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083 - Das Ende der Unschuld

083 - Das Ende der Unschuld

Titel: 083 - Das Ende der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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an seinen Hund. Er dachte an seine Frauen, Kinder und Sklaven. Birgel’wost tat das nicht zufällig - bewusst erinnerte er sich an alles, was seine Existenz ausmachte, stellte es sich so plastisch wie möglich vor. Auch sein Bergwerke und seine Schiffe - ob sie noch unterhalb der Höhle im See vor Anker lagen? Er dachte an all das, um das Feuer des Lebenswillens in seiner Brust am Brennen zu halten.
    In der Dunkelheit um ihn herum seufzte oder jammerte es hin und wieder leise. Manchmal hörte man es auch Plätschern, wenn sich jemand entleerte. Oder es raschelte, wenn jemand in den Proviantkisten nach Essbarem wühlte.
    Einen gab es - einen Rriba’low, Birgel’wost erkannte den Akzent seiner Sprache -, der betete fast ununterbrochen. Aber nirgendwo spürte der kleine knorrige Narod’kratow noch Kraft, geschweige denn Willen zum Widerstand. Alle hatten sich in ihr Schicksal ergeben. Alle außer ihm.
    Die Sonne hatte ihr Zenit sicher längst überschritten. Nicht mehr ganz so viel Zeit, wie seit dem letzten schaurigen Mahl vergangen war, dann würde das Tier zurückkommen. Es würde schnüffeln, jemand würde schreien, Fleisch würde zerreißen, Knochen würden splittern.
    Ich werde es nicht sein, dachte Birgel’wost, der zähe kleine Maulwurfsmann. Ich nicht…
    Je öfter und intensiver er an seinen Hund, seine Familie und seine Bergwerke und Schiffe dachte, desto sicherer glaubte er es zu wissen: Ihn würde das Tier nicht zerreißen. Und als er ganz fest von dem überzeugt war, was er sich einredete - fester noch als vom Verlauf einer Erzader im Schoß der Erde, bevor er einen Schacht hinein trieb -, kam mit der Zuversicht auch die Idee.
    Eine Idee, wie er es vielleicht schaffen könnte…
    ***
    Der Motor summte monoton, Birkenzweige scheuerten über Frontscheibe und Dach, außerhalb des Panzers brachen Äste und junge Stämme.
    »Weiter Kurs Südwest.« Die Augen geschlossen, lag Quart’ol im Schalensessel vor der Steuerkonsole. Mr. Black neben ihm beobachtete das Display im oberen Abschnitt der Frontscheibe. Es zeigte das Geländerelief in Fahrtrichtung. Der Bordcomputer errechnete es praktisch synchron aus den Daten des Navigationsradars. Durch die schmale Frontscheibe selbst sah man weiter nichts als Birkenwald.
    »Was empfängt dein Geist?« Matthew Drax kauerte hinter dem Hydriten in einem der Notsitze. Manchmal, wenn das dichte Laubdach überhaupt keine Sonnenstrahlen mehr durchließ und es dunkler wurde, konnte er Quart’ols Spiegelbild in der Frontscheibe beobachten. Das fischartige Gesicht wirkte starr, die Züge angespannt.
    »Etwas denkt«, murmelte der Hydrit. »Etwas ist erregt, etwas fantasiert. Ich kann es nicht präziser beschreiben.«
    »Was siehst du?« Matt sprach sehr leise, um die Konzentration des Hydriten nicht zu stören. »Was genau?«
    »Du musst Geduld haben, Maddrax. Ich brauche Zeit; es ist noch zu weit entfernt. Ich empfange nur einen undeutlichen Bilderstrom, kaum zu differenzieren. Hin und wieder blitzt das Bild des Humanoiden auf.«
    »Wir nähern uns dem westlichen Seeufer«, sagte Dave McKenzie. Auf dem Monitor des Navigationsrechner kontrollierte er den Kurs des Expeditionspanzers. Die Karte hatte Aiko auf der Basis der ISS-Aufnahmen programmiert.
    »Was auch immer da fantasiert, es muss irgendwo an der Küste vor sich hin brüten«, sagte Mr. Black. »Seit fast drei Stunden fahren wir jetzt schon parallel des Seeufers.« Matt nickte. »Das Bild stammt aus einem Kristall, und aktive Kristalle haben wir hier ausschließlich im See gefunden. Also müsste unser Ziel in Wassernähe liegen.« Er spürte Daves Blick von der Seite und sah zu ihm. Der Astrophysiker lächelte. Wenigstens einer, der lächelte. Das tat gut.
    Hinter sich, aus der offenen Schleuse zum kleinen Bordlabor hörte Matt Stimmen: Aiko und Honeybutt. Die beiden wichen kaum mehr voneinander. Okay, Aiko Tsuyoshi und Miss Hardy lächelten auch. Ziemlich oft sogar. Aber meistens nur wie Verliebte eben lächeln: einer für den anderen.
    Himmel, die Liebe! Matt hatte schon vergessen, was für einen Tunnelblick man bekommen konnte, wenn man verliebt war.
    Okay, ganz so schlimm war es in diesem Fall nicht. Der Cyborg, wenn er sich nicht gerade in Honeybutts sehnsüchtigen Armen vergaß, begleitete jeden Schritt des Unternehmens mit hellwachen Sinnen. Und die Hardy? Nun ja, sie schwebte - doch bei Gefahr würde auch sie ihren Mann stehen.
    Aber Rulfan… Himmel noch mal, Rulfan!
    Der Bug des ARET senkte sich, und

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