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0827 - Der Dämon von Songea

0827 - Der Dämon von Songea

Titel: 0827 - Der Dämon von Songea Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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er sofort alle verfügbaren Polizisten und Dr. Gwassa zusammengetrommelt und sich auf den Weg gemacht hatte.
    Jetzt rasten sie mit drei Jeeps über die unbefestigte Landstraße ihrem Ziel entgegen. Einem Dorf voller Leichen.
    Auf ihrem Weg kamen sie an einer halb verfallenen Festung vorbei. Vor hundert Jahren hatten die deutschen Kolonialherren hier eine Militärstation unterhalten, um die sich heute noch unzählige düstere Legenden rankten. Doch Chief Mbeya interessierte sich nicht für die Gespenster der Vergangenheit, ihm reichten die Schrecken der Gegenwart mehr als genug.
    Nysuga war ein typisches Produkt der Ujamaa-Politik des immer noch von vielen Afrikanern verehrten sozialistischen Staatsgründers Julius Nyerere. Das Ujamaa-Konzept sah vor, Angehörige der unterschiedlichsten Völker zu Dorfgemeinschaften zusammenzufassen, die sich selbst verwalten und versorgen sollten. Doch die Theorie war an der Wirklichkeit gescheitert. Katastrophale Ernten, verbrauchte Böden und erschöpfte Wasserquellen hatten das Experiment schnell beendet, und die meisten zwangsumgesiedelten Bewohner waren längst auf ihre weit im Land verstreuten Höfe zurückgekehrt.
    Jetzt wohnten in Nysuga nur noch ein paar Ngoni-Familien, die bereits seit Jahrhunderten in der Gegend heimisch waren. Stadtflucht und Aids hatten das Dorf weiter entvölkert, doch immerhin konnten die Bewohner stolz darauf sein, dass in ihrer Mitte einer der angesehensten Heiler der Umgebung lebte. Machuya war für die Menschen Arzt, Priester und Zauberer in einem gewesen - und jetzt war er vermutlich tot, wie auch seine ganze Familie.
    Mbeya wusste, dass Ilunga nicht übertrieben hatte, als sie in das Dorf einfuhren. Bereits nach wenigen Metern sahen sie die ersten Leichen. Die unnatürlich verkrümmten Körper lagen auf der staubigen Straße wie achtlos weggeworfene Puppen.
    »Verdammt!«, murmelte Mbeya und brachte den Jeep abrupt zum Stehen. Sofort hielten auch die beiden Wagen hinter ihm. »Du bleibst hier, Ilunga. Doktor, Sie kommen mit!«
    »Mit dem größten Vergnügen«, murmelte Gwassa.
    Der Arzt zauberte einen Flachmann aus seiner Jacketttasche hervor, nahm einen Schluck und folgte dem Polizeichef, der mit gezücktem Revolver aus dem Wagen sprang. Mbeya vergewisserte sich kurz, dass seine Leute aus dem anderen Wagen dicht hinter ihm waren, und näherte sich dann den Toten.
    Es handelte sich um eine Frau mittleren Alters und einen Greis. Ihre erstarrten Gesichtszüge waren eine Maske des Entsetzens, doch auf den ersten Blick konnte der Polizeichef keine Verletzung feststellen.
    Gwassa kniete neben den Toten nieder, um sie näher zu untersuchen, doch Mbeya winkte ab. »Später, Doc.«
    »Wie Sie meinen, Chief.« Gwassa nahm einen weiteren Schluck und folgte Mbeya zu einem prächtig geschmückten Haus in der Mitte des Ortes. Es gehörte Machuya, dem Heiler. Äußerlich wirkte es ganz friedlich, doch Mbeya machte sich keine Illusionen über das, was sie da drinnen erwartete.
    Der Polizeichef gab zwei Männern den Befehl, das Haus zu stürmen und zu sichern. Nach zwei Minuten erschienen die beiden Polizisten wieder in der Eingangstür. Sie wirkten so verstört, als hätten sie den Teufel persönlich gesehen.
    »Chief, ich… ich… Da drin…«, stammelte einer der beiden, doch Mbeya ignorierte ihn. Unwirsch drängte er sich an dem Mann vorbei ins Innere, doch was er sah, verschlug auch ihm den Atem. Machuya und seine Frau lagen am Boden, ebenso ihre beiden erwachsenen Söhne und einige der engsten-Vertrauten des Heilers. Ihre schreckensgeweiteten Augen starrten alle in eine Richtung: Die Toten schienen Mbeya mit ihren Blicken zu durchbohren, so als wollten sie ihn noch im Tod für ihr Schicksal verantwortlich machen.
    Ächzend wandte sich der Chief ab und griff nach einer Zigarette. Sein Herzschlag beruhigte sich erst nach dem dritten Zug.
    »Doktor, kommen Sie her!«, rief er schließlich.
    Vorsichtig schob Dr. Gwassa seinen dürren Körper hinter den anderen Polizisten durch die Eingangstür. »Verflucht, die hat’s erwischt.«
    »Das sehe ich auch, Sie Schlaumeier. Aber ich will wissen, was sie erwischt hat. Oder sehen Sie irgendwelche Verletzungen?«
    Der Mediziner hockte sich neben die Leiche des Heilers und begann, sie sorgfältig zu untersuchen. Er wirkte erst ratlos und dann zunehmend entgeistert.
    »Was ist los, Doc?«
    »Sie werden’s mir nicht glauben…«, murmelte der Arzt.
    »Verdammt, das hier ist keine Quizshow. Was ist los?«
    »Am besten

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