0833 - Orbit um Terra
du eher wissen als ich. Ein Plünderer, ganz sicher. Es gab auf der alten Erde, ehe sie durch ES entvölkert wurde, mehrere Aktivatorträger, nicht wahr?"
„Ich kenne nur wenige", sagte er. „Und morgen werden wir es vielleicht schon wissen."
Sie ließen neben dem Prunkbett nur eine einzige Kerzenflamme brennen. Noch immer liefen die Bänder einer Musik, die herrlich und melodisch war. Sie zogen sich aus und duschten, dann öffneten sie den Vorhang und die großen Flügeltüren weit und ließen die Luft der späten Nacht hereinwehen. Hin und wieder zuckten Flächenblitze und Wetterleuchten über den Himmel. „Wir sind glücklich", flüsterte Arcarea und schmiegte sich in Odys Arme. „Und die anderen werden um den Aktivator kämpfen."
„Vielleicht sollten wir uns einschalten, wenn es wirklich ernst wird", murmelte er und küßte sie. Sie - hatten das Ziel erreicht, auf das sie sich Jahrzehnte lang vorbereitet hatten. Noch waren sie glücklich. 4.
Die ersten, noch unwillkürlichen Bewegungen schickten Wellen von stechendem Schmerz und einer tiefen Mattigkeit durch den Körper. Sucanne wappnete sich gegen den ersten Angriff dieses närrischen, aber starken Verstandes - und wurde verblüfft.
Der Angriff erfolgte nicht, der Druck des zweiten Teiles des Konzepts blieb völlig aus. Gewonnen! jubelte Sucanne Weyter lautlos. Sie war als erste und einzige aus der Bewußtlosigkeit erwacht. Selbst um den Preis des Risikos, den Trägerkörper zerstört zu haben, hatte sie gewonnen. Sie ließ den Körper die Augen öffnen. Sie blickte durch Augen, die immer mehr zu „ihren" Augen wurden, auf eine gelbweiße, langgezogene Rechteckfläche. Sie begriff sofort: ein Fenster.
Der Körper gehorchte binnen weniger Sekunden ihren Befehlen. Etwas ungeschickt, aber mit den typischen Bewegungen eines jungen Mädchens stand der Körper auf. Sie stand auf. Sie erinnerte sich mit aller Deutlichkeit daran, daß sie den Körper gezwungen hatte, sich selbst außer Funktion zu setzen. Da es in dem Büroraum keinen Spiegel und keine schimmernde Oberfläche gab, wußte sie nicht genau, wie sie jetzt wirklich aussah. Zwar hatte sie einige Impulse des Non-A-Bewußtseins miterlebt, aber der Träger des Körpers sprach nicht über dessen Aussehen, noch verschwendete er viel Gedanken daran.
Sucanne entdeckte auf dem Tisch die Reste des frugalen Essens und schlang' sie gierig hinunter. Die Schmerzen wurden deutlicher lokalisierbar, nachdem sie einen tiefen Schluck aus der Flasche genommen hatte. Irgendein Fusel war darin, er stank, aber er wärmte ihr Inneres.
Körper und Bewußtsein verschmolzen zu einer neuen Identität.
Sucanne suchte in den angrenzenden Räumen und entdeckte schließlich eine kleine, aber gut ausgestattete Toilette. Als sie die Wasserhähne bewegte, kam zuerst fauchend stinkende Luft aus den Auslässen, dann braunes Wasser, das immer mehr seine Färbung und den üblen Geruch verlor und schließlich sauber war.
Sucanne reinigte einen kleinen Spiegel und erschrak. Ein Mädchen-Bewußtsein in einem Männerkörper.
Darüber hinaus war dieser Körper alles andere als schön und gepflegt. Ein viel zu großer Kopf mit schütterem Blondhaar, einer hohen Stirn und getrocknetem Blut. Sucanne wusch das Blut hastig herunter und trocknete sich mit einem Folientuch ab. Das Aussehen wurde dadurch nur geringfügig besser. „Ich scheine kein Glück zu haben", flüsterte sie sich zu. „Aber ich werde aus dieser Kombination das beste machen."
Sie erinnerte sich, als sie versuchte, die Kleidung in Ordnung zu bringen, an den Zellaktivator. Ihre Finger tasteten den Oberkörper ab, doch der Aktivator blieb verschwunden, ein plötzlicher, neuer Schmerz am Hals ließ sie abermals stutzig werden. Im Spiegel sah sie deutlich eine lange Schürfwunde. „Nicht verloren. Gestohlen! Jemand hat mich überfallen!" stieß sie hervor. In einer sinnlosen Reaktion kühlte sie mit dem feuchten Handtuch die Halswunde und versuchte, logisch nachzudenken.
ERINNERUNG: FRÜHESTE VERGANGENHEIT.
Sie war stolz darauf, entdeckt zu haben, daß sie zu der gefährlichen Minderheit in dem Hyperspeicher von ES gehörte. Auf welche Weise sie eine Zeitspanne unbekannter Dauer in diesem Zustand verbracht hatte, interessierte Sucanne nicht besonders. Vor dem Sturz der Erde durch den Schlund war sie einige Tage älter als siebzehn gewesen. Wie alt war sie heute?
Damals war sie nicht hundertprozentig von der Richtigkeit ihrer Philosophie überzeugt gewesen; man hatte sie
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