Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
082 - Die weisse Frau

082 - Die weisse Frau

Titel: 082 - Die weisse Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Sky
Vom Netzwerk:
erwiderte der pensionierte Lehrer. „Ich habe noch einige Dinge zu regeln.“
    „Herr Grünwald, ich habe Frau von Stöckingen vorgeschlagen, die Mädchen angesichts der Gefahr vorzeitig nach Hause zu schicken. Leider hat sie abgelehnt. Sie glaubt nicht an die weiße Frau.“
    „Das ist sehr bedauerlich. Ich werde mit ihr sprechen.“
    Er nickte ihr zu und stieg die Treppe hinauf. Sie blickte ihm nach. Erleichtert stellte sie fest, daß sie nunmehr einen echten Verbündeten im Schloß hatte. Diese Tatsache erfüllte sie mit Zuversicht.
    Gleich darauf sah sie den alten Keschmer hinter einigen Rhododendronbüschen hervorkommen und sofort wieder verschwinden. Was hatte er eigentlich im Schloß gemacht, fragte sie sich. Sie hätte es doch eigentlich wissen müssen, wenn er eine Funktion zu erfüllen gehabt hätte.
    Dr. Schwab kam aus dem Schloß. „Mir ist das ein Rätsel. Wo kann Harriett nur geblieben sein?“
    „Wissen Sie, ob der alte Keschmer irgend etwas im Schloß zu tun hat?“
    „Nein, warum? War er im Schloß?“
    „Allerdings.“
    „Merkwürdig. Ich weiß sogar, daß Frau von Stöckingen ihm untersagt hat, ins Schloß zu kommen. Sie fürchtet, daß er die Mädchen erschrecken könnte. Außerdem ist es dem Ruf eines Internats nicht gerade zuträglich, wenn ein Kretin in ihm herumläuft. Hausmeister Keter würde es sich zudem verbieten, daß Keschmer ihm in die Quere kommt.“ Sie nickte.
    „So etwas dachte ich mir schon.“
    Ilona von Perlberg trat zu ihnen. „Wir haben in der Nähe des Turmes so ein komisches Klopfen gehört. Könnten Sie mal kommen?“
    „Ich kümmere mich darum“, erwiderte Dr. Schwab.
    „Ich komme gleich nach“, versprach Anne Bloom.
    Während der Lehrer und die Schülerin zum Schloßturm hinübereilte lief sie die Treppen hoch bis zum Boden. Sie war entschlossen, herauszufinden, was Keschmer im Haus getrieben hatte. Zugleich erinnerte sie sich, daß der Schwachsinnige einen strengen Verweis erhalten hatte, weil er Harriett so erschreckte.
    Sie suchte erst in den Zimmer, und stieß dabei auf Schülerinnen, die ebenfalls auf der Suche nach Harriett waren, und stieg schließlich bis zum Boden hinauf.
    „Harriett?“ rief sie und rüttelte an der Bodentür.
    Doch niemand antwortete ihr. Sie bückte sich und spähte durchs Schlüsselloch. Dabei stellte sie fest, daß der Schlüssel von innen steckte.
    „Harriett?“
    Als sie wieder keine Antwort bekam, rannte sie zum Hausmeister.
    Keter war ein ruhiger, ausgeglichener Mann, der sich nicht viel um das scherte, was im Schloß geschah. Er sorgte für Ordnung und Sauberkeit und kümmerte sich darum, daß die Schulgeräte einwandfrei funktionierten.
    Hastig berichtete sie ihm von Harrietts Verschwinden.
    „Können Sie die Tür öffnen?“
    „Das ist kein Problem.“
    Er nahm einen Schraubenzieher und einen Schlüsselbund mit und stieg zusammen mit der Lehrerin nach oben. Mühelos stieß er den Schlüssel aus dem Schloß und öffnete die Tür mit einem Schlüssel.
    Die Glocke schrillte dreimal.
    „Frau von Stöckingen ruft mich“, sagte er. „Kommen Sie jetzt allein zurecht?“
    Anne fürchtete sich ein wenig vor den dunklen Bodenräumen, aber sie nickte. Der Pedell ging.
    Die Lehrerin betrat die Bodenkammer. Nichts wies darauf hin, daß Harriett dagewesen war, und doch mußte es so sein.
    „Harriett?“
    Anne kam an dem Kleiderbündel vorbei, in dem die weiße Frau gewühlt hatte. Daneben lag eine kleine, zerlumpte Stoffpuppe. Sie nahm sie auf und betrachtete sie. Aus einem Nebenraum hörte sie ein scharrendes Geräusch. Sie behielt die Puppe in der Hand und suchte weiter. Aus den Dachfenstern fiel nicht genügend Licht, um auch die hintersten Winkel der Bodenkammer auszuleuchten. So mußte Anne immer wieder bis weit in die Ecken vordringen, um sich zu vergewissern, daß die Schülerin dort nicht irgendwo lag.
    Fast eine Viertelstunde verstrich, bis sie endlich die Kammer betrat, in der Harriett im Boden eingebrochen war. Ein kalter Windhauch streifte Annes Gesicht. Sofort erinnerte sie sich an ihre Begegnung mit der weißen Frau. Aber sie blieb nicht stehen, sondern ging weiter. Sie spürte, daß sie Harriett dicht auf den Fersen war.
    Und dann sah sie das Loch im Boden. Sie begriff sofort, was geschehen war, und widerstand der Versuchung, nahe an das Loch heranzutreten.
    „Harriett?“
    Keine Antwort. Anne blickte sich um. Sie war allein. Die weiße Frau erschien nicht. Es war auch wieder etwas wärmer geworden.
    Sie

Weitere Kostenlose Bücher