0821 - Wo die Totenlichter leuchten
Sie doch…«
Wir folgten seinem langsam wandernden Zeigefinger und mussten ihm Recht geben.
Über den mit Gras bewachsenen Boden huschte ein langer gestreckter Schatten geradewegs auf das Skelett und den unheimlichen Friedhof zu…
***
Meinen Vorsatz hatte ich vergessen. Ich wollte sehen, was geschah, denn noch hatte der verdammte Friedhof nicht richtig reagiert. Er war einfach da, aber das war mir zu wenig, denn irgendwo musste er doch einen Zweck erfüllen.
»Der Hund wird zum Opfer«, erklärte der Förster heftig nickend.
»Sie können es gleich sehen.«
»Bleiben wir?« fragte Suko. Seine Stimme klang in dieser angespannten Lage seltsam ruhig.
»Vorerst.«
Das scharfe Bellen vermischte sich mit einem nahezu sehnsüchtigen Heulen, das als schauerlicher Gesang durch die Nacht hallte und selbst uns eine Gänsehaut über den Rücken trieb. Der Hund mochte ziemlich groß sein, er sah aus wie ein Schäferhund, doch das hohe Gras ließ ihn klein erscheinen, und er schien Mühe zu haben, sich seinen Weg zu bahnen.
Die Fläche vor uns lag frei. Hinter uns schien der Wald eine andere Welt abzuschirmen.
Der Hund ließ sich nicht beirren. Er rannte zielstrebig auf den Friedhof zu, als hätte man ihm dort einen Napf mit dem besten Futter hingestellt, und auch der unheimliche Laternenmann hatte ihn wohl gesehen, denn er schwenkte seine Lampe, um das neue Opfer zu begrüßen. Das grüngelbe Licht huschte über den alten Friedhof, der an einigen Stellen aussah, als wäre er von unsichtbaren Händen aufgerissen worden.
Wir verfolgten den Weg des Tieres sehr genau. Das Glas holte mir den Hund dicht heran. Für mich sah das Skelett aus, alshätte es einzig und allein auf dieses Opfer gewartet.
Nur noch wenige Yards hatte der Hund zu laufen. Kraftvoll und mit wilden Sprüngen jagte er durch das Gras.
Der Laternenmann erwartete ihn. Er freute sich auf das Opfer und schwenkte seine Leuchte. Licht überflutete die Grabsteine, ließ sie anschließend im Schatten zurück, holte sie wieder hervor, und mit einem letzten Sprung erreichte der Hund sein Ziel.
Dicht vor dem Skelett kam er auf, sank in die Knie, und in der bedrückenden Stille hörten wir sein Winseln.
»Jetzt passiert es«, sagte Turney.
»Was?« fragte ich.
»Das werden Sie gleich sehen.«
Er hatte es spannend gemacht, aber nicht gelogen, denn in den folgenden Sekunden bewies uns dieser schaurige Flecken Erde, welch eine magische Kraft in ihm steckte.
Der Laternenmann beugte sich dem Hund entgegen. Das Tier geriet in den Lichtschein, und für uns sah es aus, als würde es an seinem gesamten Körper strahlen.
Es stand im Licht wie eine Statue, die darauf wartete, von einem Besucher bestaunt zu werden.
Noch einmal verstärkte sich der Schein.
Dann passierte es.
Der Hund verschwand.
Wir hielten den Atem an. Es sah aus, als wäre Sternenlicht auf ihn gerieselt oder Staub aus der Dunkelheit gefallen, der ihn überschwemmte und den Körper ebenfalls zu Staub zerfallen ließ.
Er löste sich auf.
Für einen Moment stand noch die Projektion seines Körpers zwischen dem Laternenmann und einem Grabstein, dannwar er nicht mehr zu sehen. Diesen Hund hatte es nie gegeben, er war… er war…
Meine Gedanken stockten. Ich fand keine Erklärung, schaute aber weiterhin auf den Laternenmann, der seine Leuchte noch einmal schwenkte. Es sah aus, als wollte er sie in die Höhe schleudern, aber er hielt sie fest, und sie sank wieder nach unten.
Sie hinterließ noch einen gelbgrünen Streifen, als wäre ein Meteor auf die Wiese gefallen. Dann war alles vorbei. Es gab keinen Laternenmann und keinen Friedhof mehr.
Nur noch Dunkelheit…
Ich ließ das Glas sinken, denn es hatte keinen Sinn, einfach in die Nacht zu starren. Auch Suko schaute nicht mehr hin. Wayne Turney schüttelte den Kopf. Wir hörten ihn leise stöhnen und schluchzen.
»War es das?« fragte ich.
»Ja«, flüsterte er, »das war es zunächst einmal.«
Meine nächste Frage galt Suko. »Hast du dir schon eine Erklärung einfallen lassen?«
»Dieselbe wie du.«
»Also keine.«
»Leider.«
Ich war ebenfalls ratlos, aber wir beide wollten es nicht bleiben.
Es musste ein Motiv für diesen unheimlichen Vorgang geben, und den würden wir herausfinden.
Nur nicht auf diesem Hochsitz. Mit nachdenklichen Gesichtern verließen wir ihn…
***
Wieder auf dem Boden sagte der Förster: »Glauben Sie mir nun, dass ich beinahe verrückt geworden bin?«
»Natürlich«, sagte ich. »Die Vorgänge haben auch
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