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083 - Das Gasthaus an der Themse

083 - Das Gasthaus an der Themse

Titel: 083 - Das Gasthaus an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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auch meistens ans Ziel, vorausgesetzt, seine Neugier erstreckt sich nicht auf eine Bank und die Privatangelegenheiten ihrer Kunden. Banken haben sehr strenge Vorschriften, und Inspektor Wade war viel zu klug, um einen Frontalangriff zu wagen. Er kannte die Bank, die Lord Sinifords Vermögen verwaltete. Doch solange er nicht von einem Richter dazu ermächtigt wurde — womit, wie er genau wußte, nicht gerechnet werden durfte —, waren ihm die Hände gebunden, und er konnte das Konto nicht überprüfen. Ebenso unmöglich war es zu erfahren, woher Siniford sein Geld bekam. Aber es gab andere Mittel und Wege, dieses Problem anzugehen, man brauchte dazu nicht der steinern ablehnenden Miene eines Bankdirektors die Stirn zu bieten. Wade hatte schon an einigen Fäden gezogen, und der heutige Tag bescherte ihm einen wichtigen Hinweis.
    An jedem Ersten und Fünfzehnten des Monats erhielt Lord Siniford einen versiegelten Umschlag, und er schien ganz besonders darauf zu achten, daß er immer zu Hause war, wenn die Sendung eintraf. An diesem Vormittag nun meldete der Beamte, der auf Siniford angesetzt war, Seine Lordschaft habe seiner Bank einen Scheck eingezahlt. Und diesen Scheck habe er dem versiegelten Umschlag entnommen, den er am Morgen bekommen hatte. Und dann hatte Siniford etwas sehr Dummes und Unvorsichtiges getan. Wahrscheinlich dachte er sich gar nichts dabei, weil er es immer so gemacht hatte. Aber damals war er eben noch nicht beschattet worden. Nachdem er den Scheck eingezahlt und eine ziemlich hohe Summe abgehoben hatte, knüllte er den Umschlag zusammen und warf ihn auf den Boden. Der Polizeibeamte wartete eine günstige Gelegenheit ab, hob das Papierknäuel auf und ließ es zu Inspektor Wade bringen, der noch auf dem Polizeirevier war. Der Umschlag trug keinen Absender, aber die in den roten Siegellack eingeprägten Buchstaben auf der Rückseite waren noch deutlich zu sehen. Es waren vier: L. K. Z. und B. In der Industrie oder im Geschäftsleben kommt es kaum vor, daß gleich vier Inhaber im Firmennamen erscheinen, doch bei Anwälten ist das gang und gäbe. Wade besorgte sich ein Verzeichnis aller zugelassenen Anwälte mit dem Anfangsbuchstaben L. Wenn es sich um eine Anwaltsfirma handelte, war sie bestimmt leicht zu finden, da das Z kein häufiges Initial ist. Schon nach ein paar Minuten hatte er entdeckt, was er suchte - die berühmte Firma der Messrs. Latter, Knight, Zeeland und Bruder auf den Lincoln's Inn Fields, dem größten freien Platz in der City von London. Er notierte sich die Adresse und fuhr am späten Nachmittag zu einem befreundeten Anwalt, um sich über den Ruf der Firma zu erkundigen. »Das sind Spitzenleute«, sagte der Freund. »Latter und Knight sind tot, Zeeland hat sich zur Ruhe gesetzt, und der alte Bruder führt die Firma weiter. Er ist verschwiegen wie eine Auster, hat aber viel gesunden Menschenverstand. Wenn du ihm offen sagst, was du willst, wird er dir wahrscheinlich entgegenkommen.«
    Wade hatte Glück und traf Mr. Bruder in seinem schmuddeligen kleinen Büro an. Der Anwalt war ein großer, dünner Mann mit einem fast kahlen Kopf. Das ihm noch verbliebene spärliche Haar war semmelblond. Durch seine dicken Brillengläser musterte er zuerst Wade und dann dessen Visitenkarte. »Setzen Sie sich, Inspektor«, sagte er mit einem leichten Lächeln. »Es ist lange her, seit ich in meinem Büro einen Polizeibeamten zu sehen bekommen habe. Mein Gewissen ist rein, denn ich weiß, daß keiner meiner hochachtbaren Klienten sich in Schwierigkeiten gebracht hat.« »Gehört Lord Siniford auch zu Ihren Klienten?« fragte Wade, doch zu seinem Erstaunen schüttelte der Anwalt heftig den Kopf.
    »Nein«, sagte er nachdrücklich, »er ist... Nun, ein Klient ist er jedenfalls nicht.«
    Er sah Wade einen Augenblick nachdenklich an, und seine Augen sprachen fast deutlicher als Worte aus, daß er erwartet hatte, Siniford werde sich eines Tages in alle möglichen Schwierigkeiten bringen. Er winkte Wade, der noch immer stand, zu einem Sessel mit gebrochenen Sprungfedern und faltete die Hände auf dem mit Papieren übersäten Schreibtisch. »Also, Inspektor Wade, was wollen Sie von mir?« fragte er. Wade hatte eine Eingebung. Schon während er sprach, wußte er, wie gefährlich der Boden war, auf dem er sich bewegte, daß jeder Satz, den er sagte, ihm eine offizielle Rüge eintragen konnte.
    »Ich will meine Karten offen auf den Tisch legen, Mr. Bruder«, erklärte er. »Ich bin beauftragt, die

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