0807 - Universität der Dämonen
davon.
Es mochte an Dumuels Manipulationen liegen, dass Zamorra unbeeindruckt blieb. Dennoch, neugierig war er.
Schließlich erhob er sich, nickte Cora zu und begann, an den Regalreihen entlang zu schlendern. Die Studentin begleitete ihn nicht, sie wirkte konzentriert, nach innen gerichtet. Zamorra konnte das nur zu gut verstehen.
Zuerst durchstreifte er das Labyrinth der Regale etwas ziellos. Beiläufig ließ er seine Finger über die zumeist ledernen Einbände der Bücher streifen.
Er blieb einen Moment stehen, als er bemerkte, dass ein Benutzer ein Buch falsch herum, mit dem Rücken nach innen, in das Regal gestellt hatte. Beinahe automatisch griff Zamorra nach dem Band, um den Fehler zu korrigieren.
Ein scharfer Schmerz ließ ihn zusammenzucken.
Blitzartig zog er seine Hand zurück und sah mit Schrecken die blutigen Druckstellen an seinen Fingern. Irgendetwas hatte ihn gebissen, und das auch noch ausgesprochen kräftig.
Der Schmerz hatte die Wolke um seinen Kopf durchdrungen und ihm kurzzeitig Klarheit seiner Gedanken beschert. Sobald der Schmerz nachließ, kehrte das wattige Gefühl wieder zurück.
Zamorra betrachtete das Buch misstrauisch, dann streckte er ihm die andere Hand entgegen, bereit, sie sofort wieder zurückzuziehen.
Und tatsächlich! Das Buch neigte sich blitzartig aus dem Regal, öffnete sich etwa zur Hälfte und schnappte nach Zamorras Fingern!
Der Professor konnte schnell genug reagieren, die Attacke des gefräßigen Werkes ging ins Leere.
Schimmerten da Zähne zwischen den Seiten hervor? Jetzt war nichts mehr zu erkennen, denn das hinterhältige Buch hatte sich wieder ins Regal zurückgezogen und wirkte harmlos.
Zamorra wusste ja, dass dies keine normale Bibliothek war. Dies war eine Universität der Hölle - und es durfte kaum jemanden verwundern, wenn sich die Bücher entsprechend verhielten.
Zamorra versenkte die verwundete Hand in seiner Hosentasche und schritt weiter das Regal entlang.
Es dauerte nicht lange, bis ein anderes Werk seine Aufmerksamkeit erregte. Erst wollte er seinen Augen nicht trauen, dann aber gab es keinen Zweifel mehr: Seine eigene Doktorarbeit stand hier im Regal!
Als er sie zur Hand nahm - sie verhielt sich ausgesprochen zahm und zutraulich -, stiegen wieder Erinnerungen in ihm hoch, nicht zuletzt an durchwachte Nächte, die er mit dem Verfassen des Werkes zugebracht hatte.
Es gab nur noch wenige Printausgaben des Buches, und vieles darin war veraltet, doch selbst in dieser dämonischen Bibliothek war es ein gutes Gefühl, das alte Buch noch mal in die Hände zu nehmen und sich daran zu erinnern, wie viel Kraft ihn damals diese Arbeit gekostet hatte.
Der Einband wirkte sehr abgegriffen. Es schien, als würden die Dämonen dieses Buch des Öfteren zur Hand nehmen, wohl in der Hoffnung, daraus Erkenntnisse im Konflikt mit ihm gewinnen zu können.
Auf dem Buchrücken gab es ein verblassendes Schwarzweißfoto des Autors, mit einem deutlich längeren Haarschnitt als heute. Rösen hatte das Buch offenbar nicht gelesen, sonst hätte er nicht nach Zamorras Vornamen gefragt, denn hier stand er groß und fett gesetzt.
Zamorra schob das Buch zurück ins Regal. Er seufzte, ließ den Blick erneut die Reihen entlang wandern und wünschte sich, zu einem anderen Zeitpunkt und besseren Umständen einmal wieder die Zeit zu finden, sich in alten Bibliotheken umzutun, ohne direkt nach etwas Bestimmten suchen zu müssen. Einfach nur sich treiben lassen in dieser Ansammlung an Wissen und Meinungen aus Hunderten von Jahren, wie in einem Strom, der ihn mal in die eine, mal in die andere Richtung zog.
Dazu hatte es in den letzten Jahren viel zu selten Gelegenheit gegeben. Und hier… hier und jetzt waren weder Ort noch Zeit dafür.
Er war immer noch ein Gefangener dieser höllischen Universität, und es galt, sich aus ihr zu befreien.
Zamorra wandte sich ab und kehrte zu Cora zurück.
***
Dumuel erschien bald wieder auf der Bildfläche. Er hielt sich nicht mit langen Vorträgen auf - für einen Hochschullehrer eine eher ungewöhnliche Verhaltensweise -, sondern griff Zamorra an der Jacke, um ihn aus dem Raum zu zerren.
Dieser ließ alles scheinbar willenlos mit sich geschehen. Cora blieb zurück. Erst hatte sie Zamorra begleiten wollen, doch eine scharfe Zurechtweisung Dumuels hatte sie stoppen lassen. Zamorra hatte ihr aufmunternd zugeblinzelt.
Dumuel führte ihn erneut durch die dunklen Gänge der dämonischen Lehrstätte, bis er in einem Raum ankam, der an das
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