0826 - Kristalle der Gewalt
zu Boden und blieb erschöpft liegen. Heftig nach Atem ringend blickte sie zu ihm auf.
Ihr fiel auf, daß dieses bösartige Funkeln der Augen, das sie bei anderen Halutern beobachtet hatte, fehlte.
Sie richtete sich vorsichtig auf, bereit, einen Ausbruchsversuch zu machen, wenn er angreifen sollte. Doch der dunkelhäutige Gigant blieb ganz ruhig. „Es überrascht mich nicht, daß Sie Angst haben", sagte er plötzlich mit abgrundtiefer Stimme. „Was hier passiert, jagt selbst mir Angst ein."
Hoffnung flackerte in Jennifer auf. Sie erhob sich. „Dann sind Sie... in Ordnung?" fragte sie zögernd.
Der Haluter fuhr sich tastend mit einer Hand über den Schädel. „Ich bin noch Herr meiner selbst", erklärte er. „Die anderen sind es nicht. Mag der Teufel wissen, woran das liegt. Ich weiß es nicht."
Jetzt zweifelte die Terranerin nicht mehr. Dieser Haluter war der einzige, den sie in der letzten Zeit getroffen hatte, der sich wie gewohnt verhielt. Sie atmete auf. „Erlauben Sie mir eine Frage?"
„Bitte, fragen Sie", forderte er sie auf. „Sind das hier wirklich Haluter? Ich meine, sind es ...?"
Er lachte leise. In seinen Augen blitzte es belustigt auf. „Es sind Haluter", erklärte er. „Falls Sie daran denken, daß es so etwas wie die Haluter noch einmal in ähnlicher Form, nur mit einem negativen Charakter geben kann, dann irren Sie sich."
Seine Miene verdüsterte sich, und jetzt spiegelte sich tiefe Trauer in seinen rötlichen Augen wider. „Es gibt nur ein Volk der Haluter.
Nur eines."
„Das kann nicht stimmen", entgeg-nete sie mutig. „Ich habe Haluter gesehen, die deutlich von der Norm abweichen. Sie sind viel größer als andere. Sie sind ..."
„Sie irren sich", erwiderte er schroff. „Aber nein", rief sie, ohne zu merken, wie empfindlich er reagierte. „Sie könnten das doch unmöglich übersehen haben. Kommen Sie mit mir. Ich werde Ihnen solche Haluter zeigen."
„Schweigen Sie", befahl er grollend. „Das ist besser für Sie."
Erschrocken hielt sie inne. Zornig blickte der Haluter sie an. • „Verzeihen Sie mir", bat sie mit stockender Stimme. „Ich wollte Sie nicht verletzen."
Sie war bestürzt und verwirrt. Es gab diese Vier-Meter-Riesen. Wer waren sie? Wenn es nur ein Volk der Haluter gab, wieso existierten dann diese Abweichungen? Waren diese Giganten schuld an der plötzlichen Fehlentwicklung? Welche Bedeutung hatten sie für die normalen Haluter?
Jennifer wußte, daß sie Big Planet nicht verlassen würde, bevor sie eine Antwort auf diese Fragen bekommen hatte. Sie war sich aber auch darüber klar, daß sie jetzt nicht mehr weiterfragen durfte, wenn sie vermeiden wollte, daß dieser Haluter sich von ihr trennte. Gerade das aber wollte sie nicht. Sie wollte bei ihm bleiben, weil sie hoffte, bei ihm Schutz zu finden. „Mein Name ist Jennifer Thyron", sagte sie freundlich. „Ich bin mit Cornor-Lerz hierher gekommen. Zu mir gehört Ronald Tekener, der Freund von Icho Tolot. Er ist drüben im Gefangenenlager. Sie werden verstehen, daß ich ihn retten möchte."
Der Haluter drehte sich um, stieg schwerfällig auf einige aufragende Kristalle und spähte zum Lager hinüber. Dann kehrte er zu der Terranerin zurück. „Wir werden uns etwas einfallen lassen", versprach er. „Ich bin Erger Darg. Wir müssen warten, bis der Energiezaun wieder geöffnet wird. Vielleicht flieht Tekener dann aus dem Lager."
Er verlagerte sein Körpergewicht abwechselnd von einem Bein auf das andere, so daß sein mächtiger Körper kräftig hin und her schwankte. Dabei gab er dumpfe Laute von sich. „Sie bleiben hier und warten", befahl er schließlich. „Ich kehre bis in die Nähe des Lagers zurück. Zur Zeit ist dort alles ruhig. Aber ich fürchte, daß es bald wieder losgehen wird. Falls Tekener aus dem Lager kommt, werde ich ihn erkennen. Ich werde ihn holen."
„Ich danke Ihnen, Erger Darg", sagte sie erleichtert.
Er drehte sich um und entfernte sich. Jennifer Thyron ließ sich auf einen Kristall sinken, um sich ein wenig auszuruhen.
*
Bevor Ronald Tekener den Gravi-tationsneutralisator des Gurrads umschalten konnte, entstand plötzlich eine Strukturlücke im Energiezaun. Augenblicklich begannen die Gefangenen vor Angst zu schreien. Ein wilder Kampf um die vermeintlich sicheren Plätze begann an den Felsen. In unmittelbarer Nähe des Terraners schlugen sich zwei Per-lians um ein Erdloch, das für beide zu klein war. „Zu spät", rief Jeynahl. Er klammerte sich an Tekener. „Geben
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