welcher sich ein Situationsplan befindet.“
„Und welche Gegend betrifft diese Karte?“
„Ich weiß es nicht. Die Karte enthält zwar Höhenzüge, Talbildungen und Wasserläufe, aber keinen einzigen Namen.“
„Das ist allerdings höchst sonderbar. Weiß auch Shoshin-liett, der Häuptling der Apachen, davon?“
„Nein.“
„Und doch scheint er Ihr Freund zu sein?“
„Er ist das allerdings im vollsten Sinne des Wortes.“
„Und mit mir teilen Sie das Geheimnis, obgleich wir uns erst heute gesehen haben?“
Er blickte ihr mit seinen treuen, ehrlichen Augen voll in das Gesicht und antwortete:
„Es gibt Menschen, denen man es ansieht, daß man kein Geheimnis vor ihnen zu machen braucht.“
„Und zu dienen Personen rechnen Sie mich?“
„Ja.“
Sie reichte ihm die Hand und sagte:
„Sie täuschen sich nicht. Ich werde es Ihnen beweisen, indem ich ebenso aufrichtig bin und Ihnen eine auf Ihr Geheimnis bezügliche Mitteilung mache. Soll ich, Señor?“
„Ich bitte darum!“ antwortete er mit überraschter Stimme.
„Ich kenne nämlich einen, der auch nach diesem Schatz trachtet.“
„Ah! Wer ist es?“
„Unser junger Prinzipo, der Graf Alfonzo de Rodriganda de Sevilla.“
„Er weiß von dem Schatz?“
„O, wir alle wissen, daß die früheren Beherrscher des Landes ihre Schätze verbargen, als die Spanier Mexiko eroberten. Außerdem gibt es Orte, an denen das gediegene Gold und Silber in Massen zu finden ist. Man nennt solche Orte eine Bonanza. Die Indianer kennen diese Orte, sterben aber lieber, als daß sie einem Weißen ihr Geheimnis anvertrauen.“
„Und diesem Alfonzo de Rodriganda hat es doch einer anvertraut?“
„Nein. Wir bewohnen die Hacienda del Erina, und es geht die Sage, daß in der Nähe derselben sich eine Höhle befindet, in welcher die Herrscher der Mixtekas ihre Schätze versteckt haben. Es ist viel nach dieser Höhle gesucht worden; Graf Alfonzo hat sich die meiste Mühe gegeben, aber keiner hat sie gefunden.“
„Wo liegt diese Hacienda del Erina?“
„Etwas über eine Tagereise von hier am Abhang der Berge von Cohahuila. Sie werden sie sehen, denn ich hoffe, daß Sie uns bis dorthin begleiten!“
„Ich werde Sie nicht eher verlassen, bis ich Sie vollständig in Sicherheit weiß!“
„Sie werden uns auch dann noch nicht verlassen, sondern unser Gast sein, Señor!“
„Gerade Ihre Sicherheit erfordert, daß ich Sie sofort wieder verlasse.“
„Wieso?“
„Wir haben
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