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08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff

Titel: 08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
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Hand und drückte sie gegen die Kutte. Sie war feucht.
    »Sieh dir deine Hand genau an. Es ist Blut dran.«
    Fidelma hielt ihre Finger gegen das flackernde Licht. Sie konnte den dunklen Fleck auf ihren Fingerspitzen gerade noch erkennen.
    Einen Moment starrte sie Wenbrit an. Dann nahm sie die Kutte und hielt sie hoch. Vorn hatte sie einen gezackten Riß.
    »Wo hast du die Kutte gefunden?«
    »Hier unter der Koje versteckt.«
    »Wenn das Blut ist …« Fidelma hielt nachdenklich inne und sah den Jungen an. Jetzt verstand sie die Mischung von Aufregung und Furcht in seinem Gesicht.
    »Ich sagte schon, Schwester Muirgel war krank. Bevor ich mich gestern abend schlafen legte, kam ich zu ihr, um zu sehen, ob sie noch etwas brauchte. Es ging ihr nach wie vor schlecht, und sie sagte, ich sollte sie in Ruhe lassen.«
    »Und das tatest du auch?«
    »Natürlich. Ich ging in meine Koje. Aber mich beunruhigte was.«
    »Nämlich?«
    »Ich glaube, Schwester Muirgel hatte Angst.«
    »Meinst du vor dem Sturm?«
    »Nein, nicht vor dem Sturm. Als ich kam und fragte, ob sie was brauchte, hatte sie ihre Kajütentür zugesperrt. Ich mußte rufen und ihr versichern, daß ich es war, ehe sie aufmachte.«
    Fidelma wandte sich nach dem Türriegel um.
    »Ich dachte nicht, daß diese Türen sich verschließen lassen«, sagte sie.
    Der Junge hob die Laterne, damit sie besser sehen konnte.
    »Schau dir die Kratzspuren an. Man braucht nur ein Stück Holz oder ein Ende eines Kruzifixes, wie ihr sie tragt, einzuklemmen, dann läßt sich der Riegel nicht anheben, und die Tür ist von außen nicht zu öffnen.«
    Fidelma trat zurück.
    »Und so hatte Schwester Muirgel ihre Tür blockiert?«
    »Ja. Sie war krank, und sie hatte Angst. Es ist unmöglich, daß sie in diesem Zustand bei solch einem fürchterlichen Sturm an Deck herumlief.«
    »Hast du sie nachher noch gesehen?«
    »Nein. Ich ging in meine Koje und schlief ein. Ich bin erst nach dem Morgengrauen aufgestanden.«
    »Während des Sturms warst du nicht an Deck?«
    »Nein, das brauche ich nicht, wenn mich der Kapitän nicht ausdrücklich holen läßt.«
    »Also hast du nichts mehr von Schwester Muirgel gesehen, nachdem du von ihr weggegangen warst?«
    »Nein. Ich wurde davon wach, daß einer der Mönche kurz nach dem Morgengrauen das Schiff absuchte. Ich hörte, wie er mit den anderen sprach und sagte, Schwester Muirgel ist verschwunden. Es war der Mann, mit dem du eben geredet hast. Dann hörte ich, wie Murchad sagte, wenn sie nicht auf dem Schiff ist, dann muß sie während der Nacht über Bord gegangen sein. Der Kapitän meinte, das wäre die einzig mögliche Erklärung.«
    »Also, Wenbrit«, überlegte Fidelma, »was hältst du davon? Hast du eine andere Erklärung?«
    »Ich sage, daß Schwester Muirgel nicht in der Verfassung war, an Deck zu gehen, nicht bei dem Seegang, den wir in der Nacht hatten.«
    »In der Verzweiflung machen die Menschen manchmal ganz verzweifelte Sachen«, bemerkte Fidelma.
    »Diese Nonne aber nicht«, widersprach Wenbrit.
    »Also was meinst du?«
    »Ich sage, sie war zu krank, um sich von selbst zu bewegen. Die Kutte, die sie trug, hat ein gezacktes Loch und ist voller Blut. Wenn sie über Bord ging, dann nicht durch einen Unfall.«
    »Also was denkst du, was passiert ist?«
    »Ich meine, sie wurde getötet und dann über Bord geworfen!«
     

K APITEL 9
    Ein kurzes Schweigen trat ein, während Fidelma die Bedeutung dieser Entdeckung erwog.
    »Hast du dem Kapitän schon davon erzählt?« fragte sie schließlich.
    Wenbrit schüttelte den Kopf.
    »Nachdem ich gehört hatte, daß du dich im Recht auskennst, dachte ich, ich sollte lieber erst mit dir sprechen. Ich habe noch zu keinem anderen ein Wort davon gesagt.«
    »Dann rede ich mit Murchad. Es wird wohl klüger sein, wenn du den anderen nichts sagst. Laß sie alle in dem Glauben, daß Schwester Muirgel über Bord gespült wurde.« Fidelma hob die Kutte auf und untersuchte sie. »Die nehme ich mit«, entschied sie.
    Eine Sache gab ihr sofort ein Rätsel auf. Der zerfetzte Zustand der Kutte ließ vermuten, daß Schwester Muirgel mit einem Messer angegriffen und getötet worden war. Doch es klebte verhältnismäßig wenig Blut an der Kutte. Etwas schon, aber nicht die Menge, wie sie aus so schweren Wunden strömte, die man nach den Schnitten im Stoff vermuten mußte. Und wenn der Mörder Schwester Muirgels Leiche über Bord geworfen hatte, warum machte er sich dann die Mühe, ihr vorher die Kutte auszuziehen? Warum

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