Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
083 - Das Ende der Unschuld

083 - Das Ende der Unschuld

Titel: 083 - Das Ende der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
mischten sich in das wütende Geschrei der Tänzer.
    Feuerzungen huschten den Schwertkriegern entgegen.
    Bulba’han wusste nicht, was er sagen oder tun sollte.
    Und auf einmal erklang animalisches Geschrei vom Felsvorsprung. »Jaaa!« Mur’gash stand jetzt breitbeinig da, mit seinem Eisenstab deutete er auf den See hinaus. »Jaaa!« Schlagartig verstummten Musik, Flüche und Hilferufe. Die Feuerzungen erloschen. Die Hälfte der Tänzer - endlich nicht mehr von Flammen umzingelt - rannte in kopfloser Flucht an den Zelten vorbei Richtung Brandung. Auf halbem Weg blieben sie stehen, stierten hinaus auf das Wasser. Etwas dort bannte ihre Blicke.
    »Seeht!«, schrie Mur’gash. »Der Freund der Macht im See grüßt euch, ihr Diener der Höchsten!«
    Bulba’han fuhr herum: Über der Bucht flog ein gewaltiger Schwarm Lesh’iye! Sie hatten ihre heilige Last zu einem heiligen Ort gebracht, nun kehrten sie zurück. Um das nächste Götterauge zu holen?
    »Seid tausend Mal gegrüßt, ihr Diener der Höchsten!« Mur’gash schwang seinen Eisenstab. »Ist das Werk vollbracht?! Versinkt sie schon, die alte Schöpfung?! Haa! Möge untergehen, was nicht mehr taugt! Möge verrotten, was der Macht im See widersteht! Mur’gash, der Freund der Höchsten, grüßt euch…!«
    Er gebärdete sich, als würden die Riesenrochen da draußen ihn hören, ihm womöglich sogar antworten. Doch die Lesh’iye zogen vorüber, unberührt, in der vollkommenen Gleichgültigkeit, die ihnen eigen war. Ihr Schwarm flog auf das Meer hinaus, verschwamm dort bald mit dem Horizont, und irgendwann sah es aus, als würden die Rochen in den See eintauchen.
    »Auch dich grüßt Mur’gash, Schwertkrieger!« Bulba’han fuhr herum. Der zerwühlte Sandplatz vor den Klippen war verwaist. Auch seine Zeugen und die Seher der Schwertkrieger hatten sich fast bis zur Brandung zurückgezogen. Nur die Musiker hockten noch auf der Düne, warfen mit Sand um sich, krächzten unverständliches Zeug und lachten gackernd. Wie Halbwüchsige kamen sie Bulba’han vor.
    »Seht ihn euch an!«, kreischte Mur’gash. »Bulba’han! Der letzte Schwertkrieger, der Bluterde als Sieger verlassen hat!«
    »Woher weißt du das?!«, schrie Bulba’han zur Steilwand hinauf.
    »Alles weiß Mur’gash! Mur’gash ist ein Freund der Macht im See. Hast du nie von mir gehört? Mur’gash weiß, wo deine Gedanken weilen, ho, ho, er weiß es genau! Bei den Brüsten Tata’yas weilen sie, zwischen ihren Schenkeln, in ihrem Schoß!«
    Bulba’han brüllte auf vor Wut.
    »Auch die Gedanken deiner Zeugen kennt Mur’gash! Ha! Zu jung wärst du, um zu gebieten, denken sie. Wenn Mir’put nicht gestolpert wäre, hätte er die Bluterde als Sieger verlassen, denken sie!«
    Bulba’han riss sein Schwert aus der Rückenscheide.
    »Lügner!« Er stürmte die Düne hinauf. Der Sand unter seinen Füßen gab nach. Im Laufen streifte er die Kapuze ab und löste sein Gewand. Über seinen knochigen Rücken rutschte es in den Sand.
    Die Musiker sprangen auf. Links und rechts an Bulba’han vorbei kullerten sie den Hang hinunter. Nur ihre Trommeln ließen sie zurück.
    Endlich stand der junge Schwertkrieger oben auf der Düne.
    »Lügner!« Aus schmalen Augen spähte er zu Mur’gash hinauf.
    »Her zu mir!« Das Blut pochte ihm in den Schläfen; geschwollene Adern zeichneten sich unter seiner Gesichtshaut ab. Der Zorn fraß wie Feuerbrand in seinen Eingeweiden.
    Der Echsenmann stieß den Roststab in die Luft, gackerte, schlug sich mit der freien Pranke auf den Brustharnisch.
    »Komm du hoch zu mir, Bulba’han! Kämpfe mit mir! Siegst du, bin ich dein Sklave! Siege ich, bist du meiner!«
    »Ich werde dich töten!« Bulba’han stieg in die Klippenwand.
    Hinter ihm ertönte plötzlich eine Trommel. Er blickte sich um: Die Trommel schwebte einen Schwertlänge über dem Sand, und ohne dass eine Hand ihn führte, schlug der Schlegel auf ihr Fell.
    Hitze versengte seine Finger. Er zog die Hände aus dem Fels, sprang zurück auf die Düne. Hunderte kleiner Flammen züngelten aus der Felswand…
    ***
    Der Lichtfleck schimmerte oben am Ende des Kamins.
    Irgendwo daneben musste es liegen, das Tier.
    Birgel’wost sah es nicht, niemand sah es, aber er hörte es schnaufen, wie alle es schnaufen hörten. Bevor der Lichtfleck zu verblassen begann, würde es wiederkommen; wieder schaben, wieder schnüffeln, wieder zubeißen.
    Wie lange würde es noch dauern bis dahin? Birgel’wost hatte jedes Zeitgefühl verloren.
    Er dachte

Weitere Kostenlose Bücher