0801 - Ruine des Schreckens
hatte mich oft genug auf meine innere Stimme verlassen und war nicht enttäuscht worden.
Leider kehrte David Stern zurück. Zwangsläufig musste unser Gespräch versickern.
»Wo wollen Sie schlafen?«, fragte er, »In der Ruine oder hier draußen im Schatten der Mauer?«
»Am besten drinnen.«
»Dachte ich mir auch. Wir liegen wohl alle ziemlich nahe beisammen. Ich habe meinen Schlafsack dort ausgebreitet, wo auch Bill liegt. Im Moment liest er und trinkt eine Flasche Bier.«
»Der braucht Bettschwere«, sagte ich und stand auf. »Sie wecken mich, David?«
»Sogar pünktlich, denn dafür bin ich bekannt.«
»Dann bis später.«
Ich ging vor und Suko schlenderte mir langsam nach. Es war komisch, auch durch keine Vorfälle zu erklären, aber auch in mir breitete sich ein Gefühl aus, das wenig mit Schlaf oder Nachtruhe zu tun hatte. So ähnlich wie ich musste sich ein Vogel fühlen, der sich seinen Ruheplatz auf einer Hochspannungsleitung ausgesucht hatte.
Die Nacht hatte noch nicht richtig begonnen, sie war noch lang, sehr lang sogar.
Und sicherlich würde sie nicht so ablaufen, wie wir es uns vorgestellt hatten…
***
Zuerst hatte sich David Stern auf einen Stein gesetzt und außerhalb der Ruine in die blauschwarze Dunkelheit geschaut, Das war ihm auf die Dauer zu langweilig gewesen, auch wenn er festgestellt hatte, dass die angeblich so leere Wüste voller Geräusche steckte. Er hörte ein Schaben, Rasseln und Kratzen in seiner Nähe. Hin und wieder einen fernen Schrei oder ein fernes Heulen, das wie eine Botschaft des Schreckens aus der tiefen Wüste klang.
Dann war es ihm zu langweilig geworden. Außerdem hatte ihm die harte Sitzfläche nicht behagt. Er war aufgestanden und hatte sich auch an seine Pflichten erinnert. Als Wachtposten musste er seine Kreise ziehen.
Vielleicht wäre es sogar besser gewesen, wenn zwei Männer zusammen die Runden gedreht hätten. Das war nicht genau überlegt worden. Ändern konnte er es nicht, so machte er sich allein auf den Weg und nahm eine der beiden UZIs mit.
Er hängte die Waffe über seine Schulter, und kam sich schon komisch vor. Zwar konnte er mit einer Pistole oder einem Revolver umgehen, aber mit dieser kurzläufigen Maschinenpistole bewaffnet fühlte er sich doch mehr wie ein Soldat, was er auf keinen Fall sein wollte. Er lauschte dem Echo der eigenen Schritte, die ihm in der Stille ungewöhnlich laut vorkamen, auch deshalb, weil er über Gestein schritt.
Kälte kroch in seine Kleidung. Die Temperatur war rapide gefallen. Sie konnte sich um diese Jahreszeit sehr leicht dem Gefrierpunkt nähern und auch darunter fallen.
Bläulich schimmerte der Atem vor seinen Lippen. Der Himmel war schwarz und trotzdem hell. Ein sehr dunkler Untergrund, allerdings mit einem Meer von Sternen übersät und einem kalten Mond als Beobachter dazwischen.
Staub wölkte unter seinen Füßen. In der Ferne heulte ein Tier mit schrecklichen Tönen. Der Mann sah keinen unnatürlichen Lichtschein, hier war der Mensch eins mit der Natur, und das Einschalten einer Taschenlampe hätte er schon als Störung empfunden.
Die Mauern der alten Ruine blieben stets in seiner Nähe. Er glaubte, ihren Atem zu spüren, als er an ihnen vorbeischritt. Dabei war es nur die tagsüber aufgespeicherte Wärme, die das Gestein ausatmete.
Stern war froh, als er die Ruinen einmal umschritten hatte, ohne dass etwas geschehen war. Tief atmete er durch und holte dann einen seiner geliebten Zigarillos hervor. Die kleine Flamme des Feuerzeugs deckte er mit der Hand ab. Einige Male saugte er an dem braunen Stäbchen, blies den Rauch wieder aus und erfreute sich an dessen Würze. Er kam sich jetzt besser vor, nicht mehr so allein, denn einen Zigarillo zu rauchen, das sah er als etwas Vertrautes an.
Eine Stunde kann lang werden. Vor allen Dingen in der Wüste, der Nacht und wenn man allein ist. Dabei hätte Stern die Chance gehabt, seinen Gedanken nachzugehen, das versuchte er auch, aber er konnte sich auf seine Aufgabe hier nicht so recht konzentrieren, weil all seine Gedankengänge von einem anderen Gefühl überlagert wurden.
Von der Angst!
Zuerst wollte er es nicht wahrhaben und wäre, als er dann Bescheid wusste, beinahe auf halber Strecke stehen geblieben, doch er ging weiter, denn das war so etwas wie ein Fortschritt für ihn, um die Angst zu überwinden. Warum diese Furcht? Wer hätte ihm denn schon hier ans Leben gehen wollen? Er kannte keinen, auf die beiden Polizisten konnte er sich ebenso verlassen
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