0817 - Statthalter des Bösen
Nischen schaute. Sicherlich nicht genau auf das, was er sah, aber er hatte wohl Schlimmeres erwartet, danach, wie Terly reagiert hatte. Jedenfalls blieb er gefaßt und brachte sogar ein Lächeln zustande.
„Nein, es ist nicht weiter schlimm, nur fremdartig", stellte er fest. Zaghaft berührte er Terlys Schulter.
„Keine Angst, wir kommen schon wieder zur SOL."
Khun konnte sich zuerst den jähen Umschwung in Gondors Verhalten nicht erklären. Aber dann erinnerte er sich an die Erfahrungen, die er als Heranwachsender und später als Mann gesammelt hatte - und er erkannte, daß der junge Astronom eifersüchtig auf ihn war, weil er Terly umarmte. Allerdings schien Gondor selbst nicht zu wissen, warum er so reagierte.
Er ließ Terly los und erklärte: „Ich denke auch, daß wir wieder zur SOL zurückkommen werden. Schließlich haben die ersten Kontakte gezeigt, daß die Varben friedliebend und aufgeschlossen sind. Warum sollten sie uns etwas antun! Vielleicht ist alles nur ein Irrtum, ein Mißverständnis, eine Folge unterschiedlicher Mentalitäten."
Terly Anternach nickte tapfer und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
„Es wäre möglich, Khun", sagte sie. „Jedenfalls vielen Dank. Durch dich fühle ich mich plötzlich viel sicherer."
Gondor reckte sich.
„Du bist bei uns beiden sicher, Terly", sagte er. „Keine Sorge. Es wäre ja gelacht, wenn wir uns unterkriegen ließen."
Khun erinnerte sich noch gut an Gondors totenbleiches Gesicht und seine zitternden Lippen und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Terlys schutzsuchende Haltung hatte bewirkt, was offenbar nichts anderes hätte bewirken können. Sie war ein Reizauslöser gewesen, der ein paar Drüsen veranlaßt hatte, winzige Mengen eines Sekrets in die Blutbahn abzugeben und dadurch aus furchtsamen Menschen Männer zu machen, die sich stark genug fühlten, es mit allem und jedem aufzunehmen.
„Warum sollten wir uns unterkriegen lassen!" meinte er. „Perry Rhodan läßt niemanden im Stich.
Darauf können wir uns verlassen."
Seltsam! dachte er im nächsten Moment. Warum konzentriert sich meine Hoffnung so stark auf Perry Rhodan und damit ausgerechnet auf den Mann, der in den Augen der meisten Solaner - also auch in den unseren - schuld an unserer gefährlichen Odyssee ist? Stehen wir trotz allem unter dem Eindruck seiner starken Persönlichkeit?
Aus den Augenwinkeln bemerkte er, daß Gondor Grayloft zielstrebig auf eine der Nischen zuschritt.
„Bleib stehen, Gondor!" rief er scharf. „Wir wissen nicht, woraus diese Masse besteht. Sie könnte gefährlich werden, wenn man sie berührt."
Aber Gondor lachte nur trotzig und ging weiter.
Khun Zburra erkannte, daß Gondors Mut sich ins Irrationale gesteigert hatte. Er eilte ihm nach, kam jedoch zu spät, um ihn noch aufhalten zu können.
Gondor Grayloft packte mit beiden Händen zu - und das leuchtende Etwas wand und drehte sich zwischen seinen Fingern, bildete sich zu einer Spirale aus, die unruhig auf und ab tanzte.
„Es fürchtet sich vor mir!" rief Gondor triumphierend.
Khun hatte ihn eingeholt und riß ihn an den Schultern zurück. Als Gondor zum Schlag ausholte, versetzte Khun ihm eine schallende Ohrfeige.
Der Astronom taumelte von der Wucht des Schlages zurück, starrte den Ortungstechniker haßerfüllt an und schien sich auf ihn stürzen zu wollen. Aber der Blick Khuns hielt ihn lange genug gefangen, so daß die Aggressivität schlagartig von ihm abfiel.
„Künftig sage ich, was getan und was gelassen wird!" erklärte Khun Zburra. „Ihr untersteht meinem Befehl! Ist das klar, Gondor?"
Gondor berührte flüchtig seine Wange, auf der sich der Abdruck von Khuns Fingern weiß abzeichnete.
„Schon gut, Khun", sagte er. „Es tut mir leid, aber..."
„Du brauchst keine Erklärungen abzugeben, Gondor", sagte Khun. „Es ist schon in Ordnung, obwohl es hätte schiefgehen können. Ich denke, wir halten uns hier nicht länger als nötig auf, sondern suchen nach einem weiteren Schott. Irgendwann werden wir den Ausgang finden, dann sehen wir weiter."
*
Aber nachdem sie fast eine Stunde lang durch seltsam geformte Gänge und düstere und helle Räume gegangen waren, schwand ihre Zuversicht abermals.
Sie blieben stehen.
Ihre Umgebung bestand aus einer kuppelförmigen Halle, deren Wandung offenbar aus Metallplastik geformt war. Aber die Oberfläche der Wandung war von zahlreichen großen, lappenartigen Vorsprüngen überzogen, deren Sinn für die drei Solaner
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