0812 - Sarkanas Armee
Nachthimmel.
Zamorra lenkte seine Schritte zu Mirjad und Artimus, die vor der toten Khira knieten. Laertes war verschwunden. Seine Arbeit hier war getan. Er konnte nicht gemeinsam mit den Menschen um Khira trauern.
Das würde er ganz alleine für sich tun…
Verblüfft sah Zamorra auf van Zants linke Hand, die heftig angeschwollen war.
»Wo hast du dich verletzt, Artimus?«
Der Südstaatler schüttelte ungläubig mit dem Kopf und starrte auf die Schwellung. »Verletzt? Nirgendwo. Khira… sie lebte noch, als ich hier ankam. Sie hat… Zamorra, sie hat mir etwas in den Handrücken gestochen. Was hatte das für einen Sinn?«
Zamorra würde sich darum kümmern, dass sich ein Arzt die Sache schnellstens ansah. Tendyke kam ihm zuvor, denn er hatte bereits das Notwendige veranlasst.
Eine Stunde später war ein »mobiles Einsatzkommando« von Tendyke Industries vor Ort. Alles wurde untersucht und archiviert. Artimus van Zant wurde per Helikopter in die Firmenzentrale gebracht.
Es gab für Zamorra und Nicole hier nichts mehr zu tun.
***
Wieder standen sie vor einem offenen Grab.
Zamorra und Nicole Duval waren gemeinsam mit Robert Tendyke nach Finnland geflogen. Die kleine Mirjad hatte sich ihnen angeschlossen. Sie wollte zurück in ihre korsische Heimat, doch um diesen schweren Gang hätte sie sich niemals gedrückt.
Gryf begrüßte die drei direkt vor Ort. Für ihn gab es keine Notwendigkeit, ein Flugzeug zu benutzen.
Khira Stolt hatte keine Angehörigen. Ohne auch nur einen Moment zu zögern hatte Tendyke im Namen von Tendyke Industries die Beerdigung organisiert. Es gab kein Testament - Khira hatte viel zu sehr im Leben gestanden, als sich um solche Dinge Gedanken zu machen. Daher hatte Robert diesen kleinen Friedhof ganz in der Nähe des Anwesens ausgewählt, auf dem die Kleinwüchsige ihre Kindheit verbracht hatte.
Vielleicht hätte sie ihre letzte Ruhestätte in eine ganz andere Gegend auf der Erde verlegt. Niemand konnte sie nun noch fragen.
»Wo ist Artimus?« Gryf fühlte sich in dem schwarzen Anzug sichtlich unwohl.
Nicole seufzte. »Er ist noch in der Klinik, aber auch wenn er gesund wäre, hätte er den Flug nicht mitmachen wollen. Ich denke, irgendwann einmal wird er hierher kommen. Lassen wir ihm Zeit. Viel größere Sorgen macht uns seine Hand.«
Gryf sah die schöne Französin fragend an. »Die Ärzte kommen da nicht weiter. Irgendetwas hat Khira im Sterben in Artimus’ Hand gestochen. Doch da ist nichts zu finden. Wir haben uns die Röntgenbilder angesehen. Nichts! Die Schwellung geht langsam zurück. Aber…«
Zamorra mischte sich ein. »Warten wir ab. Irgendwann wird sich auch das klären. Sarkanas Ende war ein teuer erkaufter Sieg. Ich will keine Freunde mehr in die Erde legen müssen.«
Gryf versuchte auf ein anderes Thema umzulenken.
»Was wird sich bei den Vampiren nun wohl tun? Sie sind wieder einmal ohne Führung. Ich hoffe, das bleibt so.« Ihm war es lieber, wenn er gegen einen unorganisierten Feind zu Felde ziehen konnte.
»Keine Sorge. Vorläufig wird sich da kaum etwas tun. Morano hat nach wie vor keine Ambitionen. Nun, da wir ihm Sarkana vom Hals geschafft haben, wird er sich erst recht ein faules Leben machen. Die Clans werden wieder erstarken - so, wie es vor Sarkanas Blutruf ja auch war.« Zamorra sah sich um, doch Laertes war nicht zu entdecken. Irgendwie hatte der Parapsychologe gedacht, der Vampir würde hier erscheinen. »Das Kapitel Sarkana ist jedenfalls abgeschlossen.«
Die Freunde standen vor dem kleinen Holzkreuz, das sich von denen der anderen Gräber nicht unterschied. Khira Stolt - kein Geburtsdatum, kein Sterbetag.
Schlicht und einfach.
So, wie die Menschen es hier in dieser Gegend waren.
Und genau so hätte Zamorra sich sein Leben auch oft gewünscht…
***
Am folgenden Tag gab es auf dem kleinen Friedhof einen regelrechten Menschenauflauf.
Alle blieben sie vor dem frischen Grab stehen, auf dem noch Kränze und Blumen lagen. Doch über Nacht hatte sich hier etwa entscheidend geändert.
Das hölzerne Kreuz war verschwunden!
An seiner Stelle war nun ein Stein tief in den Boden eingelassen.
Ein seltsamer Stein, wie er in der ganzen Umgebung nirgendwo zu finden war.
Seine Farbe war ein kräftiges Rot. Nicht wenige der Menschen sagten, es erinnere sie an Blut. Doch das war natürlich nur so dahergeredet.
In kunstvoller Schrift war der Name Khira Stolt eingemeißelt.
Was ihn zu etwas ganz Besonderem machte, war jedoch eindeutig seine Form.
Ganz
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