08 - Tod Auf Dem Pilgerschiff
sehr geholfen.«
Bruder Tolas Augen zogen sich mißtrauisch zusammen, als Fidelma bewußt den letzten Satz hinzufügte. Sie hatte den leisen Verdacht, daß Bruder Tola nichts ferner lag, als ihr bei der Aufklärung von Schwester Muirgels Verschwinden zu helfen.
Sie wandte sich gerade ab, als ein neuer Ruf vom Mastkorb sie aufblicken ließ.
Da war das rätselhafte Fahrzeug, nun deutlich zu sehen! Sie war so mit Bruder Tola beschäftigt gewesen, daß sie nicht bemerkt hatte, wie dicht es herangekommen war.
Im Sonnenlicht des Nachmittags konnte sie manche Einzelheiten des sich nähernden Schiffes ausmachen: das niedrige viereckige Segel mit einem Zeichen darauf, etwas wie ein Blitzstrahl, eine Reihe von Rudern, die sich rhythmisch hoben und senkten, und in der Sonne glitzernde Gegenstände an der ihr zugekehrten Seite des Schiffes.
Sie eilte nach hinten zu Murchad, der das Fahrzeug mit finsterem Gesicht beobachtete.
»Bitte geh mit den Pilgern unter Deck, Lady«, begrüßte er sie.
»Was ist das für ein Schiff?«
»Ein angelsächsisches, nach der Bauart zu urteilen. Siehst du den Blitzstrahl auf dem Segel?«
Fidelma nickte kurz.
»Zweifellos Heiden«, fuhr Murchad fort. »Das ist das Symbol ihres Donnergottes Thunor.«
»Haben sie feindliche Absichten?« fragte Fidelma.
»Jedenfalls keine freundlichen«, erwiderte Murchad grimmig. »Siehst du die Reihe von Schilden über den Rudern und wie die Sonne auf ihren Waffen funkelt? Ich nehme an, sie wollen uns zur Prise machen, und wen sie nicht umbringen, der wird als Sklave verkauft.«
Fidelma spürte, wie ihr Mund trocken wurde.
Sie wußte, daß einige der angelsächsischen Königreiche noch immer heidnisch waren, trotz aller Anstrengungen der Missionare aus Éireann und aus Rom. Insbesondere die südlichen Angelsachsen hielten noch an ihren alten Göttern und Göttinnen fest und trotzten selbst den Missionaren aus den angelsächsischen Königreichen des Ostens und Nordens. Sie schluckte heftig, um den trockenen Geschmack loszuwerden.
»Geh nach unten, Lady«, wiederholte Murchad. »Dort bist du sicherer, wenn sie uns entern.«
»Ich bleibe hier und schaue zu«, erwiderte sie entschlossen. Sie konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen, als in der Dunkelheit unter Deck zu hocken und nicht zu wissen, was vorging.
Murchad wollte protestieren, aber als er den entschiedenen Zug um ihren Mund und ihr vorgeschobenes Kinn sah, gab er es auf.
»Na gut, aber bleib aus dem Wege, und wenn das Schiff dicht herankommt, dann geh unter Deck, ohne daß ich es dir noch einmal sagen muß. Beim ersten Angriff trübt ihnen die Mordlust den Blick, dann ist es ihnen gleich, ob Mann oder Frau.«
Ohne ein weiteres Wort wandte er sich zu Gurvan um und blickte zum Segel hoch.
»Wir halten den Kurs, bis ich es sage.«
Gurvan nickte nur kurz.
Fidelma stellte sich in die hinterste Ecke des Achterdecks und beobachtete das sich entwickelnde Schauspiel.
»Deck!« kam der Ruf vom Mastkorb. »Sie schließt heran.«
Das näher kommende Schiff drehte den Bug auf sie zu. Der Bug war hochgezogen und schnitt durch das Wasser, das nach beiden Seiten wegspritzte. Die Ruder hoben und senkten sich, das von ihnen abtropfende Wasser funkelte wie Silber. Sie konnte etwas wie eine Trommel schlagen hören. Aus der Erfahrung ihrer früheren Reise nach Rom wußte sie, daß auf Galeeren oft ein Mann mit einer Trommel den Rhythmus der Ruderer angab.
»Was schätzt du, Gurvan?« Murchad spähte hinüber. »Fünfundzwanzig Ruder je Seite?«
»Scheint so.«
»Ruder. Die verschaffen den Angelsachsen einen Vorteil uns gegenüber …« Murchad schien laut zu denken. »Andererseits könnte es auch bedeuten, daß sie sich beim Manövrieren auf kurze Entfernung nicht auf ihre Segelkunst verlassen. Vielleicht haben wir da einen Vorteil.«
Er blickte hoch zum Großsegel.
»Die Steuerbordfallen anziehen!« schrie er. »Sie sind zu locker.«
Je straffer das Segel, desto höher die Fahrt, doch der Wind konnte das Schiff auf die Seite drücken und kreuzenden Wellen aussetzen. Auch belastete es den Großmast.
»Kapitän, wenn der Wind nachläßt, sind wir ohne Ruder hilflos«, meinte Gurvan beunruhigt.
Da tauchte Wenbrit neben Fidelma auf.
»Gehst du nicht nach unten, Lady?« fragte er besorgt. »Die anderen sind alle unter Deck, und ich habe ihnen gesagt, sie sollen da bleiben. Hier wird es gefährlich.«
Fidelma schüttelte rasch den Kopf.
»Unten würde ich sterben, wenn ich nicht weiß, was
Weitere Kostenlose Bücher