0827 - Der Rosenfluch
in zwei Hälften teilte. Wir waren nicht die einzigen, die sich durch den Ort bewegten.
Suko war auch da.
Er stand am Schaufenster eines kleinen Geschäfts, in dem Waren aus der Umgebung angeboten wurden. Angefangen vom Wein über irgendwelche Tischdecken, Ansichtskarten, Bücher, bis hin zu Konfitüre, und Honig.
Da Suko sehr günstig stand, beschloss ich, indirekt mit ihm Kontakt aufzunehmen. Er hatte uns ebenfalls in der Scheibe gesehen. Als wir neben ihm stehen blieben, räusperte er sich kurz.
»Was interessiert dich denn so, John?« fragte Iris.
Ich hob die Schultern. »Wäre mal interessant, ein Buch über die Ruine zu kaufen.«
»Das lohnt sich doch nicht. Wir gehen doch jetzt hoch. Du siehst sie so viel besser.«
»Meinst du?«
»Klar.«
»Dann kann ich mir das Buch also auch hinterher kaufen.«
»Würde ich machen.«
Ich beugte mich zu Iris hinab und lächelte. »Sehr wohl, meine Dame, ich nehme Ihren Vorschlag an.«
Sie verbeugte sich. »Dann können wir jetzt gehen, mein Herr?«
»Gern, Gnädigste.«
Sie hatte Spaß, lachte und lief einige Schritte vor. Das ergab die Gelegenheit für mich, mit Suko einige Worte zu wechseln. Ohne die Lippen zu bewegen, murmelte ich: »Du weißt Bescheid?«
»Alles klar.«
Wesentlich beruhigter trennte ich mich von der Schaufensterscheibe. Es waren nur mehr wenige Schritte, die uns von dem Weg trennten, der in die Höhe führte.
Zur Ruine, stand auf dem Schild.
Iris wartete dort auf mich. »Da müssen wir hoch, John! Komm«, drängte sie, »bevor es dunkel wird.«
»Wie lange müssen wir denn laufen?«
»Weiß ich nicht genau.« Sie marschierte los.
Ich wartete noch einen Moment, schaute auf ihren Rücken, und ich verspürte plötzlich ein bedrückendes Gefühl, als ich gegen die Bäume schaute, die den krummen Weg säumten. Es war alles normal, es sah alles normal aus. Dennoch konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dort oben irgendetwas lauerte.
Ich drängte die trüben Gedanken zur Seite und ging hinter Iris Quentin her…
***
In London war Bea Quentin zurückgeblieben, und sie war allein in ihr großes Haus zurückgegangen. In ein Haus, in dem sie sich einmal sehr wohl gefühlt hatte.
Dem Hausmädchen hatte sie einige Tage frei gegeben. Sie wollte und musste jetzt allein sein, denn sie wusste genau, dass sich in der folgenden Zeit das Schicksal ihrer Familie erfüllen würde.
Bea Quentin trank gern Wein. Auch jetzt gönnte sie sich einen Schluck Roten, und mit dem Glas in der Hand schritt sie auf das Fenster zu, vor dem sie stehen blieb, hin und wieder an dem Roten nippte und in den Garten schaute, der längst das Kleid der Trauer und Vergänglichkeit angelegt hatte.
Was jetzt noch an Blattwerk von den Bäumen hing, hatte eine bunte Färbung angenommen. Vom tiefen Rot bis hin zu einem sehr hellen, beinahe schon knalligen Gelb.
Egal, wie die Farben auch leuchteten, der Blick der Frau glitt an den Bäumen vorbei. Sie stand vor dem Fenster und bewegte sich rein mechanisch. Immer wenn sie das Glas an die Lippen setzte und einen Schluck Wein trank, wirkte es so, als würde sie ferngelenkt.
Bea wusste, dass sie den Conollys und Sinclair gegenüber einen Fehler begangen hatte, aber noch war sie nicht bereit, ihn zu korrigieren. Es musste erst Zeit vergehen, vielleicht regelten sich gewisse Dinge von selbst.
Sie dachte an Iris.
Ihre Tochter hatte es erwischt. Sie hätte nicht allein zur Ruine gehen sollen, dann wäre alles normal geblieben. So aber musste sie die Folgen tragen, und die waren schlimm genug.
Blätter fielen zu Boden wie tote Gegenstände. Der Baum mochte sie nicht mehr, er war ihrer überdrüssig geworden, er schüttelte sie einfach ab und ließ sie auf dem Boden liegen, wo sich bereits eine Schicht gebildet hatte.
Der Teppich verdeckte einen Teil des Rasens. Er war feucht, er klebte zusammen, und an diesem Tag schien die Sonne es aufgegeben zu haben, gegen den trüben Dunst anzukämpfen.
Das Glas war leer, Bea wandte sich ab, sah die Flasche auf dem Tisch stehen und füllte das Glas noch einmal bis zur Hälfte. Der Wein machte sie müde, er gab ihr gleichzeitig die nötige Kraft, um dem Grauen trotzen zu können.
Kalt überlief es sie, als sie an das Wort Grauen dachte. Nie hätte sie gedacht, einmal damit umgehen zu müssen, aber es stimmte. Das Grauen hielt sie fest. Es war nicht zu fassen, es war einfach da, denn es stammte aus einer Welt, in die Bea keine Einsicht hatte. Sie hatte lernen müssen, dass es
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