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0816 - Der Todesbaum

0816 - Der Todesbaum

Titel: 0816 - Der Todesbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Brandt
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Hüters unter Michels Hand zu verfallen. Was sonst viele Wochen gedauert hätte, geschah durch seine Magie innerhalb von Sekunden. Das tote Fleisch verrottete und wurde wieder eins mit dem Waldboden. Nur Knochen und Zähne blieben zurück, über die sich rasch eine dicke Schicht Moos zog.
    Sofort wandte sich Michel der nächsten Leiche zu und setzte wieder Magie ein, um die Spuren des Kampfes zu beseitigen.
    Bevor er zu den toten Hunden kam, fing er mit seinem Willen einen Vogel ein und schickte ihn mit einer Botschaft zurück ins Dorf. Er sollte Merille finden und zu seinem Versteck im Wald bringen.
    Er brauchte sie für seinen Plan.
    ***
    Auch ein Abend, der auf sich warten ließ, kam schließlich irgendwann.
    Nicole war zufrieden und ein bisschen angenehm erschöpft. Der Tag war sehr viel gemütlicher verlaufen, als man das unter diesen Umständen eigentlich hätte erwarten können. Wenn noch jemand im Gasthaus war, was sie irgendwie bezweifelte, dann hätte er keine Zweifel daran gehabt, dass die beiden Gäste alles andere als tot oder schwer verletzt waren. Es waren mit Sicherheit keine Schmerzensschreie gewesen, die aus dem Zimmer drangen…
    Nicole grinste in der Erinnerung und bewegte die Schultern. Der Verband war ab, die magische Salbe hatte ihre volle Wirkung getan. Schade, dass die moderne Medizin so wenig mit Zauberei zu tun haben wollte. Bei Risiken und Nebenwirkungen entschlüsseln sie die okkulten Zeichen auf der Packungsbeilage und fragen Sie ihren Arzt oder Magier.
    Während ihr Chef seiner Rolle als Brötchengeber nachkam und in der Küche des Gasthauses auf der Jagd nach etwas Essbarem war - es hatte sie nicht verwundert, dass das Mittagessen ausgefallen war -, lehnte Nicole am Fenster und sah auf die abendliche Hauptstraße hinaus.
    Das Dorf war ungefähr so belebt wie eine Weihnachtsparty in der Hölle. Wenn die Einwohner nicht sowieso an den finsteren Opferungsriten teilnahmen, so wussten sie doch sicherlich darüber Bescheid oder ahnten zumindest, dass da etwas Ungutes vorging. Gerade in einem so kleinen Ort wie Bocage-Noir konnte es nicht unbemerkt bleiben, wenn regelmäßig Fremde verschwanden und sich eine Gruppe von Leuten zu Ringelpietz und Singsang auf dem Hügel traf.
    Wer davon keinen direkten Nutzen hatte, hielt vermutlich einfach den Mund und versuchte, nicht hinzusehen. So wie der Besitzer des Ladens. Er hatte sich bemüht, Nicole zu warnen und sie dazu zu bewegen, das Dorf zu verlassen. Jemand wie er würde sich nicht gegen seine Nachbarn wenden, selbst wenn sie mit Opferdolchen in der Hand um das Dorf schlichen, aber er konnte auch nicht ganz die Augen davor verschließen. Das Buch von Jules Leroc, eine Art Beute aus den Hinterlassenschaften des Opfers, hatte er aber trotzdem gern angenommen.
    Während Nicole über die Schwäche der Menschen nachdachte, die dem Bösen immer wieder Tür und Tor öffnete, weil es schnellen Gewinn ohne große Mühe versprach, sah sie eine Bewegung auf der Straße. Sie erkannte die Umrisse eines Menschen, der sich in den Schatten der Häuser drückte. Neugierig ging Nicole hinter dem Vorhang in Deckung und spähte angestrengt hinaus. Noch zwei Schritte, und die Gestalt musste ihre magere Deckung verlassen.
    Jetzt.
    Es war eine junge Frau mit auffallend langem dunklen Haar und einem hübschen Gesicht. Sie trug ein einfaches Kleid und bewegte sich wie jemand, dem alles andere als wohl in seiner Haut war. Nicole erinnerte sich an die Beschreibung, die die Bibliothekarin von Merille Sandson gegeben hatte, und sie war sich sicher, dass die junge Frau dort unten eben jene Merille Sandson war.
    »Sieh mal an«, murmelte sie. »Der würde ich zu gern ein paar Fragen stellen.«
    Dafür würde aber nicht viel Zeit bleiben. Es war klar, dass die Frau es eilig hatte. Sie huschte über die Straße wie eine verlorene Seele und schien sich durchaus bewusst zu sein, dass ihr vom Gasthaus Gefahr drohte.
    Dann wollte Nicole ihre Erwartung auch nicht enttäuschen. Es wäre ihr lieber gewesen, Zamorra wäre hier, aber sie hatte keine Zeit, um ihn zu rufen. Zudem würde sie mit dem Mädchen da unten noch allein fertig werden.
    Mit einem eleganten Satz schwang sich Nicole aus dem Fenster, sprang die zweieinhalb Meter nach unten und federte den Aufprall geschickt ab. Sie verursachte dabei kaum ein Geräusch, doch in der abendlichen Straße war es so still, dass sie trotzdem von Merille Sandson gehört wurde. Die Frau fuhr herum, sah den sich aufrichtenden Schatten vor dem

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