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083 - Das Gasthaus an der Themse

083 - Das Gasthaus an der Themse

Titel: 083 - Das Gasthaus an der Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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merkwürdig schlaff anfühlte, und begleitete ihn zur Tür. In eine richtige Sackgasse bin ich da mit meinen Ermittlungen geraten, dachte Wade, während er zum Yard zurückschlenderte. Aber warum sollte sich Siniford mit den Gummimännern einlassen oder die Nacht bei Captain Aikness an Bord der »Seal of Troy« verbringen, wenn er in einem Jahr ein riesiges Vermögen erbte und im Augenblick über einen ansehnlichen Monatswechsel verfügte? Als Wade durch die Bedford Row ging, faßte er einen Entschluß. Er hielt ein Taxi an und fuhr in die St. James's Street. Der Portier sagte ihm, Seine Lordschaft sei eben nach Hause gekommen.
    In der Halle gab es eine kleine Nische mit einem Tischchen, auf dem mehrere lange, flache Kartons aufgestapelt waren. Ein Name fiel dem Inspektor ins Auge, und er trat interessiert näher. Der Karton trug das Firmenetikett eines berühmten Modeschöpfers. Wade hob den Karton hoch und sah, daß der nächste von derselben Firma stammte. Auf das Firmenschild hatte jemand mit Bleistift eine kurze Nachricht geschrieben: »Une couturiere viendra essayer les rohes de la jeune demoiselle Mercredi soir.« (Eine Schneiderin kommt Mittwoch abend vorbei, um der jungen Dame die Kleider anzuprobieren.) Wer war die junge Dame, um die es hier ging? »Wen darf ich Seiner Lordschaft melden?« fragte der Portier, der mit Sinifords Wohnung telefonierte. »Wade«, sagte der Inspektor, nachdem er kurz überlegt hatte, denn es bestand die Möglichkeit, daß Siniford ihn abweisen ließ. Doch die Wahrscheinlichkeit war nicht groß. Wenn er richtig vermutete, dann würde es der Lord gar nicht wagen, einer Unterredung aus dem Weg zu gehen, weil er fürchtete, sich dadurch verdächtig zu machen. Er hatte sich nicht geirrt, denn im selben Moment sagte der Portier: »Seine Lordschaft läßt bitten.« Der Diener führte Wade in einen großen, hellen Raum mit Blick auf die St. James's Street. Siniford stand mit dem Rücken zum Kamin. Er wirkte sehr wachsam, konzentriert und war ganz Abwehr. Das merkte Wade sofort, und er wandte den ältesten Trick seines Berufs an: Er legte den Hut und Stock sorgfältig auf einen Stuhl und zog ganz langsam und umständlich die Handschuhe aus. Diese Taktik hatte schon oft einen Mann aus der Ruhe gebracht, der drauf und dran gewesen war, dem Inspektor eine vorgefertigte Geschichte zu erzählen. Siniford schien ihn jedoch zu durchschauen und rümpfte die Nase. »Also«, sagte er mit leichter Ungeduld, »was wollen Sie, Inspektor? Ich habe genau drei Minuten Zeit für Sie.« »Ich brauche vier«, erwiderte Wade kühl. »Sie sind mit Captain Aikness befreundet?« fragte er ohne lange Vorrede, und Siniford zuckte zusammen.
    »Aikness? Ja, ich kenne ihn. Er war ein Freund meines Vaters, und ich hatte kürzlich das Vergnügen, die Bekanntschaft erneuern zu können. Er ist jetzt in Südamerika.« Wade nickte. »Ein Freund Ihres Vaters, so, so? Dann können Sie sich wohl auch für seine Integrität verbürgen, Lord Siniford?« Wade sah den Mann mit dem roten Trinkergesicht unverwandt an. Seine Lordschaft schien sich in ihrer Haut nicht ganz wohl zu fühlen. »Ich kann mich für nichts und niemanden verbürgen!« fuhr er den Inspektor an. »Seien Sie doch vernünftig, lieber Mann! Ich kannte — beziehungsweise mein Vater kannte Mr. — äh — Captain Aikness. Ich habe ihm einen Höflichkeitsbesuch gemacht, sonst nichts. Er ist ein sehr netter Mensch.« »Und Miss Lila Smith?« erkundigte sich Wade liebenswürdig. »Finden Sie die auch nett?«
    Als Siniford Lilas Namen hörte, zuckte er zusammen. »Ich kenne sie, ja. Gütiger Gott, Inspektor, was wollen Sie eigentlich? Sie dringen in die Wohnung eines Gentleman ein und unterziehen ihn — mich — einem Kreuzverhör...« »Sie interessieren sich sehr für Lila Smith?« Wade hatte ihn in die Ecke gedrängt und nutzte das aus.
    »Ich kenne die Kleine, sie ist reizend. Doch sie interessiert mich nicht mehr als« — Siniford zuckte mit den Schultern — »ein anderes x-beliebiges Mädchen.« »Aber genug, um ihr eine komplette neue Garderobe zu kaufen«, meinte Wade gelassen. Lord Sinifords Gesicht wurde noch dunkler und lief dann blaurot an. »Was zum Teufel soll das heißen? Lassen Sie mich beobachten? Seien Sie vorsichtig, Inspektor, sonst sind Sie die längste Zeit Polizeimeister gewesen. Ich bin nicht der Mann, der sich so etwas gefallen läßt, vergessen Sie das ja nicht. Ich kaufe, was ich will, und beschenke, wen ich will. Und da Sie so

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