08
schwanger.
Michael redete immer noch. Jeannie und Derik gingen weiter auf und ab.
Sinclairs Gesichtsausdruck war gelassen und gefasst, aber er warf mir immer wieder Blicke zu. Ich wusste, dass er wusste, dass ich mit den Gedanken woanders war. Wer könnte es mir verübeln?
Außerdem war ich mir sicher, dass Sinclair mich später, wenn wir allein waren, auf den neuesten Stand bringen würde. In der Zwischenzeit hatte ich, die Daphne der Untoten, ein Rätsel zu lösen.
Vorsichtig stupste ich den Autositz mit dem linken Zeh an und schob ihn vom Tisch weg in die Mitte des Raumes.
Wieder drehte Derik ab. Er senkte weder den Blick, noch sah er das Baby oder mich böse an. Er machte einfach einen großen Bogen um den schlafenden Kleinen. Jeannie hatte das Phänomen anscheinend ebenfalls nicht bemerkt, was mich nicht überraschte. Schließlich hatte sie gerade ein Familienmitglied verloren und dachte sicher an anderes.
Hmmmm.
„... weiß, wann die Zeremonie stattfinden wird", sagte Michael jetzt.
Ich horchte auf. Aha! Nun würde endlich das Geheimnis um das Beerdigungsritual der Werwölfe gelüftet. Verbrannten sie die Leiche auf einem Scheiterhaufen? Warfen sie sie in den Ozean? Äscherten sie sie ein und verteilten die Asche auf heiligem Moos? Oder begruben sie ihre Toten in Wolfsgestalt mit einem Jaulritual im gelben Licht des Vollmonds? Beerdigten sie sie in mit Kräutersaft getränkten Laken wie Mumien?
27
Alle starrten mich an. Wenn ich nicht schon tot gewesen wäre, wäre ich am liebsten gestorben. Ich hasse es, wenn ich denke, dass ich etwas denke, um dann herauszufinden, dass ich es laut ausgesprochen habe.
„Scheiterhaufen?", fragte Michael. „Jaulrituale?"
„So ein Scheiß", sagte Derik und warf die Hände in die Luft. „Denkst du wirklich, wir würden Antonia im Wald vergraben, als wäre sie ein Hundeknochen?"
„Woher soll ich denn wissen, was ihr tut?", blaffte ich zurück, während ich mich vorlehnte und Baby Jons Autositz näher an mich zog. „Deswegen sind wir ja hier. Um es auf eure Art zu machen. Aua!" Sinclair hatte mich unsanft gegen den Knöchel getreten. Wütend blitzte ich ihn an und wandte mich dann wieder Derik zu. „Tut mir leid. Muskelzuckungen."
„Mumien", murmelte Derik. „Leichenfeuer. Seebeerdigungen? Antonia war Presbyterianerin, ihr Schwachköpfe."
Ich war fast ein wenig enttäuscht.
„Mich kannst du beleidigen, wie du willst", sagte mein Mann so leise, dass er kaum zu verstehen war, „aber nicht meine Frau und Königin."
„Tja, welche von beiden bist du denn?", fragte Jeannie. Eiswürfel klickten, als sie ein Glas auffüllte. Ihr Ton war nicht unhöflich, nicht gemein. Halb scherzhaft, halb neugierig. „Bist du hier als Ehefrau oder als Königin?"
Hm. Hoffentlich hatten sie ein paar Stunden Zeit, denn das war eine lange Geschichte.
27
Liebes Ich,
vor fünfzehn Minuten hätte ich beinahe die Schande der fäkalen Inkontinenz erlitten.
Ich war in der Küche, starrte düster in den fast leeren Kühlschrank und fragte mich, ob ich vor dem Beginn meiner Schicht noch Zeit haben würde, beim Supermarkt vorbeizufahren.
Man kann sich ja vorstellen, dass das Leben mit Vampiren und dem Antichristen kein reines Zuckerschlecken ist. Genau genommen wohne ich nicht mit Laura zusammen.
Sie studiert an der Universität von Minneapolis und hat eine eigene Wohnung in Dinkytown. (So wird die Ansammlung von Häusern und Restaurants neben der Uni genannt. Wenn ich es recht bedenke, ist es nur folgerichtig, dass der Antichrist in Dinkytown lebt.)
Laura hat also eine eigene Wohnung, und ich vermute, dass sie die meisten Mahlzeiten dort einnimmt. Und da sie ja ein lebendiger Mensch ist, kauft sie auch Lebensmittel ein. Die sie dann in einem Kühlschrank aufbewahrt.
Unser Kühlschrank, der fast so groß ist wie der eines Restaurants, kann sich nicht so glücklich schätzen. Heute besteht sein Inhalt aus vier Flaschen Diät-Pfirsichlimonade (ich als Arzt rühre keine Diätprodukte an - genauso gut könnte man Benzin trinken), einer Schale Erdbeeren (die wie winzige, pelzige, rohe Kartof eln schmecken, da gerade keine Saison ist), zwei Bechern Sahne, einer halben Schachtel Godiva-Trüjfel (ohne nachzusehen wusste ich, dass Betsy bereits die Himbeersorten herausgefischt und sie mit Milch in einem der sechs Mixer püriert hatte), einer of enen Schachtel Backpulver, das nicht die Gerüche des Kühlschranks neutralisierte, was eigentlich seine Aufgabe war, vierzehn Wasserflaschen,
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