0801 - Ruine des Schreckens
den Platz und gingen dorthin, wo auch der Jeep stand und wir die beiden Zelte aufgebaut hatten.
Noch war es nicht dunkel genug, um die Scheinwerfer oder Taschenlampen einzuschalten, aber zwischen uns herrschte plötzlich eine gewisse Spannung, die mir vorkam, als würden wir zu dritt den Israeli belauern, der versuchte, sich sehr natürlich zu geben und sich anbot, ein kleines Essen zu kochen.
Bill, der einige gymnastische Übungen machte, fragte: »Was hast du denn anzubieten?«
»Du kannst wählen zwischen Reis mit Lamm oder Lamm mit Reis.«
»Ich nehme das erste«, sagte er grinsend. »Okay.«
Wir hatten einen kleinen Spirituskocher mitgebracht. Dosen ebenfalls, auch Wasser, um Kaffee zu kochen, und ich dachte an das Sprichwort, dass zu viele Köche den Brei verderben. Ich wollte nicht der Koch zu viel sein und zog mich zurück.
Als einsamer Wanderer ging ich im Schatten der Nordmauer entlang.
Von dieser Stelle aus hatte ich einen wunderbaren Blick über das Land, auch in die Richtung, aus der wir gekommen waren. Sie breitete sich als graue, hügelige, karge Wüstenebene vor mir aus. Eine schon deprimierende Leere, so weit das Auge reichte. Das war der Blick in die tiefste Einsamkeit hinein, und ich wurde eigentlich nur an die Zivilisation erinnert, weil hoch über mir zwei Düsenjets brausten und ihre lauten Geräusche über das Land schickten.
Ein leeres Land, gleichzeitig ein Land mit Geschichte. Ein Land der Ursprünge und Religionen, obwohl es auf mich einen so vergessenen Eindruck machte. Ein Tier huschte in der Nähe vorbei. Irgendeine kleine Echse, die rasch in einem Felsspalt verschwand.
Ich war ein Mensch, der sich oft für den Himmel interessierte. Mal faszinierte das Spiel der Wolken, die immer wieder neue Gebilde schaffen konnten, und auch an diesem einsamen Wüstenabend schaute ich in die Höhe, um das Schauspiel zu erkennen, das sich über meinem Kopf abzeichnete.
Der Tag verabschiedete sich. Die Sonne kämpfte noch als dunkel glühender Ball dagegen an. Sie schickte jetzt ihr rotes Licht als lange Streifenzungen in die Dämmerung hinein, die sich lautlos in breiten Schattenformationen näherten. Zu vergleichen mit einem unheilvollen Raubtier, das alles fraß, was sich ihm in den Weg stellte. Die Temperatur war merklich gesunken. Nach der Hitze fror ich etwas, und unter mir, wo höhere Felsen standen, verschmolzen sie bis weit über die Hälfte hinweg schon mit dem Schatten der heranziehenden Dunkelheit. Nur ihre oberen Teile waren zu sehen. Sie sahen aus, als würden sie über dem Boden schwimmen, getragen von der Finsternis.
Das allerletzte Rot der Sonne gab dem Himmel einen breiten Streifen, als hätte jemand die blutige Klinge eines Schwertes in die hereinbrechende Finsternis geschlagen, um diese in zwei Hälften zu teilen. Auch auf dem Boden verteilte sich der Schein und hauchte das Gestein mit seinem Schleier an.
Es war kein Bild für Romantiker, dafür fehlte einfach zu viel als Beilage. Es gab kein Grün, keine Bäume, aber es gab Licht, dass ich aus dem Augenwinkel wahrnahm.
Ich drehte mich nach rechts und stellte fest, dass einer der beiden Scheinwerfer eingeschaltet worden war. Ich roch auch bereits das Essen, das in einem mitgebrachten Topf auf dem Kocher aufgewärmt wurde.
»He, du Faulpelz. Komm essen!«
Bill hatte nach mir gerufen. Ich ging zu meinen Freunden. Die mit Stoff bespannten Klapphocker bildeten eine Runde zwischen den beiden Zelten.
Ich nahm auf dem freien Hocker Platz und schaufelte mir Reis und Lamm auf den Teller.
Ein Gericht, das gut gewürzt war. Aus der großen Kühlbox zog Bill mit einem Grinsen auf dem Gesicht vier Dosen Bier hervor. »Das, denke ich, haben wir uns verdient.«
Niemand widersprach, denn in unseren Kehlen lag der Staub wie ein dicker Teppich.
Das Bier war kalt, und es schmeckte. Wir sprachen kaum, während wir aßen und tranken. Auch David Stern sagte nichts. Er hielt zumeist den Kopf gesenkt und beschäftigte sich mit seinem Essen. Nur hin und wieder warf er mir, so glaubte ich jedenfalls, einen etwas misstrauischen Blick zu.
Es wäre auch nicht verwunderlich gewesen. Letztendlich hatte ich ihn ja etwas gereizt, aber es war mir nicht gelungen, ihn aus der Reserve zu locken.
Falls er mit dem Mossad einen Pakt geschlossen hatte, musste er irgendwann mit ihm Verbindung aufnehmen und Bericht erstatten. Ich kannte die Spielregeln und wartete darauf. Bisher war es noch nicht geschehen, doch die Nacht lag vor uns, war noch lang, und ich
Weitere Kostenlose Bücher