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0816 - Der Todesbaum

0816 - Der Todesbaum

Titel: 0816 - Der Todesbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Brandt
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hervorschob und die Gasse in sein silbernes Licht tauchte.
    Die dritte Nacht.
    Die verdammten Kultisten brauchten ein weiteres Opfer!
    ***
    Zur gleichen Zeit und nicht weit entfernt sah Merille Sandson ebenfalls zum Himmel hinauf. Die prächtige Scheibe des Mondes war voll und makellos. Die letzten Wolken stoben auseinander wie eine Herde Schafe, deren Hirte den Wölfen zum Opfer gefallen war. Nur ein paar kleine, verlorene Schatten behinderten das kalte Mondlicht, das den Hain in seinen Glanz tauchte. Die Blätter der Bäume sahen aus, als wären sie aus reinem Silber. Nur unter dem Heiligen Baum, zwischen den weit herabhängenden Ästen der Trauerweide, war tiefer Schatten. Die Kräfte der Natur waren zufrieden und auf ihrer Seite, blickten wohlwollend auf den Beginn der Zeremonie herab.
    Merille spürte Freude bei dem Gedanken, dass sie ein kleiner Teil von dem allen hier war. Dass es in ihrer Macht lag, der Natur ein Geschenk als Zeichen ihrer Hingabe zu machen. Und sie verdrängte erfolgreich die kleine, wispernde Stimme, die sie daran erinnern wollte, dass das Geschenk selber das ganz anders sah und bestimmt weniger glücklich darüber sein würde.
    Von ihrem Platz im Kreis aus konnte sie die Frau, die noch immer bewusstlos war, von der Seite aus betrachten. Dem Opfer direkt gegenüber stand Michel, neben ihm Mutter Dahut und die anderen Ersten des Kreises. Sie ließen die Frau nicht aus den Augen. Merille vermutete, dass sie den Bannzauber aufrechterhielten, in dem der Körper der Frau noch immer gefangen war. Sie hatten gesehen, wie diese Fremde kämpfte, und keiner wollte riskieren, dass sie sich auf einmal befreite - so wie Jules Leroc vor zwei Tagen. Deswegen waren auch die Fesseln, mit denen die Frau an den Heiligen Baum gebunden worden war, diesmal stärker.
    Merille hätte vollkommen glücklich sein sollen, denn dies war eine große und wichtige Nacht. Ihre erste von dieser Bedeutung, an der sie teilnehmen durfte. Alle Mitglieder des Kreises, die den Weg nach Bocage-Noir gefunden hatten, waren hier versammelt. Der Segen des Baumes, so hatte man ihr gesagt, würde heute nach dem dritten Opfer noch vollkommener, noch erfüllender über sie kommen. Es war richtig und gut, dass sie aufgeregt war. Aber es hätte eine Vorfreude ohne Makel sein sollen, doch Merille konnte nicht verleugnen, dass sie Angst hatte. Nicht vor etwas, was sie gehört oder gesehen hätte. Sondern vor dem, was man ihr verschwieg.
    Sie war dabei gewesen, als Michel, Mutter Dahut und zwei andere die Frau gefangen hatten. Sie hatte dabei geholfen, in ihren Geist einzudringen. Doch dann hatte Michel sie selber hinausgedrängt! Klar, sie gehörte nicht zu den Ersten des Kreises, und sie wusste, dass Michel sie nur mitgenommen hatte, weil ihre Magie so ungewöhnlich stark war. Aber sie fragte sich, was er vor ihr verheimlichte. Und irgendwo unter ihrer Leidenschaft, ihrer Verachtung für die einfachen Menschen und ihrer Lust an der Macht der Natur hatte sie Angst vor dem, was es sein könnte.
    Doch die Zeremonie begann, und es gab ohnehin nichts, was sie dagegen hätte tun können. Sie wollte auch nicht. Es war gut so.
    Es musste gut sein.
    Sie hob wie die anderen die Hände und ließ einen Teil der Kraft hinausfließen, die sie vom Baum geschenkt bekommen hatte. Sie zeigte sich als ein blättergrünes Leuchten um ihre Fingerspitzen, das sich mit dem Licht der anderen vereinte. Auf diese Weise begann jedes Ritual - es verhinderte, dass sich Uneingeweihte einschleichen konnten.
    »Die Nacht ist richtig!«, hörte sie Mutter Dahut rufen. Ihre alte Stimme war so kalt und kräftig wie das Mondlicht. »Der Himmel ist hell und mit klarem Blick. Die Erde ist hungrig, ausgelaugt von ihren Kindern.«
    Eine Böe zerrte an Merilles Gewand und fuhr auch durch die Haare der Frau, die sich noch immer nicht bewegen konnte. Aber Merille konnte sehen, dass sie jetzt wach war - sie hatte die Augen geöffnet, und aus ihnen glitzerte der Zorn. Sie sah nicht aus wie ein Opfer. Mehr wie eine Rachegöttin, die auf ihren Einsatz wartete.
    »Die Nacht ist richtig!«, führte nun eine männliche Stimme fort - Robert, der Bürgermeister des Dorfes. »Der Wind ist wild und voller Kraft. Wir sind gekommen, den Bund zu erfüllen, den wir eingegangen sind.«
    Merille wusste, welcher Satz als nächstes kommen würde - sie hatte ihn selber gesagt bei der ersten Opferung. Diesmal würde es ein höheres Mitglied des Kreises von außerhalb des Dorfes tun.
    »Die Nacht ist

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