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0827 - Der Dämon von Songea

0827 - Der Dämon von Songea

Titel: 0827 - Der Dämon von Songea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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den Mann noch nie zuvor gesehen. Aber er wusste sofort, wer er war: Hauptmann Ferdinand von Hardenberg.
    Der Weiße Zauberer.
    Doch Hardenberg war tot, seit hundert Jahren schon. Kinjikitile und seine Verbündeten hatten ihn umgebracht als Vergeltung für das, was er den Menschen dieses Landes angetan hatte.
    Dieser Teufel in Menschengestalt ist längst zu Staub zerfallen, dachte Kiango. Es war nichts weiter als ein Albtraum.
    Doch warum zitterte er dann immer noch…?
    ***
    Songea
    Chief Ferdy Mbeya hasste es, sich zu bewegen. Vor allem, wenn die alles versengende Mittagssonne ihren höchsten Stand erreicht und er seinen massigen Körper bereits in die perfekte Ruheposition gebracht hatte.
    Mbeya war der Polizeichef von Songea, doch sein spärliches Gehalt rechtfertigte es aus seiner Sicht in keinster Weise, dass er dafür auch noch arbeitete. Es sei denn, jemand war bereit, noch ein kleines Extrasümmchen springen zu lassen.
    Doch nach einer doppelten Portion chipsi ya mayai - einem Omelett aus frittierten Kartoffeln und Eiern - hätte ihn selbst das größte Bestechungsgeld nicht locken können, die bequeme Liege in seinem Büro zu verlassen.
    Leider nahm der ungebetene Besucher keine Rücksicht darauf. So sehr sich Mbeya auch bemühte, das aufgeregte Klopfen und Schreien an der Vordertür zu ignorieren, es ging nicht. Das Getrommel und Gebrüll schien nur noch lauter zu werden.
    Der Polizeichef verfluchte sich dafür, dass er seine Untergebenen für die Mittagspause aus dem Haus gejagt hatte, um in Ruhe schlafen zu können. Jetzt musste er allein mit dem Störenfried fertig werden.
    »Bastard, dir wird ich’s zeigen!«, murmelte Mbeya und wuchtete seinen massigen Körper von der Pritsche. »Ich komme ja schon!«, brüllte er und murmelte leise hinterher: »Und dann kannst du was erleben, Freundchen, das schwöre ich dir!«
    Er schlüpfte in seine Schuhe, setzte die Uniformmütze auf und stapfte durch das verwaiste Großraumbüro zur Tür. Energisch drehte er den Schlüssel im Schloss rum, riss die Tür auf und wollte schon losbrüllen - doch die Tirade blieb ihm im Hals stecken. Als Chief Mbeya den vor Angst zitternden Mann sah, wusste er, dass etwas wirklich Schlimmes passiert sein musste.
    Vor ihm stand Ilunga, ein fliegender Händler, der die Umgebung mit seinem klapprigen Lastwagen abfuhr und die Bewohner der benachbarten Dörfer mit allem versorgte, was sie brauchten. Textilien, Töpfe und Babynahrung gehörten ebenso zu seinem Sortiment wie Fahrräder und gebrauchte Fernseher. Ilunga war bekannt für seine lockere Art und seine lustigen Sprüche, doch jetzt sprach das pure Entsetzen aus seinem Blick.
    »Was ist passiert?«
    »Sie sind tot, sie sind alle tot!« Ilunga keuchte so sehr, dass er kaum sprechen konnte.
    Ferdy Mbeya spürte, wie es ihm kalt den Rücken hinunterlief. Mord, das hatte ihm gerade noch gefehlt. Das bedeutete Ärger. Sehr viel Ärger. Und es war bestimmt nichts, was sich mit einer diskreten Zahlung einfach aus der Welt schaffen ließ.
    »Was ist, Ilunga?«, herrschte der Polizeichef den Händler an.
    »Das Dorf, der Heiler, sie sind alle…« Ilunga hielt inne, dicke Tränen liefen seine Wangen hinunter.
    Mbeya umfasste mit seinen fleischigen Fingern den Hemdkragen seines Gegenübers und schüttelte den Händler durch. »Welches Dorf, Ilunga? Verdammt, welches Dorf?«
    »Nysuga«, flüsterte der Händler. Dann brach er ohnmächtig auf der-Türschwelle zusammen.
    ***
    Während der Fahrt sprachen sie kein Wort. Neben dem Chief saß Ilunga, der noch immer zitterte wie Espenlaub. Im Fond des mit allen Schikanen ausgerüsteten Polizeijeeps hatte Dr. Gwassa Platz genommen. Der Chirurg aus dem örtlichen Krankenhaus arbeitete bei Bedarf auch als Polizeiarzt.
    Der Doktor war wie immer perfekt gekleidet. Sein weißer Anzug war fleckenlos, der Hut saß so gerade auf seinem Kopf, als hätte Gwassa ihn mit einer Wasserwaage aufgesetzt. Nur die dezente Schnapsfahne verriet, dass der Arzt bereits um die Mittagszeit den täglichen Kampf gegen seine ganz persönlichen Dämonen verloren hatte.
    Was soll’s?, dachte Mbeya frustriert. Im Gegensatz zu dem, was 15 Kilometer außerhalb von Songea gewütet hatte, richteten Gwassas Dämonen wenigstens nur ihn selbst zu Grunde.
    Nachdem der Polizeichef den fliegenden Händler mit viel Wasser und etwas Gebrüll wieder zu Bewusstsein gebracht hatte, hatte ihm Ilunga erzählt, was ihn in Angst und Schrecken versetzt hatte. Und das alarmierte Mbeya so sehr, dass

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