0827 - Der Dämon von Songea
entschlossenen Blick und wusste, dass er den Mediziner von seinem Entschluss nicht abbringen konnte. Vielleicht sah Gwassa in der kommenden Auseinandersetzung die letzte Chance, sein verpfuschtes Leben mit einem heldenhaften Tod in Würde zu beenden.
Resigniert stimmte der Dämonenjäger zu. »Okay, wie Sie meinen. Aber versuchen Sie wenigstens, uns nicht im Weg rumzustehen!«
***
Die Evakuierung verlief reibungsloser als erwartet. Zamorras Befürchtung, dass sie von einer neuen Attacke überrascht werden könnten, bewahrheitete sich nicht. Vielleicht hatte der Dämon selbst ein Interesse daran, dass die Arena vor der entscheidenden Schlacht für die eigentlichen Kontrahenten, geräumt wurde.
In der Hektik des Aufbruchs achtete niemand auf Kiango, der sich unbemerkt von der Gruppe entfernte.
Ich glaube nicht, was ich hier tue, dachte der Priester, während er versuchte, seine widersprüchlichen Gefühle unter Kontrolle zu bekommen. Er wurde das Bild der beiden Franzosen nicht los, die im Sandsturm furchtlos gegen ihren unheimlichen Gegner antraten. Sie kämpfen meinen Kampf. Ich hätte mit ihnen da draußen sein sollen!
Die Ereignisse der letzten Stunden hatten Kiangos Weltbild zutiefst erschüttert. Sie hatten seinen Glauben zwar nicht ins Wanken bringen können, aber sie ha tten ihm bewiesen, dass es draußen noch andere Kräfte gab, deren Existenz er seit Jahrzehnten verleugnete. Der Weiße Zauberer existierte. Also existierten vielleicht auch die Mächte, die den Dämon wieder dahinschicken konnten, wo er hergekommen war.
Kiangos bescheidenes Haus lag direkt neben der Kirche. Der Priester eilte ins Schlafzimmer und öffnete eine schwere Holztruhe, in der sich neben alten Kleidern und ausrangierten Haushaltsgegenständen ein unscheinbares Kästchen befand. Kiango hatte es schon vor Jahren wegwerfen wollen, doch ein unerklärlicher Impuls hatte ihn davon abgehalten.
Jetzt nahm er die kleine Holzkiste an sich und öffnete sie vorsichtig. In ihr befanden sich unzählige kleine Fläschchen und Döschen voller Tinkturen, Salben, Tierknochen und Amulette.
Der Priester bekreuzigte sich hastig und murmelte: »Verzeih mir, Herr. Das hier geht nicht gegen dich!«
Kiango entkleidete sich bis auf die Hose. Anschließend öffnete er einige der Behältnisse, tauchte einen Finger in die seltsamerweise in der langen Zeit nicht eingetrockneten Salben und bemalte, unablässig Beschwörungen vor sich hinmurmelnd, magische Symbole auf seinen Körper.
Geheimnisvolle Gerüche erfüllten den Raum, als Kiango den Geist seines Urahnen beschwor.
Doch Kinjikitile antwortete nicht…
***
James Mutombo übernahm die Leitung über den letzten Lastwagen, der das Dorf verließ.
»Passen Sie gut auf die Leute auf, James«, sagte Nicole.
»Ich gebe mein Bestes.«
»Sie machen das schon«, erwiderte die Französin mit einem aufmunternden Lächeln.
Für alle Fälle hatte Zamorra die Fahrzeuge mit einfachen Bannzaubern versehen. Die mit Kreide aufgemalten magischen Zeichen würden zumindest Hardenbergs Hilfsgeister für eine Weile abwehren.
Als der Lastwagen losfuhr, sah sich Zamorra irritiert um: »Wo ist Kiango?«
»Ich habe ihn nirgendwo gesehen«, sagte Dr. Gwassa.
»Zwick mich mal, Chef«, bat Nicole plötzlich und deutete auf die andere Seite des Dorfplatzes. »Oder siehst du das auch?«
»Allerdings«, murmelte Zamorra. »Obwohl ich es selbst kaum glauben kann.«
Von der anderen Seite des Platzes schritt Vater Kiango auf sie zu, doch der Geistliche war kaum wiederzuerkennen. Der Priester hatte seine Soutane abgelegt und sich den ganzen Oberkörper und das Gesicht mit magischen Symbolen bemalt. Auf seiner Brust prangte immer noch das große goldene Kreuz, doch zusätzlich hatte er sich unzählige Amulette und Fläschchen umgehängt.
»Hallo Vater, willkommen im Club!«, sagte Zamorra grinsend.
Der Priester hielt sich nicht mit langen Erklärungen auf. »Ich habe versucht, mit dem Geist von Kinjikitile Kontakt aufzunehmen, aber der alte Schwarzkünstler hat nicht geantwortet. Wir müssen das hier wohl allein durchstehen.«
»Wäre ja nicht das erste Mal«, murmelte Nicole.
***
Die Stunden des Wartens waren quälender, als es jeder Kampf hätte sein können. Per Handy hatte James gemeldet, dass die Dorfbewohner in ihrem Versteck angekommen waren. Sie hatten die Laster am Fuß des Berges stehen lassen und den Rest der Strecke zu Fuß zurückgelegt.
Es war inzwischen dunkel geworden. Die Dämonenjäger, Vater Kiango und
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