0826 - Kampf um Armakath
Brian Marley den Mund aufmachen sollte, saß auch Jacob dick in der Tinte. Doch Marley war kein Dummkopf. Er wusste genau, dass sich Albert Jacob nicht erpressen ließ. Daher kam er mit frischem Material zu seinem ehemaligen Partner.
»Ein letztes Ding, Jacob«, hatte er gesagt. »Eine Sache, bei der genug für dich und mich herausspringt.«
Marleys Worte fielen bei Jacob auf fruchtbaren Boden, denn auch er wollte nicht den Rest seines Lebens mit diesen doch relativ kleinen Fischen verbringen. Ein letzter Coup - und dann musste Schluss sein.
»Und den Garanten dafür habe ich auch mitgebracht. Besser gesagt - die Garantin.« Mit diesen Worten legte Marley Albert ihm die Kopie einer Gewerbeanmeldung auf den Tisch. Im- und Export. .. und dann folgte ein Name, bei dessen Anblick Albert heftig schlucken musste. Ein bekannter Name - ein großer Name.
Marley hatte ihn triumphierend angegrinst. »Seine-Tochter - und die möchte gerne aus Papis goldenem Käfig entfliehen.« Er machte ein paar alberne Flugbewegungen mit seinen Armen. »Sie ist zu allem bereit. Na? Zufrieden?«
Zufrieden war überhaupt kein Ausdruck gewesen. Die junge Frau, deren Familie seit einer kleinen Ewigkeit zum allerfeinsten Geldadel im Land zählte, war jedoch viel zu schade für irgendwelche kleinen Betrügereien. Jacob witterte das große Geld. Das wirklich große Geld!
Ein dumpfer Knall ließ Jacob in seinem Bett zusammenzucken. Mit instinktiver Bewegung griff er nach der Waffe, doch dann ließ er die Hand wieder sinken. Eine der Neonröhren hatte sich lautstark verabschiedet. Genau wie gestern… ganz genau so…
Er kam.
Albert Jacob schloss krampfhaft die Augen. Er fühlte, wie ihm der kalte Schweiß ausbrach. Wenn Er sich ihm näherte, schien das unkontrollierte Energien freizusetzen, die Glühbirnen oder Elektrogeräte überluden. In der ersten Nacht war Alberts Weltempfänger regelrecht explodiert. Von dem kleinen Gerät war nicht viel mehr als verzogenes Plastik und ein paar Kabel übrig geblieben.
Jacob versuchte, sich zu konzentrieren, noch einmal in die Erinnerung einzutauchen. Es gelang ihm nur oberflächlich. Die Kälte zog rasch auf, kroch durch das Daunenbett hindurch in Alberts Körper. Er wagte es nicht, die Augen wieder zu öffnen. Zu genau wusste er, welcher Anblick ihn erwartete: Nebelfäden, die frostige Luft mit sich führten, die wie sinnlos um sich selbst zu kreisen schienen. Um eine imaginäre Mitte herum, die erst nach und nach eine vage Form bekam - ein Körper, groß und schlank, geschlechtslos und allem und nichts ähnelnd.
Nur die Augen bildeten die große Ausnahme. Sie funkelten in einem strahlenden Grün, so, wie Jacob es erst einmal in seinem Leben bei einem Menschen gesehen hatte.
Brian Marleys Augen!
Doch Marley war tot. Albert Jacob selbst hatte ihn in dem schäbigen Hotelzimmer an der Deutsch-Niederländischen Grenze gefunden. Er hatte sich eine Überdosis Rauschgift gespritzt. Vielleicht war auch der Stoff nur schlecht gewesen, Jacob wusste es nicht.
Das war nur ein Jahr nach dem big deal gewesen, den sie gemeinsam abgezogen hatten. Ein Jahr, in dem sich viel verändert hatte.
Die flüsternde Stimme beendete Jacobs Gedankengänge endgültig. Jedes ihrer Worte, jede einzelne Silbe, stieß wie ein frostiger Dolch in Jacobs Bewusstsein hinein.
»Heute wirst du mit mir kommen, Albert Jacob. Heute ist sie gekommen, die Nacht, in der ich dich in das Ganze einfügen werde!«
***
In diesen Augenblicken hasste er alles, was irgendwie mit einem akademischen Grad in Verbindung zu bringen war. Einschließlich sich selbst! Vom übergebeugt hing Doktor Artimus van Zant mit dem Kopf über dem Waschbecken und spuckte Blut.
Er hatte schon immer die Theorie vertreten, dass es in unregelmäßigen Abständen - die mit zunehmendem Alter irgendwie ständig kürzer zu werden schienen - Tage gab, die es so nie hätte geben dürfen. Tage, die allenfalls unter einer Bettdecke zu ertragen waren. Nur hatte auch Artimus noch kein entsprechendes Frühwarnsystem erfunden, das lautstark anschlug, wenn man an einem solchen Untag aufwachte.
Sein aktueller Untag hatte bereits mitten in der Nacht begonnen.
Seit einigen Nächten kam dieser eigenartige Traum zu ihm. Traum - das war sicher auch nicht der richtige Ausdruck. Eher schon eine Vision. Es war die Stimme, die ihn durch die Nächte begleitete, diese so vertraute Stimme.
Wann kommst du zu mir?
Immer wieder diese eine Frage. Visuell blieb es stets bei reichlich
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