0806 - Der Voodoo-Club
war ihm geworden. Die Waffe steckte nicht mehr in seinem Gürtel. Er hatte sie hervorgeholt und in die rechte Hand genommen. In dieser Haltung blieb er zunächst sitzen.
Sie trommelten noch.
Er starrte gegen die dunkle Wand.
Es war kaum zu erkennen, daß sie aus Bäumen, Unterholz und Farnen bestand. Sie schien sich aus dichten Schatten zusammenzusetzen, die keinen Durchschlupf boten.
Dan Gabor wußte, wie trügerisch dieser Gedanke war. Der tropische Regenwald bot zahlreiche Verstecke, aber auch Pfade, die meist nur den Einheimischen bekannt waren.
Tat sich da etwas?
Bewegte sich da was in der Wand?
Er glaubte, es sehen zu können. Etwas Helles, Glänzendes schaute hervor. Leider war seine Form zu verschwommen, um ihn etwas Genaues sehen lassen zu können.
Ein Gesicht?
Gabor preßte die Lippen zusammen, als er daran dachte. Sein rehbraunes Gesicht zeigte eine Kälte, die sich auch in den schwarzen Augen wider fand. Gabor war Schwarzer, deshalb hatte er auf der Insel auch zahlreiche Vorteile genossen, doch das Vertrauen in ihn war verloschen. Er hatte sich nicht richtig benommen. Er war aufgefallen, und das konnte einfach nicht gut gehen. Da waren die anderen besser gewesen.
Der Jeep bot ihm keinen Schutz. Während er nach links schaute, glitt er nach rechts aus dem Fahrzeug und duckte sich dabei sehr tief, denn nach Möglichkeit sollte ihn niemand sehen, auch wenn dies mehr als unwahrscheinlich war.
Neben dem Jeep blieb er hocken.
Um ihn herum waren Schatten, und der Mann selbst war zu einem Schatten geworden.
Er konzentrierte seinen Blick auf die Stelle des Regenwaldes, wo er geglaubt hatte, so etwas wie ein Gesicht entdeckt zu haben.
Nichts zu sehen.
Nur Dunkelheit…
***
Die Gerüche drangen besonders intensiv in seine Nase, weil er seine Sinne so angestrengt hatte. Er nahm Aromen wahr, die ihm sonst nicht aufgefallen waren. Zum Teil betörend in ihrem Duft, auf der anderen Seite wieder faulig und nach Grab, Vergänglichkeit und auch Moder riechend.
Kein Vogel tobte durch die dichten Bäume. Kein anderes Tier schrie oder klagte.
Nur die Voodoo-Trommeln sorgten für eine Untermalung, die schaurig genug war. Sie schienen von überall her zu kommen, ihr Echo war kaum zu orten.
Nicht nur den Revolver trug Gabor bei sich. Auch ein Messer steckte in einer Scheide. Eine Machete wäre ihm zwar lieber gewesen, doch man konnte nicht alles haben.
Er duckte sich noch tiefer und schlich los. Nicht direkt in den Dschungel, der Mann umging sein eigenes Fahrzeug am Heck, weil er an der Rückseite der Hütte in den Wald gelangen wollte, wo er einigermaßen gute Verstecke fand.
Leise konnte er nicht gehen. Aber er war erfahren und wußte, wie er auftreten mußte, um so wenig Geräusche wie möglich zu machen.
Sein Blick wechselte immer wieder, die Gefahr konnte überall lauern.
Nichts passierte.
Sie waren da und ließen ihn an der langen Leine laufen. Sie wollten es auskosten, ihn endlich in der Falle zu haben. Ein widerlicher Fäulnisgestank wehte ihm entgegen. Hinter den Häusern befanden sich die Fäkaliengruben. Wenn der Wind ungünstig stand und die Luft drückte – beides war hier der Fall – war der Gestank so intensiv, daß er Angst hatte, sich übergeben zu müssen.
Das war nicht mehr seine Welt. Er war zwar in Port-au-Prince, der Hauptstadt geboren, doch das lag mehr als dreißig Jahre zurück, und gern daran erinnern wollte er sich auch nicht.
Er ließ die Fäkaliengruben links liegen. Es gab hier einen sehr schmalen Pfad, der durch zwei kleine Gärten führte, in den Regenwald eintauchte und schließlich an den großen Zuckerrohr-Plantagen auslief, auf den die Menschen hier beschäftigt waren.
Diesen Weg mußte er nehmen. Es war zwar nicht die ideale Lösung, denn er war auch vielen anderen bekannt, aber er brachte ihn zumindest weg, und das allein zählte.
Die Nacht verschlang ihn.
Sehr bald auch der Dschungel mit seinem dichten Wirrwarr an Schatten, die sich erst bei genauerem Hinsehen als Lianen oder ähnliches Blattwerk hervorkristallisierten, klebrig waren und nach ihm griffen. Nicht er allein trug Schuld an den Geräuschen. Durch sein Laufen hatte er die Tiere der Nacht wieder aufgeschreckt. Sie fühlten sich gestört, sie huschten plötzlich wieder los, und des öfteren sah er in seiner greifbaren Nähe böse Augen funkeln.
Zum Glück erfolgte kein Angriff aus dem Hinterhalt. Er konnte seinen einmal eingeschlagenen Weg weitergehen und spürte auf dem Rücken wieder den Schweiß,
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