08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff
seiner Stimme mitschwang. Es stieß sie ab, und ihr spontanes Mitgefühl verging so schnell, wie es gekommen war.
»Warum? Ist es das, was du hören willst?« konterte sie.
Ihr Ton machte Cian noch zorniger.
»Ich habe es oft genug von Leuten gehört, die gern ihre schmutzige Arbeit von solchen wie mir machen lassen und sie hinterher nicht mehr kennen.«
»Wurdest du im Kampf verwundet?« Sie ging nicht auf seinen Anwurf ein.
»Ein Pfeil im rechten Oberarm, der die Muskeln zerriß und den Arm unbrauchbar machte.«
»Wann passierte das?«
»Vor ungefähr fünf Jahren. Es war im Grenzkrieg zwischen dem Großkönig und dem König von Laigin. Meine Kameraden brachten mich in das Krankenhaus in Armagh und ließen mich pflegen. Es stellte sich bald heraus, daß ich zum Krieger nicht mehr taugte, und als ich mich erholt hatte, war ich gezwungen, in die Abtei Bangor einzutreten.« Offensichtlich meinte Cian, daß man ihm ein Unrecht angetan hatte.
»Gezwungen?« forschte Fidelma.
»Wo sollte ich sonst hin? Ein Einarmiger – wozu war ich sonst noch nütze?«
»Ist die Verletzung unheilbar? Es gibt sehr gute Ärzte in Tuam Brecain.«
Cian schüttelte mürrisch den Kopf.
»Sie sind nicht gut genug, damals wie jetzt. Ein paar Jahre habe ich in der Abtei einfache Arbeiten verrichtet, wie ich sie eben mit meinem einen Arm tun konnte.«
»Hast du andere Ärzte konsultiert?«
»Das ist der Zweck meiner jetzigen Reise«, gestand er. »Ich habe von einem Arzt in Iberia gehört, der Mormohec heißt und in der Nähe des Schreins des heiligen Jakobus wohnt.«
»Und diesen Mormohec willst du aufsuchen?«
»Es gibt genug Schreine und Grabmale von Heiligen in den fünf Königreichen, so daß ich keine Fahrt über See unternehmen würde, bloß um einen weiteren zu sehen. Ja, ich will zu diesem Mormohec. Es ist meine letzte Chance, wieder zu einem richtigen Leben zu kommen.«
Fidelma zog leicht die Brauen hoch. »Zu einem richtigen Leben? Anscheinend betrachtest du deinen jetzigen geistlichen Beruf nicht als ein richtiges Leben?«
Cian stieß ein kurzes spöttisches Lachen aus.
»Du kennst mich doch, Fidelma. Du kennst mich sehr gut. Kannst du dir vorstellen, daß ich den Rest meines Lebens als fetter Pater hinter den Mauern einer Abtei verbringe und fromme Psalmen singe?«
»Was sagt deine Frau dazu?«
Cian schaute verdutzt drein.
»Meine Frau?«
»Wie ich mich erinnere, hast du die Tochter des Verwalters des Königs in Aileach geheiratet. Sie hieß Una. Hast du mich nicht deswegen in Tara ohne ein Wort verlassen?«
»Una?« Cian zog ein Gesicht, als hätte er etwas Unangenehmes im Mund. »Una ließ sich sofort von mir scheiden, als die Ärzte meine Verwundung für unheilbar befunden und erklärt hatten, ich werde mein Leben lang ein Krüppel bleiben.«
Fidelma bemühte sich, ihre Schadenfreude nicht offen zu zeigen. Im stillen tadelte sie sich für das, was sie empfand, aber sie wurde noch von dem beherrscht, was vor zehn Jahren geschehen war.
»Das muß ein großer Schock für dich gewesen sein – mit deinen eigenen Waffen geschlagen zu werden.« Die Worte fuhren ihr heraus, ehe sie es sich versah.
Cian war in Gedanken und überhörte den zweiten Teil des Satzes, den Fidelma mit solcher Befriedigung ausgesprochen hatte.
»Schock. Ja, das war einer! Dieses selbstsüchtige kleine Luder!«
Fidelma mißbilligte seine heftige Reaktion.
»Wärst du nicht schon geschieden, Cian, hättest du jetzt einen der triftigsten Gründe geliefert, aus denen eine Ehefrau sich nach den Gesetzen des Cáin Lánamna scheiden lassen kann«, erklärte sie ihm vorsichtig.
Cian ließ sich nicht beirren.
»Ich könnte noch Schlimmeres von ihr sagen, aber es lohnt sich nicht.«
»Hattet ihr Kinder?«
»Nein!« Das Wort kam wie ein Peitschenschlag. »Sie behauptete, das läge an mir, und führte das als Scheidungsgrund an, statt zuzugeben, daß sie nicht länger mit einem Mann zusammenleben wollte, der ihr keinen Luxus mehr bieten konnte.«
»Sie hat dir Sterilität vorgeworfen?«
Fidelma wußte wohl, daß sexuelles Versagen des Ehemannes als Scheidungsgrund galt. Sterilität des Mannes wurde im Gesetz als einer der Scheidungsgründe genannt. Fidelma konnte kaum glauben, daß Cian, das Urbild eines kräftigen Mannes, der ständig darauf aus war, seine Männlichkeit unter Beweis zu stellen, in diesen Verdacht geraten konnte. Ihr erschien es wie Ironie, daß ausgerechnet er mit dieser Begründung geschieden worden war.
»Ich war
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