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083 - Das Gasthaus an der Themse

083 - Das Gasthaus an der Themse

Titel: 083 - Das Gasthaus an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Augen zu bewegen. Er begleitete sie zur Tür. »Drei Tage bleibt sie also hier«, sagte sie nachdenklich. »Ja ja, da kann man nichts machen. Wenn ich nur wüßte, warum sie aus dem Haus gelaufen ist - sie muß tatsächlich schlafgewandelt sein. Das Ganze ist mir ein Rätsel.« Es war auch für Inspektor Wade ein Rätsel, denn Lila hatte ihm nicht gesagt, warum sie an jenem kalten Morgen, nur mit einem Nachthemd und einem alten Herrenmantel bekleidet, auf der Straße gewesen war. Er war jedoch entschlossen, die Lösung dieses Rätsels zu finden, obwohl bisher der Gesundheitszustand des Mädchens noch keine eingehende Befragung erlaubte. Als er zu Lila zurückkam, war die Frau des Polizeibeamten bei ihr und fütterte sie aus einer Teetasse mit heißer Bouillon. Er wartete geduldig und gab der Frau dann mit einem Nicken zu verstehen, daß sie draußen auf ihn warten solle. In Lilas Augen blitzte ein kleines Lächeln auf, als ihre Pflegerin hinausging, und Wade erwiderte es fast übermütig. »Geht es Ihnen jetzt besser?« fragte er. »Nicht gut genug, um Fragen zu beantworten«, erwiderte sie leise. »Und Sie wollen mir doch Fragen stellen, nicht wahr?« »So verdiene ich mir meinen Lebensunterhalt — ich bin der Welt größtes Fragezeichen«, sagte er und zog sich einen Stuhl ans Bett.
    »Sie wollen mich fragen, was ich auf der Straße gemacht habe, warum ich Ihnen den Zettel nachwarf, als Sie das ›Mekka‹ verließen und ... Oh, eine ganze Menge anderer Fragen wollen Sie mir stellen, nicht wahr? Und ich werde sie nicht beantworten.«
    Das war kein vielversprechender Anfang, doch dann erklärte sie ihm die Beweggründe für ihr Schweigen. »Ich kann Ihnen nichts erzählen, weil ich sonst alle möglichen Leute in Schwierigkeiten bringe«, sagte sie. »Mrs. Oaks — ich mag meine Tante nicht besonders gern, und auch für Onkel Golly habe ich nichts übrig, aber es war gemein von mir, sie durch ein loses Dielenbrett zu belauschen. Ehrlich, ich habe nicht viel gehört, nur ein paar Brocken über das Gitter in Ihrem Haus und ...« Sie zögerte, und er wußte instinktiv, daß sie an ein Gespräch dachte, das sie gehört hatte, bevor sie in Panik aus dem »Mekka« geflohen war, um ihn zu warnen. Wade befand sich in einem Zwiespalt. Einem anderen Mädchen gegenüber hätte er Rücksicht üben und davon absehen können, es zu verhören, aber die Versuchung, Lila zum Sprechen zu bringen, war groß, eben weil sie Lila war. Er stand vom Stuhl auf, setzte sich auf die Bettkante und nahm Lilas schmale Hand in die seine. Sie wehrte sich nicht dagegen und entzog sie ihm auch nicht. »Meine liebe Lila«, sagte er, »ich bin Ihretwegen wirklich hin und her gerissen. Sehen Sie, ich habe Sie sehr gern ...« Das Blut schoß ihr ins Gesicht, und sie sah ihn so eindringlich forschend an, als suche sie in seiner Miene nach einer Bestätigung für seine Worte. Im ersten Moment empfand er Bestürzung, dann senkte sie die schweren Lider und sagte: »Sie haben mich sehr gern? Wie komisch!« Er war rücksichtsvoll genug, das Thema nicht weiter zu verfolgen.
    »Und weil ich Sie so gern habe«, fuhr er fort, »kommen Sie bei mir an erster Stelle - vor meinen Pflichten als Polizeibeamter. Sie haben etwas gehört, das Sie dazu brachte, auf die Straße zu laufen. Sie dachten, jemand wolle mich töten. War es Golly Oaks, der das sagte?«
    Lila sah ihn verblüfft an. »Onkel Golly? Ich dachte, er ist auf See. Stimmt das denn nicht?« Er wich einer Antwort aus. »Man weiß nie, was Golly Oaks gerade tut«, sagte er leichthin. »Aber Sie haben seine Stimme jedenfalls nicht gehört - er hat auch nicht gesungen? Ich nehme an, Sie wissen auch nichts von Anna?« Er beobachtete sie genau, als er den Namen erwähnte, doch sie schien wirklich nichts über die so rätselhaft Verschwundene zu wissen. »Ich suche noch immer nach ihr«, sagte er. »Und ich dachte, daß sie vielleicht im ›Mekka‹ gelandet ist. Wie steht es mit Lord Siniford? Kennen Sie ihn?« Siniford hatte während der letzten Tage Wades besondere Aufmerksamkeit gegolten. Zu seiner Überraschung nickte Lila. »Ja, ich kenne ihn. Ist es nicht phantastisch, daß Mrs. Oaks mit einem echten Lord befreundet ist? Und er kennt mich schon sehr, sehr lange.« »Wer hat Ihnen das gesagt?« fragte Wade erstaunt. »Mrs. Oaks. Aber gleich darauf hat sie sich korrigiert und behauptet, das sei gar nicht wahr. Natürlich war mir da erst recht klar, daß er mich kannte, obwohl ich ihn bis dahin noch nie

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