0828 - Der Henker des Herzogs
berühmten Ruine Dürnstein, wo vor langen Jahren einmal eine Burg hoch über der Donau gestanden hatte. Eine Burg, die es heute nicht mehr so gab, denn von ihr war nur mehr eine Ruine zurückgeblieben, ein Ziel für unzählige Wanderer in den schönen Jahreszeiten.
Nicht Ende Oktober.
Da war der Wind schon zu kalt, da hatte die Natur ihr Kleid bereits abgelegt, und so waren John Sinclair und Iris Quentin allein den Weg von Dürnstein hoch zur Ruine gegangen.
Das heißt, nicht ganz allein, denn John Sinclair hatte sich eine Rückendeckung eingebaut. Eine auf zwei Beinen, eine, auf die er sich immer verlassen konnte.
Seinen Freund und Kollegen Suko!
Seit London hatte er den Geisterjäger nicht mehr aus den Augen gelassen. Er hatte im Flugzeug hinter John und Iris gesessen, hatte sich ebenfalls einen Leihwagen besorgt und war dann vom Flughafen Schwechat hinter John und Iris hergefahren, bis sie das Ziel, Dürnstein, erreicht hatten.
Ein Maskenbildner vom Yard hatte es geschafft, dem Mädchen ein anderes Gesicht zu schminken. Als Greisin mit einem Körper eines Kindes wäre sie doch zu stark aufgefallen.
So war John mit dem Kind losgeflogen und Suko als Rückendeckung hinterher.
John hatte auf dem Weg zur Ruine noch kurz mit seinem Freund reden können und erfahren, dass alles in Ordnung war. Das blieb für Suko nur für eine Weile beruhigend, denn er wusste aus Erfahrung, wie schnell sich so etwas ändern konnte.
Einen Vorteil hatte er. Der Tag neigte sich dem Ende entgegen, die Dämmerung hatte sich über das Land gelegt und war schon bald von der Dunkelheit abgelöst worden.
Suko wusste, dass er sich nicht mehr sehr weit von seinem Ziel entfernt befand. Je höher er geklettert war, umso mehr hatte sich der Wind verstärkt. Jetzt blies er ihm kalt um die Ohren, und nur im direkten Schatten der Ruinen war er nicht so stark zu spüren.
Von den Verfolgten entdeckte der Inspektor nichts. Dass er sie finden würde, lag auf der Hand. Zuvor allerdings wollte er sich ein wenig umschauen.
Er kletterte zwischen den stehen gebliebenen Wänden und Mauern umher. Dichtes Gras, vermischt mit hohem Unkraut, wuchs zwischen den Spalten hervor. Der Boden war bucklig und zugleich steinig, sodass Suko beim gehen Acht geben musste. Die Finsternis war wie ein dichter Vorhang, hinter dem nur ab und zu die Umrisse der alten Ruinen hervortraten.
Suko ging dorthin, wo er einen Blick auf das Donautal werfen konnte. Viel war nicht zu sehen. Tief unter sich sah er den Fluss, der sich wie ein breites, etwas helleres Band durch die Täler schlängelte.
Leichter Dunst schwebte über dem Wasser, er verzerrte auch die Lichter der Orte am Ufer des Stroms.
Der kalte Wind umsäuselte ihn. Er brachte den Geruch der Vergänglichkeit mit. Die Natur starb, das Laub roch intensiv. Rauch schwängerte die klare Luft. Er stieg aus den zahlreichen Kaminen unter ihm, wo der Ort Dürnstein lag.
Suko drehte sich um.
Er war allein, aber er wusste genau, dass in diesen alten Mauern etwas geschehen war. Sein Freund John war mit dem Mädchen verschwunden. Verstecke gab es genug. Zwar standen nicht mehr viele Reste, aber sie reichten aus, um sich verbergen zu können oder zwischen ihnen hindurchzulaufen.
Wo steckten sie?
Suko schaute sich um. Er ging vorsichtig weiter, blieb immer im Schatten der Mauern. Der Atem stand vor seinen Lippen als graue Wolke. Warm fuhr er an seinem Gesicht entlang in die Höhe und drang ein in die Nasenlöcher. Er überkletterte einen Mauerrest, befreite sich dabei von Zweigen, die ihn festhalten wollten, und musste über einen Erdbuckel steigen, bevor er die Stimmen hörte.
Es war nur ein Hauch, der zu ihm wehte, aber Suko konnte die Richtung feststellen.
Geduckt näherte er sich dem wichtigsten Ziel: Suko kletterte durch eine Lücke in der Mauer und hatte anschließend das Gefühl, in die Ruine hineingehen zu können. So, als wäre nichts geschehen und noch alles wie früher.
Er schaute nach vorn.
Tatsächlich war hier noch so etwas wie ein normaler Raum vorhanden, auch wenn durch eine Öffnung in der Wand der Wind wie ein kaltes Tuch fegte.
Das machte ihm nichts, denn er sah, dass dieses Loch so etwas wie eine indirekte Beleuchtung darstellte. Innerhalb dieser Ruine war es einfach zu finster, aber durch das Loch sickerte ein gewisses Grau, das auch die drei Gestalten erfasste, die sich vor ihm aufhielten.
Suko bewegte sich auf Zehenspitzen zur Seite. Er stand mit dem Rücken an die Wand gepresst und war nur bei sehr
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