08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff
benutzte sie den Saft schwarzer oder blauer Beeren, um ihre Augenbrauen oder Lider dunkel zu färben. Sie rötete auch nicht ihre Wangen durch den Saft der Zweige oder Beeren des Holunders. Sie nahm ihre Körperpflege ernst, aber sie veränderte ihr natürliches Aussehen nicht.
Nun packte sie ihre cíorbholg aus und stellte sie auf den Tisch. Der sperrigste Teil ihres Gepäcks waren zwei taigh liubhair , kleine Bücher in Taschen. Als die irischen Mönche und Nonnen in den früheren Jahrhunderten begonnen hatten, auf die peregrinatio pro Christo zu gehen, hatten die gelehrten Schreiber in Irland erkannt, daß diese Missionare und Pilger liturgische Werke und religiöse Schriften brauchten, mit denen sie das Wort vom neuen Glauben unter den Heiden verbreiten konnten, und daß solche Bücher so klein sein mußten, daß sie sie bei sich tragen konnten. Fidelma hatte ein Meßbuch mitgebracht, das vierzehn mal elf Zentimeter groß war. Ihr Bruder, König Colgú, hatte ihr ein zweites Buch gleicher Größe als Lektüre während der langen Reise geschenkt. Es war ein »Leben des heiligen Ailbe«, des ersten christlichen Bischofs von Cashel und Schutzheiligen von Muman. Sorgfältig hängte sie die beiden Buchtaschen mit ihren Kleidern an die Haken.
Dann trat sie zurück, überschaute ihr Werk und lächelte. Vor dem Mittagessen hatte sie nun nichts mehr zu tun. Sie konnte sich in die Koje legen, den Kopf auf die gefalteten Hände, und zum erstenmal, seit sie die Tür von Schwester Muirgels Kajüte vor Cians bittendem Gesicht geschlossen hatte, einen Moment über den außerordentlichen Zufall des Wiedersehens mit ihm nachdenken.
Doch als sie sich dankbar ausstreckte, gab es ein hohes Quieken, und etwas Schweres, Warmes landete auf Fidelmas Bauch. Sie kreischte auf, und ein schwarzes Fellknäuel sprang mit einem weiteren seltsamen Schrei von ihrem Bauch herunter auf den Boden.
Zitternd richtete sich Fidelma auf. Eine schmale schwarze Katze saß da und betrachtete sie mit ihren hellgrünen Augen, und ihr glattes Fell leuchtete in den Sonnenstrahlen, die durch das Fenster fielen. Sie gab ein leises »Miau« von sich, sah sie prüfend an und leckte dann ruhig eine Tatze, mit der sie sich danach rhythmisch über Ohr und Auge fuhr.
Es wurde außen an der Tür gekratzt, und dann ging sie auf und Wenbrit stand atemlos und besorgt da.
»Ich hörte dich schreien, Lady«, keuchte er. »Was ist?«
Fidelma schämte sich; sie wies auf die Ursache ihres Erschreckens.
»Das Tier hat mich überrumpelt. Ich wußte nicht, daß ihr eine Katze an Bord habt.«
Wenbrit entspannte sich und lächelte breit.
»Das ist die Schiffskatze, Lady. Auf einem solchen Schiff braucht man eine Katze, um die Ratten und Mäuse in Schach zu halten.«
Fidelma erschauerte leicht bei der Vorstellung von Ratten.
Wenbrit beruhigte sie. »Mach dir nichts draus. Sie kommen den Menschen nicht zu nahe, sondern bleiben unten im Kielraum und gehen höchstens an die Vorräte. Mäuseherr hat sie unter Kontrolle.«
Die Katze war inzwischen wieder auf Fidelmas Koje gesprungen, hatte sich fest zusammengerollt und schien zu schlafen.
»Sie fühlt sich hier anscheinend zu Hause«, bemerkte Fidelma.
Der Junge nickte.
»Es ist ein Kater, Lady«, verbesserte er sie. »Ja, Mäuseherr schläft gern in dieser Kajüte. Ich hätte dir das sagen müssen. Mach dir keine Sorgen, ich schaff ihn raus.«
Er trat vor, doch Fidelma hielt ihn zurück.
»Laß ihn in Ruhe, Wenbrit. Er kann die Kajüte mitbewohnen. Ich hab nichts gegen Katzen. Ich hab mich nur erschreckt, als sie … als er auf mich sprang.«
Der Junge zuckte die Achseln.
»Du brauchst es mir nur zu sagen, wenn er dir lästig wird.«
»Wie nennst du ihn?«
»Luchtighern – Mäuseherr.«
Fidelma sah ihren neuen Reisegefährten lächelnd an.
»Das war der Name des Katers, der in der Höhle von Dunmore wohnte und alle Krieger des Königs von Laigin besiegte, die gegen ihn ausgesandt wurden. Erst als eine Kriegerin gegen ihn antrat, unterlag er.«
Der Junge sah sie verwundert an.
»Von so einem Kater habe ich noch nie gehört.«
»Es ist eine alte Sage. Wer hat ihm den Namen Luchtighern gegeben?«
»Der Kapitän. Er kennt alle die Geschichten, aber ich kann mich nicht erinnern, daß er mir diese erzählt hat.«
»Eine Katze hätte er vermutlich Baircne genannt, Schiffsheldin, nach der ersten Katze, die mit der Bark von Bresal Bec in Éireann landete.«
»Es ist aber ein Kater«, wandte der Junge ein.
»Ich
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