0801 - Ruine des Schreckens
stand fest. Obwohl ich an diesem Geschehen nicht direkt beteiligt gewesen war, stufte ich es doch als gefährlich ein. Da hatte sich etwas zusammengebraut, und meine Gedanken drehten sich plötzlich nicht mehr um das Erlebte, sondern um die Person, die draußen die erste Wache ging.
Hatte das Zeichen David Stern gegolten? Oder war er davon ebenfalls überrascht worden?
Es war schon seltsam, denn plötzlich fühlte ich keine Müdigkeit mehr.
Still war die Nacht nicht. Ungewöhnliche Geräusche umgaben mich. Irgendwelche Tiere konnten aus ihren Löchern gekrochen sein und verursachten das Schaben, Schleifen und Kratzen. Das alles störte mich nicht.
Ich riss den Reißverschluss auf, um den Schlafsack in zwei offene Hälften zu teilen.
Ich dachte darüber nach, ob ich meine Freunde wecken sollte, nahm jedoch davon Abstand und ließ sie weiterschlafen.
Ich kroch aus dem Schlafsack hervor und bewegte mich dabei so leise wie möglich. In der Kälte der Nacht überkam mich ein leichtes Frösteln, deshalb griff ich nach der Jacke und streifte sie über. Es gab in dieser Umgebung mehrere Ausgänge, durch die ich hätte verschwinden können. Ich entschied mich für den am nächsten gelegenen, der sich als hellere Öffnung innerhalb des Mauerwerks abmalte, weil das fahle Licht der Gestirne ihn nachzeichnete.
Über Bills Schlafsack stieg ich hinweg und schaute kurz auf sein entspanntes Gesicht. Bill lag auf dem Rücken, er war in einen Tiefschlaf gefallen.
Ich ging einige Schritte weiter und blieb innerhalb der Öffnung stehen.
Was mich davon abhielt, noch weiter zu gehen, wusste ich selbst nicht.
Vielleicht war es einfach die Routine, die mich so handeln ließ, das Wittern und Wissen um eine mögliche Gefahr.
Ich konzentrierte meine Sinne wieder auf die geheimnisvoll klingenden Geräusche und dabei darauf wartend, etwas Fremdes herauszuhören.
Das war nicht der Fall.
Es blieb normal still.
Und doch hatte mich etwas gestört und auch unbewusst dafür gesorgt, dass ich mich eben so verhielt. Ich kam erst jetzt darauf, was es gewesen war. Ich vermisste die Trittgeräusche des David Stern.
Er hätte seine Runden drehen müssen, und dies schaffte er bei dieser Bodenbeschaffenheit einfach nicht lautlos, aber davon drang nichts an meine Ohren.
Es gab zwei Möglichkeiten für eine Lösung. Entweder hatte er seinen Platz verlassen, was ich nicht so recht glauben wollte, oder er war nicht mehr in der Lage, die Runden zu drehen, und dies wiederum ließ einen Schauer über meinen Rücken sickern, der sich zu einem dichten Gefühl der Angst zusammenballte.
Wenn die zweite Möglichkeit zutraf, waren wir von Feinden umgeben, und wir hätten eigentlich damit rechnen müssen, obwohl wir auf unserem Weg hierher niemand gesehen hatten.
Welche Feinde?
Ich dachte an das Gesicht am Himmel und auch daran, dass es möglicherweise die negativen Kräfte angelockt haben könnte. Schließlich bewegten wir uns in diesem Fall auf ziemlich dünnem Eis, aber diese Theorien schob ich zurück. Für mich war zunächst einmal wichtig, dass ich David Stern endlich fand.
Nach dem Verlassen der Ruine hatte ich den Eindruck, von der Wüstennacht verschluckt worden zu sein. Ich wurde zu einem Teil derselben, ich bewegte mich vorsichtig, nicht geräuschlos, aber ich war auf der Hut, als würde ich durch einen finsteren Tunnel gehen.
Die Lampe wollte ich nicht einschalten, denn ich hätte dabei ein zu gutes Ziel abgegeben.
Also im Dunkeln weitergehen.
Schritt für Schritt hineintauchen in die blauschwarze Finsternis, die nur an gewissen Stellen vom Silberstreif der Sterne erhellt wurde. Ich kam auch gut weiter, ohne dass ich angegriffen wurde, und hielt mich dabei im Schatten der Mauerreste.
Sie schwiegen mich an und schienen trotzdem mit mir Kontakt aufnehmen zu wollen, denn sie atmeten noch immer die gespeicherte Wärme des vergangenen Tages aus.
Ich hatte meine Augen überall. Der Drang, den Journalisten zu entdecken, verstärkte sich immer mehr. Auf meinem Hals lag das Kribbeln ebenso wie auf dem Rücken.
Weit über mir blinkte das Licht der Sterne. Es war so kalt und abweisend, überhaupt nicht freundlich. Möglicherweise fehlte mir in dieser Nacht auch der Sinn für Romantik, denn ich war innerlich mehr auf eine Gefahr eingestellt.
Sie erwischte mich noch nicht, sie zeigte sich nicht, sie hielt sich ebenso zurück wie David Stern.
Kein Schritt, kein Atem seinerseits. Je weiter ich mich voranbewegte, umso mehr verdichtete sich das
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