081 - Die geraubte Mumie
Dorian konnte die Namen nicht verstehen, die nun folgten. Die Namen, welche die Mumie genannt hatte, waren in seinen früheren Leben einst seine gewesen; sogar die Reihenfolge stimmte.
Das Gemurmel wurde zu einem hohen, schrillen Kreischen, und die gnostische Gemme mit dem Abraxas zerschmolz zu einem formlosen Metallklumpen.
Die Mumie wollte weiter auf den Steinzeitmann losgehen. Dorian riß sie kräftig am Arm.
Er taumelte zurück, den Arm in der Hand, der sich wie ein durch und durch morscher Ast vom Körper gelöst hatte. Dorian spürte Hitze und Schmerz. Er ließ den Arm und das Band, an dem die zerschmolzene gnostische Gemme baumelte, mit einem Aufschrei fallen.
In seinen Handflächen hatten sich große Brandblasen gebildet. Der Mumienarm fing zu flimmern an, und vor Dorians Augen begann er sich in Staub aufzulösen.
Die Mumie blieb stehen, zwei Schritte vor dem Cro Magnon. Das schrille Kreischen war verstummt. Die goldene, kreuzähnliche Grabbeigabe entfiel der einen bandagierten Hand der Mumie und polterte dumpf auf den Boden. Nun zeigte der ganze Mumienkörper Zerfallserscheinungen. Staub stieg auf, legte sich wie eine Wolke um den Mumienkörper und den smaragdäugigen Kopf mit der Mitra.
Dorian kamen die Staubpartikel nicht geheuer vor. Er sah, wie Phillip zurückwich und wie ein Schlafwandler auf die nach oben führende Treppe zuging. Der Staub bewegte sich, als hätte er ein eigenes Leben. Er wurde immer dichter.
Die Staubpartikel des Mumienarmes begannen schon, sich auszubreiten. Sie erschienen auf Dorian wie bösartige kleine Parasiten, die den Tod bringen konnten.
Der Dämonenkiller ging zu Cro Magnon und rüttelte ihn am Arm.
„Los! Komm mit mir! Weg von hier!"
Der Steinzeitmann beachtete Dorian nicht. Als der Dämonenkiller ihn wieder schüttelte, schleuderte Cro ihn mit einer Armbewegung gegen die Wand.
Dorian krachte hart mit dem Rücken gegen die Mauer und bekam im ersten Moment keine Luft.
Cro Magnon stand starr auf der Stelle und fixierte die Mumie und ihren Todesstaub. Sie zerfiel zusehends. Schon waren die Konturen des bandagierten Körpers und des mumifizierten Kopfes nur noch ganz verschwommen zu erkennen. Die grünen Smaragdaugen gleißten durch den Staub.
Phillip hatte nun die Treppe erreicht und verschwand nach oben. Der Staub des Mumienarms zog in den Hintergrund des prunkvollen Kellergewölbes. Mehr und mehr breitete sich die Wolke aus weißen und gelblichen Staubpartikeln aus.
Dorian machte einen zweiten Versuch, den Steinzeitmann zum Mitgehen zu bewegen. Er nahm die goldene Grabbeigabe, die der sich auflösenden Mumienhand entfallen war, und drückte Cro Magnon das massive, schwere Goldkreuz in die Hand.
Die Hand des Steinzeitmannes schloß sich darum. Der Cro Magnon schaute sich um, als erwachte er aus einem Schlaf oder einer Betäubung.
„Los! Komm endlich!" sagte Dorian. „Wir müssen raus hier!"
Er ging ein paar Schritte auf die Treppe zu, und der Cro Magnon folgte ihm, wobei er einen Bogen um den Mumienstaub machte.
Dorian wußte nicht, ob er ihn verstanden oder den Sinn seiner Worte begriffen hatte oder ob er es von sich aus für besser hielt, von dem Mumienstaub wegzukommen.
Dorian ließ den Steinzeitmann vorangehen. Er blieb noch einige Augenblicke an der Treppe stehen und sah sich um. Der Staub erfüllte nun den ganzen prunkvollen Kellerraum.
Dorian lief die Treppe hinauf und schloß die Tür hinter sich. Er lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Phillip und der Cro Magnon standen vor ihm im Flur. Der Hermaphrodit hatte die Hand auf den Arm des Steinzeitmannes gelegt, der noch immer die goldene Grabbeigabe hielt.
Der schwarzhaarige und schwarzbärtige Hüne mit dem nackten, muskelstrotzenden Oberkörper benahm sich jetzt ganz friedlich. Dorian war erleichtert. Mit einem rasenden Cro Magnon wollte er es nicht auch noch zu tun haben.
„Wir müssen sehen, daß wir aus dem Haus kommen", sagte Dorian. „Ich traue diesem Mumienstaub nicht. Wir wollen lieber aus sicherer Entfernung beobachten, was geschieht."
Er wußte nicht, daß die Anhöhe bereits von den seuchenzerfressenen Kreaturen des Gevatter Tod umstellt war.
Don Juan und zwölf andere, von Seuchen zerfressene Kreaturen führten Coco und Jeff Parker durch die Berge. Jeff wankte und stöhnte. Coco konnte ihm nicht helfen. Entsetzt beobachtete sie, wie an Jeff Parkers Körper blutunterlaufene Beulen aufbrachen. Seine Haut nahm eine düster-blaue Schattierung an, und er rang nach Luft. Der Schwarze
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