0810 - Homo sapiens X7
war offenbar durch eine Energiebarriere abgeschirmt, die die Helligkeit nicht über die von ihr gebildete Grenze hinausdringen ließ.
Kershyll Vanne brauchte ein paar Sekunden, bis seine geblendeten Augen weitere Einzelheiten wahrnahmen.
Er vermutete, daß die Lichtquelle in der Senke der letzte Hinweis auf eine nukleare Katastrophe war, die sich hier einst ereignet hatte. Es war aber auch denkbar, daß es sich um einen kontrollierten atomaren Prozeß handelte.
Darauf ließ ein mächtiger Ring schließen, der sich rund um die Senke aufwölbte.
Vanne hielt es für müßig, länger darüber nachzudenken, entscheidend war schließlich, daß es eine Lichtquelle gab, die die Umgebung sichtbar werden ließ.
Was Vanne zu sehen bekam, war über alle Maßen phantastischer als das, was er jenseits der Ebene angetroffen hatte, obwohl beide Komplexe derselben Kultur entsprangen.
Rund um die Senke verliefen Furchen unterschiedlicher Breite und Länge. Sie bildeten ein geometrisches System, das zweifellos einen Sinn besaß. Zwischen diesen Rill'en, vor allem an den Schnittpunkten, gab es Hunderte, nein, Tausende haubenförmiger Erhebungen, die mit antennenähnlichen Auswüchsen ausgerüstet waren. Diese Antennen wurden hin und her geschwenkt, andere drehten sich um die eigene Achse oder besaßen kreiselnde Anhängsel.
So entstand der Eindruck, als sei das gesamte Land in unablässiger Bewegung.
Außerhalb des Furchensystems standen größere, massig wirkende Gebilde, die jedoch bereits im Halbdunkel lagen und keine festen Konturen zu besitzen schienen.
Erst jetzt bemerkte Vanne, daß die Scheibe über der Senke kreiste, als warte sie auf weitere Anweisungen von der unbekannten Kontrollanlage.
Vanne erinnerte sich wieder an den zweiten Passagier und stellte fest, daß das Pelzwesen noch immer am Rand der Maschine hing. Früher oder später würden die Kräfte des Unglücklichen erlahmen, dann mußte er abstürzen.
Vanne hoffte, daß die Maschine zuvor landete.
Der Sinn seines Aufenthalts auf Nachtfalter blieb ihm weiterhin verborgen, ja er war nach dem Zusammentreffen mit dem menschenähnlichen Wesen, das Interkosmo gesprochen hatte, noch rätselhafter geworden.
Woher kam dieser Fremde? Die Antwort konnte eigentlich nur lauten, daß es sich ebenfalls um einen von ES abgegebenen Körper handelte. Aber der andere hatte offenbar von Vannes Existenz gewußt, was umgekehrt bis zum Augenblick der Begegnung nicht zugetroffen hatte.
Vanne wußte, daß vor ihm und den sechs anderen bereits andere Bewußtseine willkürlich ausgestoßen worden waren.
Sie waren an bestimmten Bezugspunkten materialisiert, ohne etwas über ihre Herkunft oder ihre wahre Identität zu wissen. Allmählich hatte ES diesen Vorgang immer besser unter Kontrolle gebracht, so daß Vanne von sich behaupten konnte, der erste gewollt abgegebene Bewußtseinskomplex zu sein.
Eine Frage drängte sich ihm auf. Wieso schickte ES die zwanzig Milliarden Menschen nicht wieder zur Erde?
Existierte die Erde nicht mehr?
Oder mußte ES aus bestimmten Gründen vorsichtig operieren?
Vannes Überlegungen wurden jäh unterbrochen, denn die Flugscheibe, auf der er sich befand, setzte zur Landung an.
Sie glitt jetzt aus dem Bereich des Furchensystems hinaus und flog dicht über jenen im Halbdunkel liegenden Gebilden, die Vanne schon vorher gesehen hatte. Er nahm an, daß es sich um Gebäude oder Maschinenanlagen handelte.
Das Rotorrad setzte auf. Vanne hörte das Pelzwesen einen Schmerzensschrei ausstoßen.
Mit einem gewaltigen Satz sprang Vanne von der Scheibe, bereit, sich sofort zur Flucht zu wenderr, wenn es sich als notwendig erweisen sollte. Der erwartete Angriff blieb jedoch aus. Vanne hörte das Pelzwesen wimmern. Er wartete, daß sich seine Augen besser an das Halbdunkel gewöhnten. Von seinem Platz aus war das atomare Glühen in der Senke nur undeutlich zu sehen, am Himmel sah es aus wie die Lichter einer fernen Großstadt.
Vanne erkannte, daß der zweite Passagier unter die Scheibe geraten war und nun versuchte, sich von dem Gewicht zu befreien.
Das konnte aber auch eine Falle sein. Vielleicht rechnete der Fremde mit Vannes Mitleid und würde sich auf ihn stürzen, sobald er zur Hilfeleistung herbeikam.
Vorsichtig näherte Vanne sich dem Unbekannten.
Der Oberkörper des Pelzwesens ragte unter der Scheibe hervor.
„Ich weiß nicht, wer du bist und was du vorhast", sagte Vanne leise. „Natürlich will ich sicher sein, daß es kein Fehler ist, wenn ich
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