0806 - Der Marsianer und der MV
versuchen, ihm zu helfen."
„Dalaimoc ist stärker als wir beide zusammen, Tatcher", erwiderte Tschubai.
„Möglicherweise ist sein seltsames Verhalten eine Reaktion auf den Angriff der Kleinen Majestät.
Kommen Sie, wir teleportieren auf den nächsten Wohnturm. Von dort aus haben wir einen guten Überblick über die Stadt."
Ohne eine Antwort von mir abzuwarten, ergriff er meine Hand. Im nächsten Augenblick standen wir auf der Gleiterplattform eines hohen Wohnturms. Hier waren bis zum Verschwinden der Menschheit die robotisch gesteuerten Personengleiter gelandet und gestartet. Drei von ihnen befanden sich noch hier.
Einer war gegen die Pfortenkuppel des Hauptlifts geprallt, hatte sich überschlagen und lag mit geborstener Kanzel auf dem fluoreszierenden Glasfaserbetonbelag.
Offenbar hatte er sich gerade im Landeanflug befunden, als nach dem Verschwinden der Menschheit die Robot-Fernsteuerung ausgefallen war.
Im Belag klafften einige Risse, die Auswirkungen der Beben, die mit oder nach dem Durchgang der Erde durch den Schlund des Mahlstroms und dem Ausfall der globalen meteorologischen und geologischen Kontrolle aufgetreten waren.
Sie hatten am meisten dazu beigetragen, daß die verlassenen Städte dem Verfall preisgegeben waren, denn das Baumaterial wäre ohne erhebliche äußere Einwirkungen für viele Jahrhunderte gut gewesen.
Ras Tschubai ließ meine Hand los und ging zum Rand der Dachplattform. Ich folgte ihm bis zum Absperrungsnetz, das infolge seiner Elastizität alle Beben heil überstanden hatte.
Früher war es nur eine zusätzliche Sicherung gewesen, denn die Plattform war von einer Prallfeldbarriere abgesichert, aber nach dem Ausfall aller Energiesysteme stellte es den einzigen Schutz vor einem Sturz in die Tiefe dar.
Ich sah, wie es in Ras' Gesicht arbeitete und folgte seinem Blick mit den Augen.
Unter uns und rings um uns erstreckte sich ein Meer von verlassenen, teilweise geborstenen und eingestürzten Bauwerken. Von der Wüste Gobi hereingewehter Sand hatte sich über Trümmerhaufen zu Dünen geformt.
Von den Parks drangen die Pflanzen, in erster Linie Gräser und Sträucher, unaufhaltsam in die toten Bauten der Menschen vor. Aus Rissen im Straßenbelag wucherte Gras.
In eingesunkenen Straßenteilen hatten sich Tümpel gebildet.
Es war ein trostloser Anblick.
Und weit draußen, im Westen der toten Stadt, ballte sich ein Sandsturm zusammen, schickte seine Ausläufer hoch in die Atmosphäre und würde bald die Sonne Medaillon verdunkeln.
Ras Tschubai sank auf die Knie und kämpfte um seine Selbstbeherrschung. Ich vermochte mich nicht zu rühren. Es wäre zudem sinnlos gewesen, Ras trösten zu wollen. Sein Schmerz war berechtigt, und er mußte durch ihn hindurchgehen, wie durch alles, was das Leben brachte.
Plötzlich war da ein Flüstern.
Ich lauschte angestrengt, konnte aber nicht verstehen, was geflüstert wurde.
Langsam, auf alles gefaßt, drehte ich mich um.
Doch ich sah nichts außer dem Bild, das sich mir schon vorhin geboten hatte.
Nachdenklich schaute ich an mir herab, denn ich erinnerte mich daran, daß Sagullia Et im Zusammenhang mit seinem Amulett von einem unverständlichen Flüstern gesprochen hatte.
Und tatsächlich war es mir, als hätte sich das rötliche Leuchten der Reliefscheibe verstärkt.
Was bedeutete das? Drohte uns Gefahr?
Ich wußte es nicht und wollte Ras nichts sagen, um ihn nicht zu beunruhigen.
Nach einer Weile erhob sich Ras wieder. Als er mir sein Gesicht zuwandte, bemerkte ich die Veränderung, die darin vorgegangen war. Die Gesichtszüge glichen schwarzem Fels, und die Augen funkelten in der ruhigen Entschlossenheit eines Mannes, der weiß, daß der Weg zum Ziel weit ist und in erster Linie Geduld von ihm verlangt.
„Wir müssen Dalaimoc suchen, Tatcher!" erklärte er. „Vorher dürfen wir es nicht wagen, zum Becken von Namsos zu gehen."
„Aber wo sollen wir ihn suchen?" fragte ich ratlos.
Ras legte mir eine Hand auf die Schulter.
„Sie kennen Ihren Partner viel besser als jeder andere Mensch. Ich bin davon überzeugt, daß Sie sich in seine Gefühle versetzen und dadurch herausfinden können, wohin es ihn gezogen hat."
„Sie glauben nicht mehr an einen Angriff der Kleinen Majestät, Ras?" Er schüttelte den Kopf. „Jetzt nicht mehr, Tatcher. Wäre es ein Angriff, könnten wir nicht unbehelligt hier oben stehen.
Ich denke, daß Dalaimoc seine Parakräfte unkontrolliert einsetzte und damit den Funkverkehr unterband."
Er schaltete
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